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Nach homophoben Übergriffen

Flughafen München: Schwule Jamaikaner beantragen Asyl

Bei einem Zwischenstopp suchten zwei 22 und 23 Jahre alte Männer Schutz vor Verfolgung in ihrem Heimatland. Einer zeigte den Beamten seine Narben.


Einreisekontrolle am Flughafen: Oft tragen die Bundespolizisten auffällige Warnwesen (Bild: Bundespolizei)

  • 21. Oktober 2017, 05:50h 25 3 Min.

Am Flughafen München haben zwei junge Jamaikaner am Donnerstag einen Asylantrag gestellt. Wie die Bundespolizei mitteilte, kamen der 22- und der 23-Jährige mit einem Flug aus Punta Cana in der Dominikanischen Republik und sollten laut ihren Tickets eigentlich über Istanbul nach Johannesburg weiterfliegen. Direkt nach der Landung wandten sie sich jedoch an die deutschen Behörden.

Die beiden Jamaikaner gaben an, in ihrem Heimatland wegen ihrer Homosexualität verfolgt zu werden und um ihr Leben fürchten zu müssen. Als schwule Männer seien sie nicht nur verbalen, sondern auch körperlichen Angriffen ausgesetzt. Als Beleg hatten sie Krankenakten dabei. Der 22-Jährige zeigte den Beamten zudem Narben, die von homophoben Übergriffen stammen sollen. Der Ältere gab an, seinen Job als Automechaniker verloren zu haben, nachdem sein Chef von seiner Homosexualität erfahren habe.

Die beiden Flüchtlinge suchen nach eigenen Angaben in der Bundesrepublik Schutz, um sich endlich sicher fühlen und ihr eigenes Leben leben zu können. Sobald sich die Lage für Lesben und Schwule in Jamaika verbessere, würden sie zurückkehren.

Die Münchner Bundespolizei leitete die Jamaikaner am Donnerstagabend an die städtische Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge weiter. Dort werden sich die zuständigen Mitarbeiter um die jungen Männer und ihre Asylanträge kümmern.

Hassgewalt in Jamaika an der Tagesordnung

Auf Jamaika gibt es eine extrem homo- und transphobe Stimmung in der Bevölkerung: Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2014 befürworten 91 Prozent der Einwohner die staatliche Verfolgung von Homosexuellen (queer.de berichtete). Der aus britischer Kolonialzeit stammende Unzuchtsparagraf sieht bis zu zehn Jahre Haft mit Zwangsarbeit für Sex zwischen Männern vor.

Auch wenn es seit 2005 keine Verurteilung mehr nach diesem Paragrafen gab, hat er weitreichende Auswirkungen. So wird er von LGBTI-Aktivisten verantwortlich gemacht für eine Welle der Hassgewalt gegen homosexuelle Männer und transsexuelle Frauen, die von der Polizei kaum verfolgt wird. Stattdessen wurden Opfer bei der Anzeige eines solchen Vorfalls mit dem Gesetz von Polizisten erpresst. Auch mehrere Fälle von Lynchmorden ereigneten sich in den letzten Jahren in dem karibischen Inselstaat (queer.de berichtete).

Nicht zuletzt in der Reggae-Musik gehört Homophobie zum guten Ton – so vergleicht der international erfolgreiche jamaikanische Interpret Sizzla Homosexualität seit Jahren mit Kindesmissbrauch und ruft in seinen Liedern zur Ermordung von Schwulen auf (queer.de berichtete).

Der Bundesregierung ist die Situation bekannt. In den Reise- und Sicherheitshinweisen des Auswärtiges Amtes heißt es zu Jamaika: "Ein großer Teil der Bevölkerung ist Homosexuellen gegenüber feindlich eingestellt. Es ist eine steigende Zahl gewalttätiger Übergriffe gegen Homosexuelle und Transsexuelle zu verzeichnen." (cw)

#1 StretchingmasterProfil
  • 21.10.2017, 09:42hEssen / Holsterhausen
  • Aber so wie ich unsere Bundeseregierung kenne werden die beiden ganz schnell wieder nach Hause geschickt mit dem Satz: Na dann behaltet eben eure Homosexualität für euch. Versteckt euch. Dann passiert euch auch nichts.

    Ich möchte wetten...
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#2 PeerAnonym
  • 21.10.2017, 10:11h
  • Hassgewalt aufgrund der sexuellen Orientierung (oder auch Trans- und Intersexualität) sollte generell als Asylgrund anerkannt werden.

    Und sog. "sichere Herkunftsstaaten" für Heterosexuelle, müssen noch lange nicht sicher für LGBTI sein.

    Da werden wir den kommenden Regierunsparteien ganz genau auf die Finger gucken und natürlich auch kommende Wahlentscheidungen davon abhängig machen...
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#3 Stimme der VernunftAnonym
  • 21.10.2017, 10:44h
  • Antwort auf #1 von Stretchingmaster
  • Laut den juristischen Hinweisen des LSVD wäre eine solche Argumentation rechtlich nicht (mehr) tragfähig.

    Der EuGH hat am 7.11.2013 geurteilt: "Bei der Prüfung eines Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft können die zuständigen Behörden von dem Asylbewerber nicht erwarten, dass er seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält oder Zurückhaltung beim Ausleben seiner sexuellen Ausrichtung übt, um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden."

    Der Knackpunkt dürfte eher die Frage sein, ob bzw. inwieweit die erlittenen Misshandlungen der Asylantragsteller ihrem Heimatstaat Jamaica zuzurechnen sind - sie also eine politische Verfolgung im Sinne des Asylrechts darstellen.

    Denn hierfür muss es sich (vgl. BVerfG vom 10.07.1989) um gezielte staatliche oder jedenfalls dem Staat zurechenbare Rechtsverletzungen handeln, die den Asylantragsteller ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen und die ihn landesweit in eine ausweglose Lage versetzen, so dass es ihm nicht zumutbar ist, nach dorthin zurückzukehren.

    Ob dies zutrifft, wird - wie in jedem Asylverfahren - anhand der vom Asylantragsteller vorgetragenen Tatsachen im Einzelfall geklärt. Ausschlaggebend dürfte hier wohl vor allem das Verhalten der jamaikanischen Polizei sein.

    Der LSVD stellt in seinem Web-Auftritt die rechtlich relevanten Aspekte informativ dar:

    www.lsvd.de/recht/ratgeber/asylrecht/asylrecht-fuer-lesben-u
    nd-schwule.html#c10992
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