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Berlin

Querverlag und Männerschwarm boykottieren Messe "Queeres Verlegen"

Weil das Buch "Beißreflexe" nicht präsentiert werden darf, sagten die beiden wichtigsten deutschen LGBTI-Verlage ihre Teilnahme ab. Auch die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld interveniert.


Eindrücke von "Queeres Verlegen" aus dem Vorjahr: "Buchstände, Lesungen und Gesprächsrunden werden von einem Kollektiv inhaltlich ausgewählt und programmatisch verantwortet" (Bild: Queeres Verlegen)
  • 1. November 2017, 08:55h 73 3 Min.

Manche Dinge sind nur in Berlin möglich: Am 18. November findet in der Hauptstadt zum dritten Mal die Veranstaltung "Queeres Verlegen – Feministische Buchmesse queerer Verlage und Akteur_innen" statt – doch ausgerechnet das erfolgreichste LGBTI-Buch des Jahres darf dort nicht gezeigt werden. Das Veranstalterkollektiv hat den von Patsy l'Amour laLove im Frühjahr herausgegebenen und seitdem kontrovers diskutierten Sammelband "Beißreflexe. Kritik an queerem Aktivismus, autoritären Sehnsüchten, Sprechverboten" von der Messe verbannt.

"Dieses Buch, das schon so große Aufmerksamkeit erfährt und unsere queer-politischen, feministischen, antirassistischen und linken Kämpfe abwertet, möchten wir nicht auf der Messe haben", erklärte das Organisationsteam in einem Brief an den Querverlag, in dem "Beißreflexe" in fünfter Auflage erschienen ist. "Wir nehmen den Querverlag auch in der Breite seines Programms wahr und sehen hier den Wert der Wissensvermittlung an die politisch und verlegerisch nachfolgenden Generationen, doch schlagt ihr nun mit dem Buch repräsentationspolitischen Profit aus der weiteren Marginalisierung ebenjener Nische, für die wir uns engagieren."

Querverlag kritisiert "stalinistischen Dogmatismus"


Wurde von der Messe verbannt: Patsy l'Amour laLove Sammelband "Beißreflexe" erschien im Frühjahr im Querverlag

Querverlegerin Ilona Bubeck reagierte prompt – mit einer Absage der Messeteilnahme. "Seit 1979 arbeite ich mit feministischer, seit 1995 mit schwul-lesbischer und queer-feministischer Literatur und betreibe jedes Jahr zahlreiche Büchertische selbst. In diesen 38 Jahren wurde ich noch nie zensiert. Und auch heute lasse ich das nicht zu", schreibt sie in einem Gastbeitrag für das Stadtmagazin "Siegessäule".

Sie fühle sich an stalinistischen Dogmatismus erinnert, so Bubeck: "Was ist eine queere Buchmesse Wert, wenn Kritik, Kontroversen und das Ringen um Meinungen untereinander nicht erwünscht sind? Bedeutet Queer nicht auch einen kritischen Diskurs? Nun kommt er von linker und queerer Seite und soll zensiert werden." Die Verlegerin weiter: "Wer unbequeme Personen verdrängt und wer kritisch hinterfragende Bücher verbietet, ist für mich als lesbische Feministin keine Verbündete."

Der Hamburger Männerschwarm Verlag schloss sich am Dienstag dem Boykott an. "Männerschwarm war mit Lesungen und einer Moderation am Programm der 'queer­femi­nistischen Buchmesse' Queeres Verlegen 3 beteiligt. Aufgrund der Zensur gegenüber dem Querverlag haben wir diese Beteiligung abgesagt", erklärte der Verlag in einem Facebook-Post. "Inhaltliche Auseiandersetzung durch Anwendung von Machtmitteln zu ersetzen, erinnert ans finstere Mittelalter und darf nicht toleriert werden."

Hirschfeld-Stiftung fordert Stellungnahme

Die Bundes­stiftung Magnus Hirschfeld, die – ebenso wie die Heinrich-Böll-Stiftung, die Rosa-Luxemburg-Stiftung und die Hannchen-Mehrzweck-Stiftung die Buchmesse "Queeres Verlegen" finanziell unterstützt, forderte in einem Schreiben an das Veranstalterteam, den Auschluss des Buches "Beißreflexe" zurückzunehmen. "Wir finden die Entscheidung, ein Buch von einer Buchmesse zu verbannen, falsch, da dies in die individuelle Freiheit von Wissenschaft und Forschung stark eingreift", erklärte die Stiftung in einer Stellungnahme auf ihrer Facebookseite.

Für ihren geschäftsführenden Vorstand Jörg Litwinschuh ist der Vorfall viel mehr als eine Provinzposse aus der Hauptstadt. Gegenüber queer.de sagte er: "Meiner Meinung nach geht die Wirkung weit über Berlin hinaus, weil das Buchverbot ein Tabubruch ist." (mize)

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#1 OrthogonalfrontAnonym
  • 01.11.2017, 09:27h
  • Man muss der Fairness halber zugestehen, dass Rechtsradikale genauso handeln würden. Einfach alles verbieten, was nicht der eigenen Agenda entspricht. Die Lösung: Keine Macht den Radikalen!
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#2 PatroklosEhemaliges Profil
  • 01.11.2017, 09:29h
  • Ich finde, daß die Reaktion der beiden Verlag etwas voreilig ist. Die Teilnahme absagen nur weil bei der Messe ein Buch, das für kontroverse Diskussionen sorgt und polarisiert, nicht vorgestellt wird, ist nicht nachvollziehbar.

    Bei der Ferankfurter Buchmesse wurden in diesem Jahr die "neuen Rechten Verlage" vorgestellt:

    www.zeit.de/2017/43/neue-rechte-frankfurter-buchmesse-antaio
    s-verlag


    und keiner der Verlage, die nicht zu dem Spektrum gehören, zog sich zurück oder sagte die Teilnahme ab.
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#3 andreAnonym
  • 01.11.2017, 09:40h
  • Kritik an links-queeren Aktionismus ist eben nicht erwünscht. Das Buch wurde auch, in einem linken, queeren Buchladen, in Hamburg, nicht ausgelegt. Der Autorin wurde Gewalt angedroht, liest man in der taz in einem, in einem sehr guten, Artikel. Ansonsten finde ich, es ist eine ärmliche Aktion.

    www.taz.de/!5409774/
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