Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat die Patenschaft für die Stolpersteine übernommen, die an Ernst und Leo Salomon erinnern (Bild: Beat von Stein 3 / wikipedia)
Premiere in Trier: Erstmals werden am 6. November in der drittgrößten Stadt von Rheinland-Pfalz zwei Stolpersteine für zwei Männer verlegt, die in der Nazi-Zeit als Homosexuelle verfolgt wurden. Wie die Organisation Rosa Strippe am Mittwoch mitteilte, hat Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) die Patenschaft für die beiden Stolpersteine übernommen.
Die Steine sollen künftig in der Hohenzollernstraße 13 an den letzten Wohnort der eineiigen Zwillinge Ernst und Leo Salomon erinnern. Beide waren schwul und entstammten einer alteingesessenen jüdischen Kaufmannsfamilie. Geboren wurden sie am 3. Oktober 1894 in Trier und wuchsen dort auch auf. Beide waren Kriegsfreiwillige im ersten Weltkrieg, wurden später Kaufleute und traten 1927 in leitender Funktion in den väterlichen Betrieb ein, die mechanische Kleiderfabrik J. Schloss Söhne in Trier.
1935 wegen homosexuellen Kontakten verhaftet
Am 28. August 1935 wurden beide in Saarbrücken wegen des Vorwurfes homosexueller Kontakte verhaftet und in Untersuchungshaft nach Trier gebracht. Das Landgericht Trier verurteilte sie im April 1936 zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis wegen sogenannter "widernatürlicher Unzucht". Im selben Verfahren wurden auch zwei Jugendliche zu Freiheitsstrafen verurteilt.
Mehrere Jahre lang hatten Ernst und Leo gegen Geld und kleinere Geschenke mit Jugendlichen, die oft wiederkamen, einvernehmliche sexuelle Handlungen gehabt. Wie das abgelaufen war, machte das Gericht bei der Ablehnung der für Ernst von der Staatsanwaltschaft beantragten Sicherungsverwahrung deutlich: "Dazu kommt, dass in sehr vielen Fällen Jugendliche dem Angeklagten Salomon sich geradezu aufgedrängt haben, um auf diese Weise sich Taschengeld, Zigaretten usw. zu verdienen."
Die Strafen waren außergewöhnlich hart. Das Gericht meinte: "Bei der Strafzumessung war zu berücksichtigen, dass die Angeklagten Salomon wegen ihrer Veranlagung eine große Gefahr für die heranwachsende Jugend in Trier bedeuteten und dass derartigen Straftaten, die insbesondere im Trierer Gerichtsbezirk ständig zugenommen haben, nur durch empfindliche Strafen begegnet werden kann."
Später erhielten die Brüder noch weitere Strafen wegen Beleidigung und dem angeblich betrügerischen Bankrott der Kleiderfabrik. Dadurch steigerte sich ihre Strafe auf knapp sieben Jahre. Zwei Wochen vor Haftende starb Leo Salomon am 11. Oktober 1942 nach schlechter Behandlung und mangelhafter medizinischer Versorgung an Tuberkulose. Er war bei einer Größe von ca. 1,82 Metern auf 55 Kilo abgemagert. Ernst Salomon kam Ende November 1942 nicht in Freiheit, sondern wurde von der Polizei erneut verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Dort wurde er am 18. Februar 1943 ermordet.
Nazis führten Experimente an den Brüdern durch
Während ihrer Haft mussten die Brüder auch Experimente über sich ergehen lassen, weil die Nazis gerne Zwillingsforschung betrieben und nach den Ursachen von Homosexualität forschten. Sie waren deshalb begehrte Forschungsobjekte.
Von den Zwillingen sind keine Fotos überliefert, lediglich die Unterschriften aus dem Jahr 1936 in ihren Lebensläufen aus den Akten des Gefängnisses Wittlich sind erhalten.
Die Stolpersteine sind ein Projekt des in Köln lebenden Künstlers Gunter Demnig. Bei ihnen handelt sich um kubische Betonsteine mit einer Kantenlänge von zehn Zentimetern, auf deren Oberfläche eine beschrifteten Messingplatte angebracht wird. Auf dieser befindet sich der Name eines Menschen, der im Nationalsozialismus ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Selbstmord getrieben wurde. Seit 1992 sind bereits mehr als 60.000 Steine in Deutschland und in 21 weiteren europäischen Ländern verlegt worden. (pm/cw)
Mit dem Genozid an den Jüdinnen und Juden Europas hat Deutschland Selbstmord begangen.
Gut, dass an die Opfer jetzt erinnert wird.