
https://queer.de/?29585
Landtagsdebatte in Sachsen
Frauke Petry will sich mit Homophobie profilieren
AfD-Chefin Frauke Petry macht sich persönlich stark für ein Ehe-Verbot für Schwule und Lesben – und versucht erfolglos, CDU-Abgeordnete auf ihre Seite zu ziehen.

Frauke Petry schritt drei Mal ans Rednerpult, um die Ehe für alle als verfassungswidrig zu brandmarken
31. August 2017, 18:50h 5 Min. Von
Die innerparteilich umstrittene AfD-Chefin Frauke Petry versucht mit dem Kampf gegen Homo-Rechte in den eigenen Reihen zu punkten. Am Donnerstagnachmittag debattierte daher der sächsische Landtag, dem sie als AfD-Fraktionschefin angehört, über die Ehe für alle. Die rechtspopulistische Partei stellte einen Antrag, in dem die Staatsregierung aufgefordert wurde, gegen die Ehe-Öffnung nach Karlsruhe zu ziehen. Demnach bestünden "Zweifel über die sachliche Vereinbarkeit des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts […] mit dem Grundgesetz".
Einzige AfD-Rednerin zu diesem Thema war Frauke Petry persönlich, die sogleich erklärte, die Gleichstellung von Schwulen und Lesben sei der "vorläufige Höhepunkte einer Entwicklung, in der das Privileg der grundgesetzlich geschützte Ehe und Familie immer wieder attackiert wurde". Die Ehe sei eine "Verbindung zwischen Mann und Frau" und der Staat habe "alles zu unterlassen, was die Ehe beschädigt oder beeinträchtigt".
Zwar sei Homosexualität "ein zu respektierender Teil menschlicher Sexualität", attestierte die Rechtspopulistin. Für die Öffnung der Ehe gebe es laut der in zweiter Ehe lebenden Politikerin aber "keinerlei gesellschaftliche Notwendigkeit". Die Gleichbehandlung von Homo-Paaren würde dazu führen, dass grundgesetzlich geschützte Privilegien von Hetero-Paaren "vernichtet" werden würden, so Petry martialisch. Und weiter: "Ein Privileg, das jeder haben kann, ist kein Privileg. Privilegien für alle sind Privilegien für niemand." Sie bat daher – besonders mit Blick auf die CDU – die Abgeordneten, "die mit dem Grundgesetz noch irgendwas inhaltlich verbinden", für ihren Antrag zu stimmen.
CDU-Politiker macht sich über AfD lustig
Damit stieß sie aber beim CDU-Parlamentarier Martin Modschiedler auf taube Ohren. Der 50-Jährige machte sich vielmehr über den Antrag der AfD lustig: Er erinnerte daran, dass die AfD kurz nach der Ehe-Öffnung vollmundig versprochen habe, gegen das Gesetz nach Karlsruhe zu ziehen (queer.de berichtete) – dann aber bemerkte, dass das nur ein Viertel der Bundestagsabgeordneten oder eine Landesregierung tun kann.
"Sie können das Gesetz nicht zur Überprüfung stellen", so Modschiedler hämisch. "Jetzt versuchen Sie's übers sächsische Parlament." Um die "Schwindelei" zu kaschieren, starte man nun im Parlament eine Debatte. "Frau Petry, überlegen sie sich vorher, was Sie den Menschen versprechen", forderte Modschiedler. Das sächsische Parlament sei nicht dafür da, Bundestagswahlkampf zu machen.

Der CDU-Politiker Martin Modschiedler erteilte Frauke Petry eine Absage
Modschiedler kritisierte auch die "Angstmacherei" der AfD beim Thema Ehe für alle – etwa die Behauptung, dass die Ehe-Öffnung zu Kinderehe führe. Er kritisierte konkret die Warnung der sachsen-anhaltinischen AfD-Fraktion, nach der die Ehe für alle dazu führen werde, dass bald jemand den Magdeburger Dom heiraten würde (queer.de berichtete). Derlei Aussagen seien nichts weiter als "polemischer Quatsch unter der Gürtellinie".
Auch Sarah Buddeberg von der Linksfraktion meinte, die AfD habe sich mit ihren vollmundigen Ankündigungen zur Verhinderung der Ehe für alle "reichlich lächerlich gemacht" und wende sich nun "in ihrer Hilflosigkeit" ans Parlament. Die 35-Jährige erklärte zwar, dass der Ehe-Begriff der Autoren des Grundgesetzes wohl nicht Homosexuelle eingeschlossen habe – damals sei aber auch fraglich gewesen, ob Ehefrauen überhaupt ein Bankkonto besitzen dürften.
Anschließend klärte sie die "durch und durch homofeindliche AfD" auf, dass auch außerhalb von heterosexuellen Ehen Kinder großgezogen würden. "Mag sein, dass Sie das nicht wissen, weil Sie keine ordentliche Sexualaufklärung hatten", so Buddeberg. "Allen Ewiggestrigen in diesem Haus" gab sie dann den englischen Spruch "Some people are gay, get over it" mit auf den Weg – für die deutschtümelnden Abgeordneten übersetzte sie diesen Satz auch noch.
Harald Baumann-Hasske (SPD) kritisierte die "durchsichtigen Hintergründe" des Antrags. Der Rechtswissenschaftler begründete zudem, warum er die Ehe für alle nicht für verfassungswidrig hält. Die Autoren des Grundgesetzes hätten nämlich die "lebenslange Verbindlichkeit" privilegiert. Die Verfassung müsse nun auf die Lebenswirklichkeit angewendet werden, wie sie sich heute darstelle.
Die Grünenpolitikerin Katja Meier ging dann auf Attacke gegen die AfD: "In den Fünfzigerjahren fühlen Sie sich am pudelwohlsten", so Meier in Richtung Petry. "Seitdem hat sich die Gesellschaft aber weiterentwicklelt, und das ist auch gut so". Sie benannte dazu etwa Fortschritte im Scheidungsrecht oder bei der Gleichberechtigung von Frauen. "Dieser gesellschaftliche Fortschritt ist offensichtlich an der AfD vorbeigegangen. Sie wollen weiter diskriminieren", so Meier, die dann noch einen wohl vergebenen Aufruf startete: "Kommen Sie endlich da an, wo wir sind – nämlich im Jahr 2017."

