Adam Boniecki bei einem Auftritt in der Universität von Warschau
Der 83-jährige Theologe, Priester und Journalist Adam Boniecki darf künftig nicht mehr mit Vertretern der Medien sprechen, weil er sich zu positiv über LGBTI-Rechte geäußert haben soll und seine Einstellung vom Suizid nicht im Einklang mit der katholischen Lehre stünde. Das gab die römisch-katholische Ordensgemeinschaft der Marianer am Samstag bekannt.
Der in Polen sehr bekannte Ex-Chefredakteur der katholischen Wochenzeitung "Tygodnik Powszechny" habe mit seinen Äußerungen "völlige Verwirrung und Empörung" ausgelöst, begründete ein Sprecher der Ordensprovinz die Entscheidung. Einzig ausgenommen vom Medienbann des Kirchenmannes ist seine Kolumne in "Tygodnik Powszechny". Welche Aussagen Boniecki konkret zur Last gelegt werden, gab die Ordensgemeinschaft nicht bekannt.
Anlass war offenbar ein Besuch von LGBTI-Aktivisten, bei dem sich Boniecki abstrakt gegen die Ungleichbehandlung Homosexueller aussprach. Auf der Facebook-Seite der Organisation "Forum LGBT" wurden Bilder des Geistlichen veröffentlicht, in denen er ein Schild mit einem erhobenen Daumen und den Buchstaben LGBT in der Hand hält.
"Mitleid" für Homosexuelle
Dieses Bild kostete Adam Boniecki offenbar die Freiheit, mit der Presse zu sprechen (Bild: FLGBT)
"Tygodnik Powszechny" wirft auf seiner Website den LGBTI-Aktivisten vor, eine Kooperation mit Boniecki vorgetäuscht zu haben. Der Geistliche sei "Opfer einer Manipulation" geworden und habe sich im Einklang mit dem Katechismus verhalten, der die Diskriminierung von Homosexuellen ablehne.
Wörtlich heißt es in dem Dokument aus dem Jahr 1992, dass sich Gläubige davor hüten sollten, Homosexuelle "in irgend einer Weise ungerecht zurückzusetzen". Gleichzeitig wird Homosexualität mit Verweis auf die Bibel als "schlimme Abirrung" bezeichnet, die sich die Menschen aber nicht selbst aussuchen könnten. Schwulen und Lesben müsse daher mit "Achtung, Mitleid und Takt" begegnet werden.
Das "Forum LGBT" weist Manipulationsvorwürfe zurück. Boniecki sei bei dem Besuch vergangene Woche mehrfach gefragt worden, ob er sich mit dem "LGBT"-Schild ablichten lassen wolle.
Ein weiterer Kritikpunkt der Kirchenführung an Boniecki: Er hatte vergangene Woche einen Mann in Krakau beerdigt, der sich zuvor aus Protest gegen die polnische Rechtsregierung in Warschau selbst verbrannt hatte. Die Kirche warf ihm daher vor, Selbstmord zu unterstützen. Dabei habe Boniecki bei der Beerdigung laut "Tygodnik Powszechny" betont: "Ich billige keinen Suizid, aber dieser Mensch hat um Dinge gebeten, die für uns alle wichtig sind."
Boniecki ist wegen seiner teils unorthodoxen Aussagen bereits mehrfach mit den Kirchenoberen in Konflikt geraten. So wurde er 2011 gezwungen, die Leitung von "Tygodnik Powszechny" abzugeben, und erhielt im selben Jahr bereits sein erstes Interviewverbot, das aber im Sommer diesen Jahres aufgehoben wurde – die Redefreiheit sollte aber nur vier Monate anhalten.
Die katholische Kirche Polens gilt als LGBTI-feindlicher als etwa die Kirche in Deutschland. Immer wieder warnen Bischöfe vor angeblicher Homo-"Propaganda". 2014 kritisierte etwa Erzbischof Waclaw Depo, dass im Fernsehen ein Werbespot gegen Homophobie ausgestrahlt wurde – dies sei "Förderung von Homosexualität" und würde heterosexuelle Familien schwächen, so der Kirchenfürst (queer.de berichtete). (dk)