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Nebenprojekt von "Muslim-Markt"

Islamistisches Portal betreibt konstante Hetze gegen Homo­sexuelle

Gerade in den letzten Wochen scheint die Ablehnung von Homosexualität – neben Antisemitismus – das wichtigste Thema auf "Offenkundiges".


Diese Überschrift von "Offenkundiges" ist noch vergleichsweise harmlos – einige der nachfolgend aufgeführten Textstellen gehen in Richtung Volksverhetzung oder preisen die "Heilung" Homosexueller an

  • Von Norbert Blech
    23. August 2017, 21:27h 75 7 Min.

"Krankheiten durch Homosexualität: Ein verschwundener Diskurs", "Homosexualität: Ein psychisches Leiden" oder "Homosexualität ist eine moralische Perversion" – so lauten nur einige Überschriften des Blogs "offenkundiges.de" aus den letzten Wochen, das sich ansonsten vor allem mit klar antisemitischem und Iran-nahen Beiträgen positioniert.

Das Projekt ist mit dem Portal "Muslim-Markt" verbunden, das die meisten Texte auf seiner Startseite verlinkt. "Offenkundiges" setzt dabei weniger auf Koranstellen, sondern liegt in "Argumenten" und Sprache irgendwo zwischen kreuz.net (offline), "Demo für alle" und dem "Deutschen Institut für Jugend und Gesellschaft (DIJG)" (aktiv, der Betreiber "Offensive Junger Christen" wird mit FSJ-Stellen gefördert).


Wie das DIJG befasst sich "Offenkundiges" etwa mit den vermeintlichen Gesundheitsfolgen eines vermeintlichen homosexuellen Lebensstils. In "Krankheiten durch Homosexualität: Ein verschwundener Diskurs" (19. August) geht es unter anderem um die (nüchtern erklärbare) Prävalenz von HIV oder Syphilis unter schwulen Männern. Da wird abenteuerlich und vor allem anklagend mit aktuellen Zahlen jongliert ("Auf deutlich unter drei Prozent der Gesellschaft entfallen über 60 Prozent der Infektionen", vgl. aktuelle Neonazi-Plakate in Australien) und die "Promiskuität unter homosexuell lebenden Männern" als Ursache ausgemacht – nur wird vergessen zu erwähnen, dass es inzwischen Medikamente zur Eindämmung der "tödlichen Krankheit" gibt oder Länder, in denen andere Übertragungswege eine viel größere Rolle spielen.

"Offenkundiges" folgert hingegen aus seiner "Analyse": "Als erstes darf die gesundheitliche Gefahr, die mit homosexuellen Praktiken einhergeht, nicht mehr verharmlost, oder treffender gesagt, ignoriert werden. Der Diskurs um die moralische Frage von Homosexualität muss einerseits dieses Thema einschließen und andererseits die Aufmerksamkeit der Gesellschaft wieder auf diese Problematik lenken, da der Gesundheitsaspekt uns wirklich alle betrifft (und sei es nur über höhere Krankenkassenbeiträge)."

In Folge sei auch "die Verharmlosung von Homosexualität zu kritisieren". Unabhängig "von der Schuldfrage an homosexuellen Neigungen" dürfe gegenüber "unsicheren Kindern und Jugendlichen nicht der Eindruck vermittelt werden, dass Homosexualität etwas ungefährliches oder gar wünschenswertes ist. Gerade Jugendliche verfügen häufig über eine instabile sexuelle Orientierung. Homosexuelle Neigungen in der Jugend schwenken in den meisten Fällen mit steigendem Alter zu heterosexuellen zurück (jedoch praktisch nie anders herum). Junge Heranwachsende unter diesen Umständen zu einem Coming-out zu motivieren, kommt einer Gefährdung ihrer Gesundheit und ihres Wohlbefindens gleich."

Hetze und "Heilung"

Betrieben wird "Offenkundiges" vom Diplom-Mathematiker Huseyin Özoguz, Leiter des Verlags Eslamica aus Bremen, den er mit weiteren Familienmitgliedern betreibt, darunter seinem Vater Yavuz und dessen Bruder Gürhan, die durch den Betrieb des zwischenzeitlich vom Verfassungsschutz beobachteten Blogs muslim-markt einige Aufmerksamkeit erzielten – zumal ihre Schwester Aydan Özoguz (SPD) ist, die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung. Diese hat sich mehrfach von dem Portal distanziert und betont, dass ein Großteil der Familie samt der erweiterten im In- und Ausland die Standpunkte der Brüder nicht teile.


Huseyin Özoguz arbeitet sich derzeit sehr am Thema Homosexualität und ihrer "Heilung" ab

Die Distanz scheint notwendig: "Militante Homosexuelle" wollten "uns" andauernd die "Idee ihres Normalseins einimpfen, indem sie sich als Opfer von Diskriminierung darstellen", beklagt ein Autor in dem Text "Homosexualität: Ein psychisches Leiden" (11. August), der in den Fußnoten Texte u.a. des DIJG verlinkt. So behauptet er, bei der Homosexualität handle es sich um eine "psychologische Fehlentwicklung" ("Es hat einen ironischen Beigeschmack, wenn sich Homosexuelle gegen Pädophile, Zoophilie und andere Neurosen einsetzen, aber ihre eigene verkennen").

Und natürlich ist diese "Krankheit" auch "heilbar": Man könne "zahlreiche therapeutische Ergebnisse anführen, die eine Veränderung homosexueller Neigungen dokumentieren". Homosexuelle Liebe sei "keine wirkliche Liebe wie die zwischen Mann und Frau, sondern etwas Selbstausgerichtetes. Das mag verletzend klingen, ist jedoch insbesondere für Betroffene eine wichtige Einsicht, um von der Homosexualität wegzukommen."


Autor Mustafa Hussein erregt sich weiter, Homosexualität "erregt natürliche Abscheu beim anderen" und sei "völlig wert- und zwecklos", Homosexuelle wollten "uns" ihre "kranke Vorstellung von Familie aufzuzwingen" und würden dabei von der "Gender-Ideologie" unterstützt. "Schlimmer wird es, wenn der Staat die sexuellen Abirrungen fördert und mit seinen neuen Gesetzen den Verkehrungsprozess rigoros vorantreibt. Er unterstützt Neurotiker in ihrem Vorhaben, unsere Kinder zu adoptieren, und lässt sich somit einen ernsthaften Kindesmissbrauch zuschulden kommen."

Argumentation nach evangelikalem Lehrbuch

Neben solchen Texten, die der Volksverhetzung nahe kommen, findet sich zwischenzeitlich auch mal ein fast sachlicher Text auf dem Portal, etwa eine Abhandlung über die Geschichte des Paragrafen 175 (13. August) – nur fast sachlich, da andauernd von einer "Homo-Lobby" die Rede ist. Und nur fast sachlich, weil der Autor Magnus Hirschfeld ignoriert. Oder weil er die KZs, die Inhaftierungen, das Leid vergisst. Er zieht eine Linie vom Alten Testament zum §175, ignoriert aber den Koran oder die Tatsache, dass manche muslimische Länder wie die Türkei Homosexualität nie unter Strafe stellten oder andere es aus unterschiedlichen Beweggründen noch heute tun.

Ein anderer Text vom 17. August ("Austausch mit Nichtmuslima über Homosexualität) betont hingegen wieder, es gebe "etliche Krankheitsbilder durch das Ausleben homosexueller Praktiken" sowie "hohe Depressions- und Suizidraten", die Ausdruck der "seelischen und körperlichen Unzufriedenheit" seien. Der "psychische Schaden der Betroffenen" könne auf "unschuldige adoptierte Kinder" übertragen werden. Auch könne eine "abnormale Familienbildung als Massenphänomen" durch Absenken der Geburtenrate "der Gesellschaft erhebliches Leid zufügen".

Das in dem Text wiedergegebene, erfundene wie ausführliche Gespräch mit einer nicht-muslimischen Freundin dient letztlich dazu, eine ausführliche anti-homosexuelle Rhetorik anzutrainieren – und das bemerkenswert nahe an evangelikalen "Argumentationslinien". Auch dieser Text endet so in einer "Heilungs"-Aussage: "Ich will doch niemanden verbrennen, verbannen oder diskriminieren, sondern ihnen helfen, diese Krankheit zu heilen!"


Auch ein Text vom 25. Juli fordert, "Wissenschaft und Medizin" sollten sich "stärker um die Heilung der archaischen Seelenkrankheit der gleichgeschlechtlichen Anziehung bemühen": "Diesen Menschen sollten die Gerichte ein Recht auf Therapie einräumen, um sie nach erfolgreicher Heilung wieder in die Gesellschaft integrieren zu können, anstatt sich an der geistigen Gesundheit unschuldiger Kinder zu vergreifen." Der Text beklagt, dass religiöse Beschneidung als Verstoß gegen das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit dargestellt werde, die Adoption von Kindern durch Homo-Paare aber nicht, obwohl Kinder von der "Homosexuellen-Lobby als menschliche Schutzschilde in einer Schlacht gegen die Schöpfung missbraucht" würden.