Katja Meier von den Grünen erinnerte die AfD an das aktuelle Datum
Anschließend kehrte Frauke Petry zurück ans Mikrofon. Und wandte sich diesmal direkt an die Union, um doch noch zu punkten: 17 CDU-Abgeordnete aus Sachsen hätten schließlich Ende Juni im Bundestag gegen die Ehe für alle gestimmt. Die 42-Jährige appellierte an die CDU, ihre wertkonservative Einstellung nicht "völlig über Bord" zu werfen; sie forderte auch, dass die Christdemokraten sich nicht " vom kleineren Koalitionspartner unter Druck setzen" lassen sollten. Schließlich kam der Vorwurf, dass die Ehe-Öffnung "politisches Kalkül" sei – und dann der obligatorische Hinweis auf die vermeintliche "Gender"-Ideologie. In Richtung der Grünenabgeordneten Katja Meier keifte sie schließlich noch: "Frau Meier, für Sie sind Väter und Mütter offenbar das gleiche."
Trotz Rederechts wollte keiner der anderen Abgeordneten der Debatte noch etwas hinzufügen. Justizstaatssekretär Sebastian Gemkow (CDU) begründete nur noch die offizielle Haltung der Staatsregierung. Er attestierte, dass über die Ehe für alle und das Grundgesetz "äußert kontrovers diskutiert" werde – und dann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts durchaus positiv wäre, da Rechtssicherheit geschaffen werde. Aber der Antrag verdiene keine Unterstützung, da das Bundesverfassungsgericht nur angerufen werden dürfe, wenn der Antragsteller von Verfassungswidrigkeit überzeugt sei. Das sei aber nicht der Fall.
Nach dem Staatsminister betrat Frauke Petry zum inzwischen dritten Mal das Podest und erneuerte ihren Appell an die CDU – ganz AfD-typisch mit einem Blick in die Vergangenheit. Sie erinnerte daran, dass Sachsen mit seiner Klage gegen das Lebenspartnerschaftsgesetz um die Jahrtausendwende "noch mutig" gewesen sei. Damals hatte der Freistaat gemeinsam mit Bayern und Thüringen gegen die Anerkennung von Homo-Paaren geklagt, weil diese gegen den im Grundgesetz festgeschriebenen Schutz von Ehe und Familie verstoße. Petry verschwieg allerdings, wie das Verfahren ausging – nämlich mit einer krachenden Niederlage für die drei Länder.
Um den Druck auf die CDU-Abgeordneten zu erhöhen, verlangte sie daraufhin eine namentliche Abstimmung über ihrem Antrag. Das Ergebnis: 13 Abgeordnete stimmten dafür, 99 dagegen. Es gab keine einzige Ja-Stimme – nicht mal eine Enthaltung – aus der Union.

Keine Stunde nach dem Ende der Debatte attackierte die AfD-Fraktion mit einem Bildchen auf Facebook bereits die CDU dafür, dass sie dem homofeindlichen Antrag nicht zugestimmt hat

Hinter gutem Journalismus stecken viel Zeit und harte Arbeit – doch allein aus den Werbeeinnahmen lässt sich ein Onlineportal wie queer.de nicht finanzieren. Mit einer Spende, u.a. per oder Überweisung, kannst Du unsere wichtige Arbeit für die LGBTI-Community sichern und stärken. Abonnent*innen bieten wir ein werbefreies Angebot.
"Ein Privileg, das jeder haben kann, ist kein Privileg. Privilegien für alle sind Privilegien für niemand."
Das stimmt. Die Frage ist nur, wie vertragen sich Privilegien den überhaupt mit Menschenrechten?
"Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren."-schon mal gehört Frau Petry? Nein?
Die AfD ist die Partei der rechtlichen Ungleichbehandlung schlechthin, damit steht sie im Widerspruch zu basalen Menschenrechten. Durch das obige Zitat hat Frau Perty das kurz und knapp auf den Punkt gebracht.
"Natürlich" gegebene Ungeichheit als Wunschgedanke als Kernbotschaft der AfD ist nicht bürgerlich, nicht konservativ, sondern im besten Falle nur protofaschistisch.