US-Justizminister Jeff Sessions hat am Freitag ein vage formuliertes wie weit reichendes Memo an Mitarbeiter und Behörden veröffentlicht, wie die Regierung Fragen "religiöser Freiheiten" einschätzt und in Zukunft verfolgen will. In der lange angekündigten Vorlage betont Sessions zunächst, dass sich sowohl Privatpersonen als auch Kirchen und teilweise auch Organisationen und Firmen auf die Religionsfreiheit berufen könnten.
Religiöse Arbeitgeber sollten demnach das Recht haben, nur Menschen einzustellen, die mit ihrem Glauben konform gehen. Auch dürften Aufträge, Kredite oder sonstige staatliche Leistungen an religiöse Organisationen keine Vorgabe zu deren Verhalten machen.
Wer aufgrund seines Glaubens andere diskriminieren wolle, müsse dies nun auch nicht mehr ausführlich begründen, schreibt die "New York Times": "Unter den neuen Richtlinien würde die Behauptung, dass religiöse Freiheiten verletzt werden, ausreichen, um Bedenken über die Menschenrechte von LGBT-Menschen und Antidiskriminierungsreglungen für Frauen und andere Personengruppen zu überstimmen."
Sessions schafft damit quasi die "Lizenz zum Diskriminieren", die LGBTI-Aktivisten seit Monaten befürchtet hatten und Fortschritte aus den Obama-Jahren in Frage stellen. Die Regelung schütze das Recht, "im Einklang mit den eigenen Überzeugungen bestimmte Handlungen durchzuführen oder zu unterlassen", heißt es in dem Memo. "Von engen Ausnahmen abgesehen sollte niemand gezwungen sein zu wählen, ob er seinen Glauben ausüben oder das Gesetz einhalten will."
Am Freitag erließ die US-Regierung zugleich eine neue Richtlinie, die es Firmen und Krankenkassen vereinfacht, die Übernahme von Kosten von Verhütungsmitteln wie Anti-Baby-Pillen aus religiösen oder "moralischen" Gründen abzulehnen. Bereits im Mai hatte Trump beim "Nationalen Tag des Gebets" eine Anordnung zur "Religionsfreiheit" vorgestellt, die Kirchen mehr Steuerfreiheiten bringt und es ihnen ermöglicht, sich politisch zu äußern (queer.de berichtete).
Bundesregierung lässt queere Amerikaner im Stich
Noch ist unklar, wie sich das Memo von Sessions auswirken wird. Sprecher des Justizministeriums sagten gegenüber Medien, dass es sich nicht um neue Regelungen und auch nicht um Diskriminierung handle, sondern um Einschätzungen zu geltendem Recht. So bleibe auch eine Anordnung von Präsident Obama aus dem Jahr 2014 in Kraft, die eine Auftragsvergabe mit Bundesmitteln verbietet, wenn der Empfänger Menschen aufgrund der sexuellen Orientierung diskriminiert.
Allerdings bewertet die Trump-Regierung seit Monaten um, was Diskriminierung ist: Erst vor wenigen Tagen hatte Sessions die rechtliche Auffassung des Justizministeriums aus Obama-Zeiten, dass eine Passage gegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im 1964 beschlossenen "Civil Rights Act" auch Diskriminierung gegen Transpersonen umfasse, öffentlich revidiert. Wenige Tage war zuvor bekannt geworden, dass die Regierung die gleiche Passage auch nicht mehr als Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung auffasst – ein Anwalt des Justizministeriums hatte vor einem Bundesberufungsgericht in New York argumentiert, dass Arbeitgeber nach Bundesrecht Homosexuelle diskriminieren dürften (queer.de berichtete).
Die neuen Auffassungen haben zunächst vor allem Auswirkungen auf Stellungnahmen des Justizministeriums zu aktuellen Fällen vor Gericht – und könnten so aber langfristig die Rechtsprechung beeinflussen. Wie auch das gesellschaftliche Klima: Im Februar hatte sich die neue US-Regierung bereits geweigert, transsexuelle Schüler vor diskriminierenden Richtlinien durch Anwendung von Bundesrecht zu schützen (queer.de berichtete).
In den einzelnen Bundestaaten ist die Lage unübersichtlich: Bislang gibt es nur in der Hälfte von ihnen regionale Antidiskriminierungsgesetze, die ausdrücklich sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität umfassen. Dazu gesellen sich unterschiedliche Gesetzgebungen zu "religiösen Freiheiten", unterschiedliche Auffassungen in der Rechtsprechung und politisierte und hoch emotionale Streitigkeiten um die Nutzung von Toiletten durch Transpersonen, um Ausnahmen für christliche Konditoren vom Backen für Hochzeitstorten für schwule und lesbische Paare – oder für Standesbeamte, die die Paare nicht trauen wollen.
"Zynische Agenda"
Die neue Haltung der US-Regierung könnte diese Konflikte verschärfen und mehr Diskriminierung ermöglichen. "Donald Trump und Mike Pence haben gezeigt, dass sie sich beim Zielen auf die LGBTQ-Community nicht aufhalten lassen werden, und ziehen unsere Nation zurück in die Vergangenheit", kritisierte Chad Griffin von der Human Rights Campaign am Freitag.
Das Memo von Sessions sei ein weiterer Bestandteil von "Trumps zynischer und hasserfüllten Agenda" und ermögliche eine "systematische, Regierungs-weite Diskriminierung, die einen verheerenden Einfluss auf LGBTQ-Menschen und ihre Familien" haben werde. "Wir werden die Regierung bei jedem dieser Schritte bekämpfen", so Griffin. Nun sei etwa möglich, dass Organisationen staatlich gefördert werden, die sich weigern, Pflege- oder Adoptivkinder an homosexuelle Paare zu vermitteln, oder dass Bundesbeamte ohne Sorge vor Konsequenzen ablehnen könnten, bestimmte Dokumente für schwule und lesbische Ehepaare auszustellen.
Sarah Kate Ellis von der Organisation GLAAD kritisierte, das Memo zeige, dass queere Menschen für die Trump-Regierung Menschen zweiter Klasse seien. Religionsfreiheit dürfe nicht zur Abwertung anderer Menschen führen, ihnen Schaden zufügen oder sie diskriminieren.
Abseits der juristischen Fragen hatte die Trump-Regierung in den letzten Wochen auch damit Schlagzeilen gemacht, dass sie gegen eine Verurteilung der Todesstrafe für Homosexualität im UN-Menschenrechtsrat stimmte (queer.de berichtete). Auch sollen auf Anordnung Trumps Transpersonen aus dem Militär verbannt werden (queer.de berichtete). (nb)
Ich kann nur hoffen, dass die USA diese harte Lektion lernt und nie wieder so ein Fanatiker als Präsident zur Wahl stellt, und auch: dass dieses merkwürdige ''College Election'' entweder verbessert-, oder gleich ganz abgeschafft wird.
Von einer Amerikanerin erhielt ich nämlich die Information, dass Clinton die Wahl bei der üblichen Wahl gewonnen hatte. Nur dieses komische ''College Election,'' das kein Mensch braucht, führte dazu, dass es ein anderes Ergebnis gab und Trump Präsident wurde.
Bitte, USA, tut der Welt und euch selbst den Gefallen und knüpft nach vier Jahren bitte, bitte, an die guten Taten von Obama an. Und wählt bitte einen demokratischen Präsident, der euch vorwärts bringt und euch nicht zurück wirft.