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Erinnerung an NS-Verbrechen

Trauer und Gedenken sind nicht glamourös

Am Sonntag wurde der ermordeten Schwulen im KZ-Außenlager Klinkerwerk gedacht – doch kaum einer kam. Ein Zwischenruf von Ralf Dose.


Im Juni 1942 wurden fast alle Rosa-Winkel-Häftlinge im KZ Sachenhausen ins nahe gelegene Außenlager Klinkerwerk verlegt. Damit begann eine Mordaktion gegen Homo­sexuelle, der bis September etwa 200 Häftlinge zum Opfer fielen (Bild: Ralf Dose)

  • 11. September 2017, 06:15h 12 2 Min.

In den letzten Tagen gab es im Großraum Berlin zwei Veranstaltungen, die eng zusammengehört hätten – es hat nur niemand gemerkt.

Am Donnerstag konnten wir am Magnus-Hirschfeld-Ufer das Denkmal für die erste deutsche Homosexuellenbewegung der Öffentlichkeit übergeben, am gleichen Abend feierte der LSVD, der sich um dieses Denkmal verdient gemacht hat, sein 25-jähriges Bestehen im Centrum Judaicum. In den Festreden wurde immer wieder darauf hingewiesen, wie viel wir doch in diesem Jahr erreicht haben – die Ehe für alle, die Entschädigung für die nach Paragraf 175 StGB in der BRD (und nach Paragraf 151 StGB in der DDR) verfolgten Homosexuellen, und nun, nach 25 Jahren auch ein Denkmal für die Vorgängerbewegung. Die Veranstaltungen am Denkmal im Tiergarten und im Centrum Judaicum waren gut und zahlreich besucht, und der Ort des Festakts hatte ja auch seine ganz eigene Symbolkraft.

Ganz anders am Sonntag: Da wurde der während der Nazizeit im KZ-Außenlager Klinkerwerk (Sachsenhausen) ermordeten Homosexuellen gedacht – und kaum einer war da. Das ist – zumal 75 Jahre nach der berüchtigten Mordaktion im Klinkerwerk im Sommer 1942 – mehr als peinlich für eine Bewegung, die ihren Daseinszweck immer wieder mit den Schrecken der NS-Verfolgung von Homosexuellen rechtfertigt und sich selbst gern damit schmückt, das Gedenken an die Opfer der Nazis hochzuhalten. Aber es ist natürlich nicht glamourös, sich zwei Stunden lang die Leidensgeschichten und die Namen der Ermordeten anzuhören. Man kommt nicht in die Presse damit, es gibt keine schönen Bilder mit prominenten Leuten. Es gibt nur Trauer und Gedenken.

- w -

Die Opfer hatten keine Chance auf Rehabilitierung

Ich dachte immer, Erinnerung an die Nazi-Verbrechen (und an die Nazi-Verbrecher) meint genau diese Leute, die nie die Chance auf eine Rehabilitierung oder gar eine Entschädigung hatten. Sie hatten ja nicht einmal eine Chance zu leben. Aber so genau will das wohl keiner wissen.

Wo waren die vielen Berufsschwulen und ihre Organisationen, die immer so beredt die aktuelle Homophobie bekämpfen und dabei nie versäumen, auf die Verfolgungsgeschichte und die Opfer der Nazis hinzuweisen? Diesen Termin am Gedenkort Klinkerwerk nicht auf der Agenda gehabt zu haben, ist schändlich.

Ralf Dose ist Geschäftsführer der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft.

-w-

#1 Homonklin44
  • 11.09.2017, 09:05hTauroa Point
  • Wer die Berufsschwulen sind, weiß ich ja nicht. Aber vielleicht liegt das an einem allgemeingesellschaftlichen Trend, und ein bisschen daran, dass die "Community" eine Art Phantom oder Phänomen ist, dessen Schwarmverhalten nur funktioniert, wenn es Gelegenheiten zur Unterhaltung gibt.
    Der allgemeingesellschaftliche Trend geht schon lange in Richtung Überpositivierung, das 'Negative' vermeiden, Geschichte unter einem Schlussstrich ruhen zu lassen und die rosabunte Brille mit Nachdruck zu tragen.
    Darunter werden dann gern die Dinge verborgen, an die man lieber nicht (mehr) denkt.

    Etliche Menschen haben ein unbalanciertes Verhältnis zu Trauer und zur unbequemen Wirklichkeit. Es wird ihnen in der heutigen Zeit so anerzogen. Alles Traurige gehört zum Psychologen, in Kliniken oder auf den Friedhof. Zu lange oder zu doll Trauer zu leben, gilt als Zeichen für Korrekturbedarf, als ungesunde Sache.

    Anderes Thema, aber sowas ist mir immer an Gayforen aufgefallen, wenn ein Thema über HIV/Aids eingestellt wurde. Da sind dann von den üblichen 20-30 Diskutant*innen vielleicht 2-5 erschienen.
    Vielleicht ist das mit geschichtlich relevanten Terminen so ähnlich. Oder aber die LGBTIQ-Schwarmlogistik funktioniert nur, wenn es auch was zu lachen gibt. Anstand ist letztlich doch eher "out".

    Trauer auf Kommando funktioniert allerdings auch nicht. Wie viele Menschen mögen nach 75 Jahren noch da sein, die eine innige, persönlich betroffene Verbindung zu den Ermordeten spüren? Ihre Verwandten, deren Nachkommen evtl... und dann lässt sich das spärliche Auftreten dort mit dem Besuch vergleichen, den betagte Menschen in Altersheimen erhalten. Nit wenige warten dort vergebens auf das Erscheinen der erwachsenen Kinder und Enkel.

    Gedanken aus dem Abseits.
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