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Zunehmende Repression
Tansania: Erneut Festnahmen bei Razzia gegen Schwule
Die Polizei nahm in Daressalam zwölf Personen fest, weil sie Homosexualität "beworben" hätten.

Victor / flickr) Symbolbild. In Tansania werden immer häufiger Menschen wegen angeblicher Homosexualität festgenommen. Zu Verurteilungen kam es bislang aber offenbar nicht. (Bild:
- 19. Oktober 2017, 20:06h 3 Min.
In Tansania ist es erneut zur Festnahme von mutmaßlichen schwulen Männern gekommen, diesmal in einem Hotel in der größten Stadt Daressalam. Polizeichef Lazaro Mambosasa sagte am Mittwoch bei seiner wöchentlichen Pressekonferenz: "Wir haben die Kriminellen im Hotel Peacock verhaftet – sie haben Homosexualität beworben."
Bei den Männern handele es sich um neun Tansanier, zwei Südafrikaner und um einen Mann aus Uganda. "Das Recht Tansanias verbietet diesen Akt zwischen Personen des gleichen Geschlechts", so Mambosasa. Er forderte Bürger auf, entsprechende Aktivitäten zu melden, "damit wir schnell handeln können". Festgenommen wurde auch der Manager des Hotels, weil er durch Zurverfügungstellung eines Raumes "Beihilfe" geleistet habe. Die Männer sollen nach den Ermittlungen vor Gericht gebracht werden, so der Polizeichef.
Einigen Berichten zufolge soll in dem Hotel ein Workshop einer Aids-Organisation stattgefunden haben und unter den Festgenommenen auch Frauen sein. Bereits im September war es auf der halbautonomen Insel Sansibar zur Festnahme von 20 Menschen gekommen (queer.de berichtete), die in einem Hotel an einem HIV-Aufklärungs-Workshop teilgenommen hatten. Ihnen wurde die Beteiligung an homosexuellen Handlungen vorgeworfen. Sie befinden sich derzeit gegen Kaution auf freien Fuß.
In der Stadt Daressalam, aus der nun die neueste Razzia gemeldet wurde, leben etwa 4,36 Millionen Menschen. Sie beherbergt die Regierung und ist lutherischer und römisch-katholischer Bischofssitz – und seit 2010 Partnerstadt von Hamburg.
Verstärkte Einschüchterungen
Homosexuelle Handlungen unter Männern sind in Tansania seit deutscher und später britischer Kolonialzeit verboten und können mit bis zu 30 Jahren Haft oder gar lebenslänglich belegt werden. In der überwiegend muslimischen Region Sansibar gilt ein zusätzliches eigenes Verbot mit bis zu 25 Jahren Haft für Männer und fünf Jahren Haft für Frauen. Das Strafmaß wurde zuletzt 2004 verschärft, auf Druck islamistischer Gruppen. Dennoch galt die Lage in den letzten Jahren als entspannter als im benachbarten Uganda, auch wurden keine Berichte bekannt, dass Menschen wegen ihrer Homosexualität eine Strafe absitzen mussten.
Allerdings gab es bereits im letzten Jahr an verschiedenen Orten mehrfach Razzien mit Festnahmen, im Frühjahr mussten sich zwölf Männer in Sansibar sogar einer Anal-Untersuchung unterziehen. Dazu gesellen sich Einschüchterungen und Erpressungen durch die Polizei, die schwule Männer und Transpersonen betreffen.
Die Regierung des Landes, dessen 53,5 Millionen Einwohnern sich auf Christen, Muslime und Anhänger von Naturreligionen verteilen und Umfragen zufolge zu 95 Prozent Homosexualität ablehnen, hatte in den letzten Jahren ihre Rhetorik gegen Homosexuelle verschärft. Vize-Gesundheitsminister Hamisi Kigwangalla drohte im Frühjar etwa mit einer Liste mit Namen von männlichen Sexarbeitern, die er öffentlich machen wolle. Homosexualität sei "unnatürlich" und er werde das "Homosexualitäts-Syndikat" mit Verhaftungen bekämpfen (queer.de berichtete).
Wegen der angeblichen Förderung von Homosexualität wurde 40 von NGOs betriebene Gesundheitszentren die Auflage gemacht, keine Dienstleistungen für HIV-Positive und keine HIV-Tests mehr anzubieten. Gesundheitsministerin Ummy Mwalimu hatte im letzten Jahr ein Verkaufs- und Einfuhrverbot für Gleitmittel verhängt (queer.de berichtete). (nb)

Einst verpatzte Agrarfeform und Hunger durch sozialistisches Experiment, jetzt islamo-evangelikale Verfolgung.