Hauptmenü Accesskey 1 Hauptinhalt 2 Footer 3 Suche 4 Impressum 8 Kontakt 9 Startseite 0
Neu Presse TV-Tipps Termine
© Queer Communications GmbH
https://queer.de/?29537

Vor 150 Jahren

Der Urvater der Homo­sexuellenbewegung

Am 29. August 1867 forderte Karl Heinrich Ulrichs vor dem Deutschen Juristentag Straffreiheit für Homosexualität – ein Festakt in München und ein Sonderstempel erinnern an den historischen Auftritt.


Karl Heinrich Ulrichs (1825-1895) war einer der ersten bekannten Vorkämpfer für die rechtliche Gleichstellung von Homo­sexuellen

  • 23. August 2017, 01:25h 10 2 Min.

In diesem Jahr kann ein besonderes Ereignis der gesellschaftlichen Formierung der bis dahin unterdrückten, ausgegrenzten und verfolgten Minderheitengruppe der Homosexuellen gefeiert werden: Zum 150. Mal jährt sich der Auftritt von Karl Heinrich Ulrichs am 29. August 1867 vor mehr als 500 deutschen Rechtsgelehrten auf dem Münchner Juristentag im großen Saal des Odeons.

Seine Forderung war revolutionär, da Ulrichs mit seinem öffentlichen Eintreten für die reichseinheitliche Straffreiheit gleichgeschlechtlicher Beziehungen einen wesentlichen Beitrag zum Bewusstsein für eine rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung der Homosexuellen leistete.

Ulrichs (1825-1895), Gerichtsassessor im Königreich Hannover, wurde mit Berufsverbot belegt, als seine Homosexualität bekannt wurde. Er ist – wenn man so will – der Urvater der Homosexuellenbewegung, da niemand vor ihm Ähnliches gewagt hatte. Es sollten nach seinem Auftreten jedoch noch weitere 30 Jahre ins Land gehen, bis mit der Gründung des Wissenschaftlich-humanitären Komitees durch Magnus Hirschfeld die Basis für eine verstetigte emanzipatorische Homosexuellenvertretung geschaffen wurde.

- Werbung -

Festakt am 26. August im NS-Dokumentationszentrum München


Dieser Sonderstempel wird beim Festakt am 26. August erhältlich sein

Vier Jahre nach Ulrichs Rede wurde 1871 der Paragraf 175 im Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich verankert. Dessen Geschichte bis hin zur aktuellen Diskussion um eine Entschädigung der Opfer des bis 1994 gültigen Gesetzes wird am Samstag, den 26. August um 19 Uhr in einem Festakt in München thematisiert, den das NS-Dokumentationszentrum in Kooperation mit dem forum homosexualität veranstaltet.

Neben einem Grußwort von Anke Müller-Jacobsen und Vorträgen von Wolfram Setz und Andreas Pretzel wird auch ein Re-Enactment des Auftritts Karl Heinrich Ulrichs auf dem Deutschen Juristentag 1867 dargeboten. Das Schlusswort sprechen Männer, die nach Paragraf 175 verfolgt wurden.

Zum Festakt gibt die Deutsche Post auf Initiative des Fachverbandes Homosexualität und Geschichte einen Karl-Heinrich-Ulrichs-Sonderstempel heraus. Um 15.30 Uhr findet am 26. August zudem ein Stadtrundgang auf den Spuren des schwulen Juristen statt (Treffpunkt: Karl-Heinrich-Ulrichs-Platz). Für die Teilnahme am Rundgang wird um Anmeldung per Email an veranstaltungen.nsdoku@muenchen.de gebeten. (cw)

15.07.25 | Autor von "Danke, Gustav!"
Harm-Peter Dietrich ist tot
17.06.25 | Von der Gestapo verhaftet, in der Bundesrepublik ermordet
Einer von uns: Der Fall Ludwig Meyer
-w-

#1 SanottheEhemaliges Profil
#2 LasseJ
  • 23.08.2017, 14:23hBerlin
  • Ich würde an dieser Stelle gerne auch noch an Karl Heinrich Ulrichs Familie erinnern. Seine Verwandten waren in der Mehrheit alles andere begeistert von Ulrichs "Uranismus", aber auf der anderen Seite war es in dieser Familie möglich, tabulos über alle solche Dinge zu kommunizieren. Er muss ein absolutes Vertrauen gehabt haben, dass vernünftige Argumente von seinen Verwandten bedacht werden und er deswegen nicht ausgestoßen werden würde - und das, "obwohl" er in einem Pfarrhaus aufwuchs . Seine "Vier Briefe an meine Verwandten" sind in dieser Hinsicht ein bemerkenswertes Zeugnis.

