Für Johnny (l., Josh O'Connor) bietet die Begegnung mit Gheorghe (Alec Secareanu) neue Perspektiven (Bild: Edition Salzgeber)
Es dauert etwas, bis man warm wird mit diesem Langfilm-Debüt des Engländers Francis Lee: Die Hauptrolle, der 24-jährige Schafzüchter Johnny (Josh O'Connor), trinkt viel und redet wenig, lässt Sexpartner kalt abblitzen, wenn die es wagen, auch noch ein Date zu wollen, und neigt wie der Rest der Umgebung zu Rassismus.
Auch seine Familie, der kranke und maulende Vater (Ian Hart) und die stoische Großmutter (Gemma Jones), wirken zunächst kauzig und wenig sympathisch – alles wird dargeboten im trockensten Yorkshire-Dialekt, der in seiner Härte ebenso aus der Zeit gefallen scheint wie die Nähe abweisende Wortkargheit der Protagonisten (die Originalfassung, ggf. mit deutschen Untertiteln, lohnt sich für diese zusätzliche Dimension des Films). "God's Own Country" fängt gelegentlich die schöne wie einsame Hügellandschaft der Dales ein, verweigert sich aber zunächst jeglicher Romantisierung des Farmlebens – wer keine toten Tiere oder ihre Innereien sehen will, sollte das Kino meiden.
Johnny, der seine Emotionen in harte Arbeit und gelegentliche Wutausbrüche fließen lässt, wirkt unglücklich über sein Leben, über die Last auf der Schulter, die Farm weiterzuführen – vor allem im Wissen, dass für das traditionelle Gewerbe schwere Zeiten begonnen haben und dass diese noch schlimmer werden. Er sei mal nett und witzig gewesen, bemerkt eine ehemalige Schulfreundin bei einem Zufallstreffen zu einer offensichtlichen Entwicklung ins Negative – er beklagt, wie die ehemaligen Freunde ins Uni-Leben in die Städte flüchteten, während ihm die Kühe im Stall keine Zeit für Ausflüge ins Partyleben der nicht mal weit entfernten Städte ließen.
Eine Liebe, die Zuversicht gibt
Dann kommt der Aufbruch für Johnny, in Gestalt des gleichaltrigen rumänischen Gastarbeiters Gheorghe (Alec Secareanu) – der einzige, der sich um den Job bemüht hatte. Er wird von der Familie etwas hilflos, von Johnny bisweilen ablehnend in Empfang genommen, ergänzt diese zugleich mit zusätzlicher Schweigsamkeit, die hier auch auf der Fremdsprachigkeit beruht.
Doch Gheorghe ist sensibler und geht Probleme anders an, kümmert sich zur größten Verwunderung Johnnys liebevoll um ein schwächelndes Lamm. Und er ist doch "männlich": Als Johnny ihn erneut "Gypsy" nennt, prügelt er sich mit ihm – hier, bei einem mehrtägigen Ausflug an die Grenze des Farmareals, beginnt zugleich ihre Anziehung zueinander.
Die folgende Annäherung der beiden Männer ist zunächst rau und sehr körperlich – und erinnert teilweise bewusst an "Brokeback Mountain". Die ansonsten oft distanzierte und kühle Kamera fängt dabei bemerkenswerte Bilder von Begehren und Dominanz, später von Verletzlichkeit und Zärtlichkeit, von für Johnny überraschender Geborgenheit ein. Und diese geht über das Körperliche hinaus: Gheorghe, der in seiner Heimat das Scheitern von Landwirtschaftsbetrieben erlebt hat, hat Ideen für Reformen, die Johnny überzeugen, ihm Zuversicht geben.
Doch wird der Gastarbeiter zurück in die Heimat gehen, erst Recht nach einem Bruch der fragilen Beziehung nach einer angetrunkenen Episode Johnnys? Wird dieser um die ungewohnte Liebe kämpfen wollen? Wie wird der stolze Vater auf Wünsche nach Erneuerung und auf die offensichtliche und doch nicht thematisierte Romanze reagieren? Der Film bleibt sich in seiner Wortkargheit treu, um berührende Schlussmomente zu setzen.
Mehrfach ausgezeichnetes Debüt
"God's Own County", mit einem Mini-Budget von rund einer Million britischen Pfund gedreht, hatte seine Weltpremiere beim Sundance-Filmfestival, wo der Film mit dem Regiepreis ausgezeichnet wurde. Es folgten zahlreiche weitere Festivalauftritte und Auszeichnungen, u.a. im Panorama der Berlinale (Preis der "Männer"-Leserjury), dem Edinburgh Film Festival (Preis für den Besten Britischen Film) und dem Frameline Film Festival in San Francisco (Publikumspreis). Francis Lee hatte sich zuvor bereits in Kurzfilmen mit dem Leben auf dem Land befasst, er selbst wuchs auf einer Farm in den Pennine Hills an der Grenze zwischen York- und Lancashire auf.
Hauptdarsteller Josh O'Connor ist nach der Lehre an der Bristol Old Vic Theatre School und einem Spielfilmdebüt in "The Riot Club" in seiner Heimat kein Unbekannter: In der populären TV-Serie "The Durrells" spielt er etwa einen jungen Schriftsteller, der im Kontrast zu dieser Filmrolle auch lächeln und ironisch sein kann. Alec Secareanu (Gheorghe Ionescu) hat an der Rumänischen Hochschule für Theater und Film in Bukarest studiert und trat in diversen rumänischen Theater-, TV- und Kinoproduktionen auf. Sein internationales Debüt dürfte auch inhaltlich in der Heimat auf Interesse stoßen.
In Deutschland ist der Film, teilweise in Originalfassung mit Untertiteln, in den nächsten Wochen zunächst in mehreren Städten als Preview im Rahmen der Queerfilmnacht zu sehen, bei mehreren queeren Filmfestivals sowie in NRW in der regulären homochrom-Reihe. Der reguläre deutsche Kinostart ist am 26. Oktober.
Infos zum Film
God's Own Country. Spielfilm, Großbritannien 2017. Buch und Regie: Francis Lee. Darsteller: Josh O'Connor, Gemma Jones, Ian Hart, Alec Secareanu. Laufzeit: 104 Minuten. Sprache: englische Originalfassung mit Untertiteln sowie deutsche Synchronfassung. FSK 12. Verleih: Edition Salzgeber. Kinostart: 26. Oktober 2017. Zuvor bereits in der Queerfilmnacht zu sehen.
Man bezeichnet so etwas als bukolische Dichtung, das einzelne Werk selber als Ekloge.
de.wikipedia.org/wiki/Bukolische_Dichtung
de.wikipedia.org/wiki/Ekloge
Ausgehend von den Werken des Theokrit, Moschos und Bion (die Werke lassen sich leider nicht ganz scharf abgrenzen, die Autorenschaft mancher dieser Werke ist auch umstritten) fand diese literarische Gattung ihren Weg nach Rom, Vergils Bucolica und Hirtengedichte sind heute die bekanntesten Vertreter dieser Gattung. Auch sehr bekannte Werke der Spätantike wie Daphnis und Chloe des Longos fallen in diese Gattung.
Es ist wichtig zu wissen, das die Dichtungen dieser Gattung explizit sexuelle (selbstverständlich auch homosexuelle) Themen beinhalten und ältere Übersetzungen diesen Umstand zumeist bewusst unterschlagen.