Der Linken-Politiker Michel Brandt postete dieses Bild aus Karlsruhe auf Twitter und schrieb dazu: "Immer wieder schön, wenn die bunte Gegendemo 6mal so viele Leute mobilsiert wie die beschränkte #Demofüralle". queer.de hofft, bei einem der geplanten Stopps der Bustour in NRW das Geschehen selbst und ausführlicher abdecken zu können. (Bild: mitmichel / twitter)
Auch auf seiner dritten Station am Freitag in Karlsruhe ist der homo- und transfeindliche Bus der "Demo für alle" ohne große Resonanz in Medien und Bevölkerung geblieben. Das von Hedwig von Beverfoerde organisierte Bündnis, das einst tausende Menschen zu Demonstrationen in Stuttgart oder Wiesbaden mobilisieren konnte, steht vor einem riesigen – und kostspieligen – Misserfolg.
Vor dem Bundesverfassungsgericht konnte die "Demo für alle" vielleicht 20 bis 30 Teilnehmer und Mitfahrer versammeln – obwohl ein recht spontan organisierter, friedlicher Gegenprotest von Ladyfest, CSD, Pride Pictures und queerbeet.org mit rund 100 Teilnehmern von der Polizei auf einem größeren Abstand gehalten wurde als die Gegenkundgebungen an den Vortagen in München und Stuttgart. Auch dort hatten sich mehr Gegendemonstranten und teilweise gar Polizisten versammelt als Interessierte am Bus. Bilder und Berichte aus Karlsruhe will das Feministische Kollektiv später auf Facebook veröffentlichen. Update: Inzwischen gibt es einen TV-Bericht von "Baden TV".
Hedwig von Beverfoerde und Eduard Pröls am Freitag vor dem Bundesverfassungsgericht – mit einer Online-Petition wollen sie auch erreichen, dass Bayern gegen die Ehe für alle in Karlsruhe klagt. Am Montag hatte die Staatskanzlei angekündigt, dazu Rechtsgutachten in Auftrag gegeben zu haben (queer.de berichtete)
Vor einer Woche hatte das einst im Büro der AfD-Abgeordneten Beatrix von Storch entstandene Bündnis eine Tour durch zehn Städte angekündigt (queer.de berichtete) – mit einem riesigen orangefarbenen Bus und groß angebrachten, ausgrenzenden Botschaften, die die Begriffe Ehe und Familie rein heterosexuell definieren und Transsexuellen das Recht auf Selbstbestimmung nehmen. Zum Abschluss in Berlin will man am nächsten Freitag angeblich über 220.000 Unterschriften gegen die Ehe-Öffnung an das Bundeskanzleramt übergeben, die man mit dem Partner CitizenGo, einem europaweiten fundamentalistischen Petitionsportal mit Sitz in Spanien, gesammelt habe.
CitizenGo und die angeschlossene Organisation "HazteOir.org" ("Verschaffe Dir Gehör"), der Verbindungen zur rechtsextrem-katholischen Geheimorganisation El Yunque aus Mexiko nachgesagt werden, hatten bereits in Spanien auf einen transphoben Bus gesetzt, der zu Ausschreitungen und u.a. in Madrid zu Fahrverboten führte und später auch in den USA, Mexiko und Chile eingesetzt wurde (queer.de berichtete).
Hass-Bus sieht sich von Agitation und Propaganda umzingelt
Nun ist CitizenGo auch verstärkt in Deutschland aktiv – die Organisation ist Partner der Bustour. CitizenGo-Sprecher Eduard Pröls war bislang auf allen drei Stationen dabei und zog nach dem zweiten Termin am Donnerstag in Stuttgart ein bemerkenswertes Fazit auf der Facebook-Seite von CitizenGO Deutsch (knapp unter 4.000 Follower).
Der "Bus der Meinungsfreiheit" werde begleitet von "Aggression und Hassausbrüchen erstaunlichen bis erschreckenden Masses", beklagte er. Die Nutzung des Begriffs "Hass-Bus" durch queer.de sei "manipulativ" und "verlogen": "Aber wir wissen ja aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts, dass sowohl faschistische, als auch kommunistische Agitation und Propaganda stets mit Verführung, Verblendung und vor allem mit gerichtetem Hass gearbeitet haben."
Wie im BAP-Song "Kristallnaach" fühlte sich Pröls angesichts der Gegendemonstranten und "von der hasserfüllten Meute regelrecht eingekesselt" an "die Schrecken faschistischen Terrors" erinnert: Stuttgart sei eine "bunt-queere Kristallnaach" gewesen. "Damals hat man Juden gejagt. Und über viele Jahre herrschte in Deutschland darüber Einigkeit, dass sich so etwas nie wiederholen darf. Es scheint an der Zeit zu sein, dass sich unsere Gesellschaft – einschließlich LGBTI-, Queer- und Antifa-Aktivisten – dies erneut bewusst macht."
Zur Unterstützung dieser Aufklärungsarbeit postete Pröls den Kommentar in einigen Anti-"Gender"-Gruppen und fand dort Zustimmung:

Es gab aber auch verdiente Gegenrede:


