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Jahrzehntelange Verfolgung
Uruguay will Transpersonen entschädigen
Für die staatliche Diskriminierung sollen alle vor 1975 geborenen Transpersonen eine Rente erhalten. Außerdem will der Staat eine einprozentige Trans-Quote bei Neueinstellungen in Behörden einführen.
- 15. August 2017, 12:33h 2 Min.
Die Regierung von Uruguay plant nach Medienberichten eine Entschädigung für alle Transpersonen, die vor 1975 geboren worden sind. Ein von der linken Regierung von Präsident Tabaré Vázquez eingebrachtes Gesetz sieht vor, damit diese Bevölkerungsgruppe für erlittene Anti-Trans-Diskriminierung zu entschädigen – sie sollen bis zu ihrem Lebensende eine monatliche Zahlung erhalten, deren Höhe noch festgelegt werden muss. Außerdem will sich der Staat laut einem weiteren Gesetzentwurf verpflichten, ein Prozent der neu zu besetzenden Posten in der staatlichen Verwaltung mit Transpersonen zu besetzen. Auch Stipendien für Trans-Schüler und -Studenten sollen eingeführt werden, ebenso wie eine bevorzugte Aufnahme von Transpersonen an Universitäten.
Trans-Aktivisten in Uruguay beklagen bereits seit längerem, dass die Diskriminierung in dem kleinen südamerikanischen Land in der Vergangenheit ausgeprägter als in den Nachbarländern gewesen sei. Auch Federico Graña vom Ministerium für soziale Entwicklung gestand ein, dass vor 1975 geborene Transsexuelle "meist von ihren Familien verstoßen wurden" und die Gesellschaft nichts für eine gleichberechtigte Teilhabe am öffentlichen Leben getan habe. Zudem sei Uruguay zwischen 1973 und 1985 von einer Militärdiktatur regiert worden, die Transsexuelle verfolgen ließ. Die Verfolgung habe noch mehrere Jahre nach dem Ende der Diktatur fortbestanden. Vielen Transfrauen sei wegen der Diskriminierung nichts anderes übrig geblieben, als ihren Unterhalt als Sexarbeiterin zu verdienen.
Fortschrittliche Gesetze
Uruguay gehört heute zu den Ländern mit der fortschrittlichsten Gesetzgebung, wenn es um das Thema Bürger-
und Minderheitenrechte geht. 2013 öffnete das Land als zweiter Staat in Südamerika die Ehe für Schwule und Lesben (queer.de berichtete). Auch bei weiteren gesellschaftlichen Themen geht der nur 3,5 Millionen Einwohner zählende Agrarstaat neue Wege: So hat das katholische Land in den letzten Jahren sein Abtreibungsrecht liberalisiert, außerdem ist Uruguay der einzige Staat der Welt, in dem Marihuana vollständig legalisiert wurde.
Auch in anderen Ländern gibt es Anstrengungen, um das an Transpersonen verübte staatliche Unrecht wieder gut zu machen. Letztes Jahr startete die schwedische Regierung etwa einen Anlauf, um transsexuelle Opfer von Zwangssterilisationen zu entschädigen (queer.de berichtete). Das schwedische Transsexuellengesetz aus dem Jahr 1972 hatte bis 2012 verlangt, dass Transpersonen nur staatlich anerkannt werden, wenn sie fortpflanzungsunfähig sind, also sterilisiert wurden. Ein Gesetzentwurf, der eine Entschädigung in Höhe von 225.000 Kronen (23.700 Euro) für jedes Opfer der Zwangssterilisation vorsieht, wurde im April diesen Jahres ins Parlament eingebracht. (dk)