    So inspirierend Karl Heinrich Ulrichs auch ist und so nötig es ist, ihn angemessen zu würdigen, so würde ich doch davor warnen, bei einer reinen Heroengeschichtsschreibung stehenzubleiben. Genies kommen selten einfach aus dem Nichts: Auch sie brauchen Unterstützung und Ermutigung und brauchen einen Grund, auf dem sie wachsen können. Ich jedenfalls fände es spannend, Ulrichs nicht nur, aber auch als Ausdruck eines funktionierenden oder zumindest langfristig zur Sebstheilung fähigen familiären Systems zu betrachten. Das ist auch in Hinblick auf die noch immer deutlich erhöhte Suizidrate bei Schwulen und Trans* und den gleichzeitigen Versuchen der Rechten, Homosexualität und "traditionelle Familienwerte" gegeneinander auszuspielen bzw. aus ideologischen Gründen als Gegensätze darzustellen.

    Sehr wichtig wäre es aus dem gleichen Grund, auch weitere Familiengeschichten von Schwulen und Lesben im 19. und frühen 20. Jahrhundert zu erforschen und das Augenmerk dabei vor allem die mündliche Überlieferung zu setzen: Hätte ich mich nicht geoutet, so hätte ich zum Beispiel nie erfahren, dass es im 19. Jahrhundert auch in meiner Familie einen Schwulen gab, der von der Familie toleriert wurde, obwohl diese durchaus traditionell organisiert und eingestellt war. Meine Befürchtung ist, das sehr sehr viel von solchen mündlich überlieferten Informationen, über die oft nur noch sehr alte Familienmitglieder verfügen, in den nächsten Jahren verloren gehen, wenn man nicht schnell und in großem Stil versucht, diesen Schatz zu heben und die Familien zum Reden und Nachforschen zu ermutigen. Ich glaube auch, dass dies der beste Weg wäre, jene in die Schraknen zu weisen, die einen Keil zwischen LGBTIQ*s und ihren Familien zu treiben suchen.
  • Direktlink »
#3 Jahrgang1965Anonym
  • 23.08.2017, 15:04h
  • Antwort auf #2 von LasseJ
  • Keine Sorge, das mit dem Keil erledigen die Familien schon ganz gut selbst.

    Meine Mutter kommt auch 27 Jahre nach meinem Coming-out nicht damit klar; ich bin ein peinlicher Fehler, und sie schweigt meine Homosexualität tot, so gut sie eben kann.
    Trotzdem erwartet sie von mir, dass ich mich regelmäßig melde, wie es sich für einen guten Sohn gehört. Macht mir ansonsten Vorwürfe. Und betet jeden Tag für mich. Das hält sie wohl für ausreichend, um auszugleichen, dass sie mich am liebsten nie geboren hätte, wie sie mir vor kurzem erst sagte.

    Ebenso meine einzige Schwester. Die lud mich von einer Geburtstagsfeier aus, um ihren Nachbarn die Peinlichkeit eines schwulen Bruders zu ersparen. Ihren beiden Töchtern hat sie sogar jahrelang den Kontakt zu mir verboten. Und die halten sich auch als Erwachsene noch daran.'
    Meinen anfangs sehr guten Kontakt zu meinen Nichten (als sie noch Kleinkinder waren) hat meine Schwester sehr bald zerstört. Letztens erfuhr ich im Nachhinein, dass eine der Nichten (einen Mann) geheiratet hat. Ich wurde natürlich nicht eingeladen und vorab auch extra nicht informiert, damit ich dort nicht unerwartet auftauche.

    Nein, die Familie ist nicht das Nonplusultra, auch wenn Viele uns gerne zurück in die 1950er katapultieren wollen. Im Gegenteil - sie kann sogar die absolute Hölle sein.
  • Direktlink »

Kommentieren nicht mehr möglich
nach oben
Debatte bei Facebook

Newsletter
  • Unsere Newsletter halten Dich täglich oder wöchentlich über die Nachrichten aus der queeren Welt auf dem Laufenden.
    Email: