Nur vier Prozent der Menschen in Nordrhein-Westfalen haben etwas gegen homosexuelle Nachbarn. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Umfrage im Auftrag des WDR. Acht Prozent der Befragten gaben an, nicht neben Muslimen wohnen zu wollen – ein ebenfalls überraschend tolerantes Ergebnis.
Nur drei Gruppen schlägt laut der WDR-Umfrage eine mehrheitliche Ablehnung im Veedel entgegen: So wollen 59 Prozent keine politischen Extremisten als Nachbarn und 54 Prozent keine religiösen Fanatiker. An dritter Stelle der Unbeliebtheit landen Drogenabhängige mit 52 Prozent.
1991 waren noch 36 Prozent gegen homosexuelle Nachbarn
Interessantes Detailergebnis: Die Ablehnung gegen lesbische und schwule Nachbarn ist bei Menschen, die mit Kindern zusammenleben, mit fünf Prozent nur unwesentlich höher als bei den Befragten in reinen Erwachsenenhaushalten. Extremisten und Suchtkranke werden von Eltern dagegen besonders stark abgelehnt.
Laut Allensbach-Statistik hat die Homophobie im Wohnumfeld in den vergangenen Jahren stark abgenommen. So wollten 1991 noch 36 Prozent nicht neben Homosexuellen wohnen, 2013 waren es 13 Prozent. Eine niedersächsische Studie kam allerdings 2015 zu dem Ergebnis, dass nur jeder Zweite homosexuelle Nachbarn angenehm findet (queer.de berichtete).
"Vielleicht sind die Menschen in NRW besonders tolerant", kommentierte der Soziologe Sebastian Kurtenbach von der Universität Bielefeld das Umfrageergebnis gegenüber dem WDR. In dem urban geprägten Bundesland gehörten Kontakte zu Personen unterschiedlicher Herkunft, Religion und sexueller Orientierung zum Alltag. Möglich sei aber auch, dass sich die Befragten nicht getraut hätten, ihre Ablehnung offen auszusprechen. Experten sprechen in solchen Fällen von "sozialer Erwünschtheit". (cw)
Lt. WDR-Angabe haben 4% der Erwachsenenhaushalte nichts gegen homosexuelle Nachbarn. Der Unterschied zwischen 4% und 5% beträgt allerdings 25%. In Haushalten mit Kindern werden also Homosexuelle 25% stärker abgelehnt als in Erwachsenenhaushalten. Das finde ich nicht grade "nur unwesentlich höher".
Im Übrigen finde ich 8% Ablehnung von Muslimen als Nachbarn (also Muslimen an sich; nicht etwa "Islamisten"; oder "alleinstehende arbeitslose junge Männer aus arabischen Ländern" etc.) auch nicht "überraschend tolerant", sondern eher überraschend hoch. Grade in einem Land wie NRW, wo viele Muslime wohnen und seit Langem zum Alltag gehören.)
Der Merksatz lautet also: Traue niemals einer Statistik, die du nicht selbst interpretiert hast!
Interessant ist auch die Zusammenfassung des WDR: "Die Befragten, in deren Haushalt Kinder unter 18 Jahren leben, zeigen eine insgesamt höhere Ablehnung von potenziellen Nachbarn."
Haben die Befragten mit Kindern alle die FAZ abonniert? :-)
(Presserat rügt homophoben FAZ-Artikel ->
www.queer.de/detail.php?article_id=29699
)