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"Lesbe trifft Homo-Ehe-Gegnerin"
1Live verteidigt "Experiment" mit homophober Christin
Die WDR-Jugendwelle betont nach Kritik, niemand verletzen zu wollen – und postet das umstrittene Video erneut bei Facebook.
- 31. August 2017, 19:31h 4 Min.
Die erste Folge der neuen Video- und Podcast-Reihe "Ausgepackt" von 1Live, "Lesbe trifft Homo-Ehe-Gegnerin", sorgt weiter für Empörung. Nach queer.de und vielen Nutzern in sozialen Netzwerken beklagte am Donnerstag auch die "Frankfurter Rundschau" den misslungenen Auftakt des Formats: "Homophobie ist keine Meinung – und Homosexualität auch nicht."
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In dem "Experiment" hatte der Sender eine junge Lesbe und eine "Christin" aufeinandertreffen lassen, die u.a. betonte, dass Homosexualität eine "Sünde" und eine "Krankheit" sei, die man nicht ausleben müsse. Einen achtminütigen Videomitschnitt davon samt der diskriminierenden Aussagen verbreitete der Sender auf Youtube, dazu gesellte sich eine auf zwei Minuten gekürzte Version auf Facebook. Die Aussagen wurde in den beiden Portalen seitens der Redaktion weder eingeordnet noch kommentiert, auf der Webseite zum neuen Format war ergänzend von "Zwei Menschen, zwei Meinungen" die Rede.
In einem auf der Webseite eingebundenen 35-minütigen Podcast stellte Reporter Jörn Behr zudem die beiden Frauen näher vor. Hier erfuhren Interessierte etwa erstmals, dass "Julia" von ihm auf dem homofeindlichen Protest "Demo für alle" angesprochen wurde. Im Podcast betonte Behr erneut den Gedanken, "Menschen mit gegensätzlicher Meinung" reden zu lassen, und ließ u.a. die Aussage der Christin, Homosexualität sei heilbar, unkommentiert stehen.
Die erste Stellungnahme
Nach einiger Kritik reagierte 1Live am Mittwoch – in den Kommentaren unter dem Video auf Facebook. Dort betonte die WDR-Jugendwelle ihren Einsatz für Akzeptanz und bewerte Julias Aussagen als "extreme Ablehnung", hielt aber zugleich an der Aussage fest, Nutzer sollten sich ihr eigenen Urteil über die "Argumente" der beiden Frauen bilden können:
In unserem jungen Format "Ausgepackt" geht es darum, Menschen mit völlig konträren Meinungen, Einstellungen und auch Lebensmodellen aufeinander treffen zu lassen. Wir wollen eine Situation schaffen, in der diese Menschen miteinander sprechen und sich austauschen. Die Argumente von Julia (23) stehen den Argumenten von Izzy (20) gegenüber – die widerspricht, die einordnet und die ganz persönlich auf Julias extreme Ablehnung reagiert.
Ziel der Reihe "Ausgepackt" ist es, unterschiedliche Meinungen gegenüberzustellen. Ohne eine zusätzliche Kommentierung sollen sich die User ihr eigenes Urteil bilden können. Nach unseren Programmgrundsätzen und nach unserem Selbstverständnis ist aber auch klar, dass wir für Toleranz einstehen – für alle Menschen und Lebensformen. 1LIVE bekennt sich ausdrücklich zur Akzeptanz gegenüber Homosexuellen. Wer unser Programm verfolgt, der weiß das.
In dieser neuen Serie geht es darum, offen und transparent mit einem breiten Spektrum an Meinungen und Ansichten umzugehen. Die vielen auch positiven Kommentare unserer User und die rege Diskussion um das Format zeigen uns, wie wichtig es ist, für Themen, die viele Menschen bewegen, Gesprächszeit anzubieten. Sollten sich jemand durch die Äußerungen der Protagonistinnen verletzt fühlen, dann tut uns das ausdrücklich leid.
Artikel um Informationen ergänzt
Am Donnerstag änderte der Sender zudem minimal die Webseite der Sendung: "Aufgrund der Paarung der Protagonistinnen" habe man die Dachzeile "Zwei Menschen, zwei Meinungen" entfernt. Als einleitende Frage steht weiter auf der Seite: "Was passiert, wenn zwei Menschen mit komplett konträren Meinungen, Einstellungen oder Lebenmodellen aufeinander treffen?"

Zudem hat der Sender ergänzt: "Die Argumentation zwischen Julia und Izzy spiegelt ihre persönliche Ansicht wieder. 2013 stellte die Bundesärztekammer klar: 'Homosexualität ist keine Erkrankung und bedarf keiner Heilung!'" Auch hat er ein paar Hintergrundartikel zu Homosexualität verlinkt – allerdings keine, die Hintergründe zur homofeindlichen Bewegung "Demo für alle" bringen würden.
Video noch einmal veröffentlicht
Die Facebook-Fassung des Videos hatte bis Donnerstag über 342.000 Aufrufe erzielt und war allein von dieser Seite aus über 220 Mal geteilt worden. Dennoch veröffentlichte der Sender das Video in seinem Stream am Donnerstag noch einmal. Auch dieses Video wurde nicht mit den nachträglichen Anmerkungen aus dem Artikel, zu dem sich wenige durchklicken dürften, versehen, sondern in den Kommentaren zunächst nur erneut mit einem Link zu Youtube, wo es ebenfalls keine Erläuterungen gibt. Bei Facebook wählte die Redaktion erneut die Einleitung: "Was passiert, wenn eine Lesbe auf eine Christin trifft, die das Ausleben von Homosexualität für eine Sünde hält? Wir machen das Experiment."

Nachdem sich im Kommentar-Thread erneut Kritik regte, postete der Sender rund vier Stunden später auch dort seine Stellungnahme vom Mittwoch. Dessen Abschluss heißt erneut: "Sollten sich jemand durch die Äußerungen der Protagonistinnen verletzt fühlen, dann tut uns das ausdrücklich leid."
Man muss den Satz wohl so lesen: Wir nehmen das ausdrücklich in Kauf und sind uns keiner Schuld bewusst. (nb)















Julias Faschismus ist auch keine Meinung. Außer für Faschisten.
Danke für die Erklärung, WDR. Ich weiß jetzt eindeutig, auf welcher Seite ihr steht.