Ein am Dienstag in der letzten Woche in der Pariser Vorortregion Seine-Saint-Denis festgenommener 22-Jähriger plante eigenen Angaben vor dem Ermittlungsrichter zufolge Anschläge in Paris. Der Mann war festgenommen worden, nachdem Pläne konkret wurden, sich Waffen zu besorgen. Wie ein Gericht am Samstag bekannt gab, wurde der Mann wegen der Planung einer Straftat und eines terroristischen Aktes angeklagt und Untersuchungshaft angeordnet.
Unter Bezug auf die Ermittlerkreise berichteten mehrere Zeitungen, der in Saint-Denis lebende Mann habe allgemein Anschläge auf Discos geplant, zudem speziell auf Bars, die von Schwulen und Lesben frequentiert werden, sowie auf Einrichtungen der "Libertine"-Szene, also auf gehobene Sex-Clubs für Hetero- und Homosexuelle.
Der gegenüber Medien nicht näher identifizierte Mann, der sich offensichtlich selbst radikalisiert hatte und in sozialen Netzwerken den Dschihad preiste, war vor der Festnahme von Beamten des Inlandsgeheimdienstes DGSI mehrere Wochen lang an seinem Wohnort beschattet worden. Die Anschlagspläne des den Behörden zuvor unbekannten Mannes waren den Medienberichten zufolge offenbar noch nicht weit fortgeschritten und verworren, die Beamten waren aber besorgt genug für einen Zugriff.
Szene als mögliches Anschlagsziel
Das IS-Magazin "Dabiq" führte im letzten Jahr neben Bildern exekutierter Schwuler mehrere "Gründe" auf, Homosexuelle zu hassen, darunter Koranstellen zum Propheten Lot (unter Christen bekannt als Geschichte von Sodom und Gomorra)
Einrichtungen der queeren Szene gelten seit Jahren als mögliches Anschlagsziel von radikalen Islamisten. So rief die Terrororganisation "Islamischer Staat", die in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien dutzende Männer wegen angeblicher Homosexualität hinrichten ließ (Übersicht), im letzten August in ihrem Propagandamagazin "Dabiq" auf mehreren Seiten zum Kampf gegen "Sodomiten" auf (queer.de berichtete).
Der IS reagierte damit auf den Anschlag auf den queeren Nachtclub "Pulse" in Orlando mehrere Monate zuvor, den ein offenbar selbst radikalisierter Islamist verübt hatte. Omar Mateen hatte dabei 49 Menschen erschossen und 58 weitere verletzt, bevor er selbst von der Polizei erschossen wurde (queer.de berichtete). Er hatte während der Tat in einem Notruf dem "Islamischen Staat" die Treue geschworen.
Monate zuvor hatte es – nie näher verifizierte – Berichte gegeben, einige der Islamisten, die am 13. November 2015 mehrere Terroranschläge in Paris verübten, hätten schwule Lokale in Brüssel frequentiert (queer.de berichtete). Bereits vor einigen Jahren gab es die Meldung, ein Mitglied der später wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung verurteilten "Düsseldorfer Zelle" aus Al-Qaida-Anhängern habe in der NRW-Landeshauptstadt eine Schwulenkneipe ausgekundschaftet. Es wurde nie geklärt, ob er dort einen Anschlag plante, weil die Besucher homosexuell oder die Besitzerin jüdisch waren, oder ob er dort einfach als Gast oder als Stricher verkehrte.
Der letzte politisch motiverte Anschlag mit Toten auf eine Szeneeinrichtung vor dem "Pulse" war 1999 das Nagelbombenattentat auf den Londoner Pub "Admiral Duncan", bei dem drei Menschen starben und 70 Menschen verletzt worden. Der kurz danach gefasste Neonazi David Copeland hatte an den Wochenenden zuvor bereits Bombenanschläge verübt, die sich gegen die schwarze Community und Einwanderer aus Bangladesch richteten. (nb)
Ich führe keine Liste mit Terrorangriffen auf Lesben- und Schwulenclubs, aber es gab 2009 einen Anschlag mit einer Schusswaffe auf einen Coming-Out-Treffpunkt in Tel Aviv, der zwei Menschen das Leben gekostet und mindestens elf weitere Menschen verletzt hat.
en.wikipedia.org/wiki/2009_Tel_Aviv_gay_centre_shooting
Und 2015 stach jemand sechs Menschen bei der Lesben- und Schwulenparade in Jerusalem nieder, ein Opfer verstarb drei Tage später. Der Täter hatte 2005 bereits eine ähnliche Tat begangen und damals drei Besucher der Parade niedergestochen.
en.wikipedia.org/wiki/Jerusalem_gay_pride_parade#2015_attack