Ein Iman hetzt gegen "Perversion"

Viele Texte wirken, als wolle man sich an populäre neurechte Diskurse über Homo-Lobby, Frühsexualisierung und Co. dranhängen und eine Verbrüderung mit christlichen Fundamentalisten suchen (ein widersprüchlicher und hetzerischer Artikel über das vermeintliche "Pink Washing" Israels, der letztlich das Existenzrechts des Staates bezweifelt, dürfte auch bei manchen Linksextremisten auf ebenso großes Interesse stoßen wie zahlreiche Texte zum al-Quds-Tag).

Einen näheren islamischen Bezug haben unter all den Hass-Ergüssen bislang nur zwei Texte: "Kein Segen für die Homoehe" vom 7. August geht kurz auf einen Koranvers ein und auf die Geschichte des Volkes des Propheten Lut – bekannt aus der Bibel als Geschichte von Sodom und Gomorrah. Letztlich wird die Ehe wie bei Christen als Verbindung von Mann und Frau und "Keimzelle der Gesellschaft" beschrieben. Vom religiösen Führer des Irans – einem Staat, der Homosexuelle noch tötet – wird ein vergleichsweise harmloses Zitat genutzt: "Nach Imam Chamenei ist der größte Vorzug der Ehe die Familiengründung. Sie sei das Fundament der Gesellschaft."


Die schärfsten Töne kommen in einem Interview mit Scheich Sabahattin Türkyilmaz, Leiter des "Islamischen Zentrums Imam Riza" in Berlin und vom hr vor einigen Jahren als Teilnehmer einer anti-israelischen Demo und "Einpeitscher" für die pro-iranische Hisbollah kritisiert. Er behauptet, Homosexualität sei keine Krankheit, sondern "eine moralische Perversion, die im Widerspruch zu der Natur des Menschen steht". Der Ursprung der Homosexualität, die der "Vollkommenheit" der Ehe entgegenstehe, die Familie zerstöre und "die gesunde Erhaltung der Menschheit" und ihre Zukunft behindere, liege "in satanischen Bestrebungen, die Natur des Menschen zu verändern".

Aus recht unklaren Gründen verwendet der Iman eine Menge Zeit darauf, zu betonen, dass die "durch die Homosexualität verursachten Schäden gesellschaftlicher, sogar globaler Natur" seien, während die "religiösen Gebote und irdischen Strafen für Homosexualität" nur individueller Natur seien: "Nur einzelne Personen werden unter speziellen Umständen bestraft." Und diese Strafen dürften nur in einem islamischen Staat durch ein "Rechtsurteil, die Fatwa", gefällt werden und nur durch Richter.

Nur in der Ehe aus Mann und Frau würden die "Lusttriebe des Menschen" gestillt und "kontrolliert ausgelebt", so der Iman weiter, nur in ihr sei "Vollkommenheit" erreichbar. "Homosexuelle Beziehungen und ihre Legalisierung stehen bereits im Widerspruch zur Natur des Menschen. Aber die Erhebung dieser Beziehungen auf die Stufe der Ehe ist ein Desaster und einer der größten Schläge gegen die Menschheit mit verheerendem Schaden." Der deutsche Gesetzgeber führe mit der Ehe für alle die "eigene Gesellschaft in eine Katastrophe".

#1 Dreckige LügenAnonym
#2 DervomdachgestosseneAnonym
  • 23.08.2017, 23:27h
  • Ich habe mir die Homepage offenkundiges.de angesehen und darin gelesen...

    Mir als mittelalterlicher Schwuler, in langjähriger Partnerschaft lebend, ist's kalt den Rücken hinunter gelaufen...

    Meiner Ansicht nach wird's langsam aber sicher eng für uns in Europa.
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#3 qwertzuiopüAnonym
  • 23.08.2017, 23:32h
  • Ich hab es mir ebenfalls angeschaut.
    Die Argumentation beruht im Prinzip auf Ungenauigkeit und Pauschalisierung.

    Und es ist tatsächlich eine inhaltliche Nähe zu Evangelikalen usw festzustellen.

    Da helfen nur Argumente, Argumente, Argumente. Hab gleichmal angefangen.
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