Während in Deutschland die SPD die Öffnung der Ehe feiert, will Liviu Dragnea, der Vorsitzende der rumänischen Sozialdemokraten, mit Homophobie Punkte im Volk sammeln (Bild: Partidul Social Democrat / flickr)
Liviu Dragnea, der Parteichef der in Rumänien gemeinsam mit den Liberalen regierenden Sozialdemokraten, hat am Samstag angekündigt, einen Volksentscheid zur Verankerung des Ehe-Verbots für Schwule und Lesben durchführen zu lassen. "Unser Ziel ist es, ein Referendum zur Änderung der Verfassung in Bezug auf die Familie noch in diesem Herbst zu organisieren", erklärte Dragnea nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters bei einer Parteiveranstaltung. Derzeit wird die Ehe in der Vefassung nicht als ausschließliche Verbindung von Mann und Frau definiert, es existiert allerdings ein Gesetz, das Schwulen und Lesben die Ehe verbietet.
Anlass für die Entscheidung der Regierungspartei war eine von der orthodoxen Kirche unterstützte Petition der sogenannten "Koalition für die Familie", die im vergangenen Jahr drei Millionen Unterschriften für ein verfassungsmäßiges Verbot der gleichgeschlechtlichen Eheschließung gesammelt hatte (queer.de berichtete). Die Organisation ist u.a. über das europäische Bürgerbegehren "Vater, Mutter, Kind" lose mit der deutschen "Demo für alle" und ähnlichen Initiativen verbunden.
Bereits im Mai stimmte das Parlament der Abhaltung eines derartigen Referendums mit überwältigender Mehrheit zu (queer.de berichtete). Sollte es tatsächlich zum Volksentscheid kommen, gilt eine Mehrheit für ein Ehe-Verbot als sicher. Laut Umfragen befürwortet lediglich ein Fünftel der Rumänen die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben im Ehe-Recht – das Land zählt damit laut der EU-weiten Umfragereihe "Eurobarometer" neben Bulgarien und Lettland zu den homofeindlichsten Staaten in der Union.
Für ein Gelingen des Volksentscheids sind die Hürden in Rumänien relativ gering: Eine einfache Mehrheit würde ausreichen, wenn die Wahlbeteiligung bei mindestens 30 Prozent liegt.
LGBTI-Aktivisten: Bürger dürfen nicht über Grundrechte abstimmen
Die LGBTI-Organisation MozaiQ kritisierte das geplante Referendum scharf. Der Vorstoß gefährde die Demokratie und sei illegal, weil eines der in der Verfassung festgelegten Grundprinzipien der Schutz von Minderheiten sei. "Man kann nicht über Menschenrechte abstimmen lassen", erklärte die Organisation in einer Pressemitteilung. Sie rief Präsident Klaus Johannis auf, die Venedig-Kommission des Europarates anzurufen und prüfen zu lassen, ob ein derartiges Referendum rechtens sei. Die Kommission wurde während des Zusammenbruch des Ostblocks 1989 eingerichtet, insbesondere um zu checken, ob die osteuropäischen Verfassungen demokratischen Normen entsprechen.
Derzeit gibt es nur wenige Politiker, die sich für LGBTI-Rechte aussprechen. Präsident Johannis, der selbst der deutschen Minderheit im Land angehört, ist einer der wenigen Politiker, die sich für Toleranz und Akzeptanz von Minderheiten ausspricht und dabei auch ausdrücklich Homosexuelle mit einbezieht (queer.de berichtete).
Rumänien ist mit der homophoben Politik am östlichen Rand der EU nicht alleine: Sämtliche Nachbarländer haben bereits das Eheverbot für Schwule und Lesben in ihrer Verfassung verankert. Auch in mehreren weiteren Staaten im Osten der EU hat das Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe Verfassungsrang, darunter auch Polen. Zuletzt gab es in Kroatien ein Referendum zu diesem Thema: 2013 stimmten fast zwei Drittel der Wähler für die Festschreibung der Ehe als Verbindung von Mann und Frau (queer.de berichtete). (dk)
Ich will diese Länder nicht in der EU