Vielleicht wollte die "Demo für alle" mit dem Ausbruch ja auch nur verdecken, wie nah sie, etwa im Kampf gegen schwul-lesbische Aufklärungsteams an Schulen, selbst an früheren Zeiten ist. Und dass sie gerade gegen eine Opfergruppe der Nazis agitierend mit einem Bus durch die Gegend fährt.
"Völkischer Beobachter" 1928, mehr dazu hier
Mr. "Stoppt die Bravo" war vor Ort
Aber bleiben wir im Hier und Jetzt. Trotz alledem ist Hewdig von Beverfoerde & Co. eine Frau, die das Fernsehen in Talkshows einlädt und mit denen sich ein CDU-Spitzenkandidat oder ein CSU-Kultusminister trifft. Die etwas unbeachteter bei einem erzkatholischen Treffen, bei dem ein Bischof über die biblische Todesstrafe für Homosexuelle sinniert, für ihren Kampf gegen das "weltweit finanzstarke Unterstützernetzwerk" der "Homo- und Genderbewegung" beklatscht und bekräftigt wird (queer.de berichtete).
Und sie ist eine Frau, die ihre Bündnispartner findet. In Karlsruhe war etwa Mathias von Gersdorff beim "Bus der Meinungsfreiheit" dabei, der vor der gestiegenen Popularität in neurechten Kreisen für Aktionen wie "Stoppt die Bravo" belächelt wurde und in Videos in seinem Youtube-Kanal oder in seinen Blogs schon mal die Abschaffung von CSDs oder der Lebenspartnerschaft forderte. Oder der kürzlich Facebook für die Verbreitung eines Hetz-Postings gegen Schulaufklärung über LGBTI und gegen Olivia Jones so viel Geld bezahlte, dass der Eintrag tausendfach geteilt wurde und zu hunderten Hetzkommentaren führte (queer.de berichtete).
Direktlink | Mathias von Gersdorff, Frankfurter Aktivist u.a. der "Aktion Kinder in Gefahr", betonte auf der ersten "Demo für alle" im letzten Herbst in Wiesbaden: "Kinder gehören den Eltern und nicht dem Staat".
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Sein Blog "Kultur und Medien" richtet sich seit Monaten vor allem gegen einen vermeintlichen "Gender-Schulplan" in Hessen und bietet eine gute Einlesemöglichkeit in das Denken der Anhänger der "Demo für alle".
Gegenproteste online und auf der Straße
Dank Enough is Enough lässt sich auch virtuell ein Zeichen gegen den Hass-Bus setzen
Vor dem hessischen Kultusministerium in Wiesbaden geht so am Samstag denn auch die Tour der "Demo für alle" weiter. Wie bei den meisten weiteren Stopps ist bereits eine Gegenkundgebung geplant:
Sa, 9.9. Wiesbaden, Luisenplatz (Gegenprotest)
So, 10.9. Köln, Bahnhofsvorplatz / Domplatte (Gegenprotest)
Mo, 11.9. Düsseldorf, Johannes-Rau-Platz (Gegenprotest)
Di, 12.9. Hannover, Trammplatz (Gegenprotest)
Mi, 13.9. Kiel, Rathausplatz (Gegenprotest)
Do, 14.9. Dresden, Neumarkt (Gegenprotest)
Fr, 15.9. Berlin, vor dem Kanzleramt (Gegenprotest)
Die Facebook-Aktivisten von "Enough is Enough" haben derweil eine Grafik gebastelt, mit der man auch virtuell ein Zeichen gegen den Hass setzen kann: Mit einem Facebook-Kamera-Effekt lässt sich ein veränderter Bus über das eigene Profilbild legen (mehr Infos dazu).
Update 9.11., 17.30h: DfA-Flop auch in Wiesbaden
Auch in Wiesbaden blieb es am Samstag friedlich: Am für Passanten eher abgelegenen Kirchen-Ende des Luisenplatz, an dem unter anderem das Kultusministerium seinen Sitz hat, versammelte die "Demo für alle" maximal 40 Menschen, darunter neben Hewdig von Beverfoerde erneut Eduard Pröls von CitizenGo und Mathias von Gersdorff von der "Aktion Kinder in Gefahr" (s. oben).
Bild: Daniela Z.
Die von der Polizei auf weiten Abstand in der Mitte des Platzes gehaltenen 200 bis 300 Gegendemonstranten u.a. vom Bündnis für Akzeptanz und Vielfalt setzten mit Regenbogenflaggen, Pfiffen, "Haut-ab"-Rufen und einem "Lovesong-Karaoke" dagegen. Die "Demo für alle" verbrachte einen Großteil ihres Protestes auf der von den Gegendemonstranten abgewandten Seite des Busses.

Der Besuch der "Demo für alle" habe nicht mal eine Stunde gedauert, schrieb das Gegenbündnis aus über 100 Gruppen später in einer Pressemitteilung. "Für Frau von Beverfoerde ist die kostspielige Aktion bisher in vier Städten zum großen Reinfall geworden." Der bunte und friedliche Gegenprotest habe gezeigt, "dass die Gesellschaft in Wiesbaden offen für alle Menschen und ihre Liebe ist und die Ablehnung von Minderheiten nicht duldet"!
....ja, damit kennen sich diese Nazi-Katholiken bestens aus.......die armen Opferlämmer.
Ich frage mich, welche Art von Selbstwahrnehmung diese armen Irren haben.