Dieter Wedel (hier bei den Münchner Medientagen 2012) hat Erfahrungen mit übergriffigen Männern gemacht
Der deutsche Regisseur und Drehbuchautor Dieter Wedel hat in einem Interview mit dem hessischen Radiosender FFH erklärt, dass ihm Regisseure und Schauspieler zum Beginn seiner Karriere ungewollte sexuelle Avancen gemacht hätten. "Auch Männer sind Übergriffen ausgesetzt", sagte der 75-Jährige und berichtete, dass er als junger Theaterschauspieler immer für schwul gehalten worden sei. "Homosexuelle Regisseure und Schauspieler haben mich mächtig unter Druck gesetzt. Aber ich habe nicht nachgegeben. Und ich bin auch nicht gebrochen worden."
Wie er damit am besten umgehen könne, habe er von einer Schauspielkollegin erfahren, deren Namen er nicht nannte. "Eine schöne Frau, eine ganz tolle Schauspielerin hat mir mal gesagt: 'Nicht immer nein sagen. Sag lieber Vielleicht. Dann sagen alle, ich muss noch ein bisschen warten, aber vielleicht klappt es. So halte ich die hin, sonst hätte ich ja nur Feinde.'"
Die Übergriffe hätten erst aufgehört, als er etwa 30 Jahre alt war und zunehmender Ruhm auch sein heterosexuelles Privatleben in die Öffentlichkeit brachte. "Da war ich schon bekannter Regisseur, da hat man auch über meine Freundin berichtet".
Wedel verteidigt Kevin Spacey
Wedel nahm in dem Interview auch Bezug zum aktuellen Fall des US-Schauspielers Kevin Spacey: "Ich halte den für einen der ganz, ganz großen Schauspieler. Und irgendwo muss das Böse natürlich herkommen." Schließlich habe er in "House of Cards" praktisch einen Verbrecher gespielt. "Es muss etwas in einem sein", so Wedel. "Das rechtfertigt auf keinen Fall diese Übergriffe, aber ich misstraue ein bisschen Schauspielern, die nach 30 Jahren plötzlich sagen 'Der hat mir an den Schritt gefasst!' Ist was abgefallen?"
Die Affäre ins Rollen gebracht hatte "Star Trek: Discovery"-Darsteller Anthony Rapp, der Spacey in einer Twitter-Botschaft beschuldigte, sich auf einer Party 1986 neben ihn betrunken auf ein Bett gelegt und dann auf ihn geklettert zu sein – Rapp war zu diesem Zeitpunkt 14 Jahre alt (queer.de berichtete). Inzwischen gibt es mehrere weitere Vorwürfe. Die Londoner Polizei ermittelt etwa nach Anzeigen von zwei Männern wegen sexueller Nötigung – Spacey leitete in London mehrere Jahre das bekannte Theater Old Vic.
Wedel bekräftigte, dass er den Motiven der Spacey-Beschuldiger, jetzt an die Öffentlichkeit zu gehen, misstraue. Zwar seien derartige Übergriffe "unangenehm" und "schrecklich" – "aber machen sie es jetzt auch, um den Ruhm von Spacey zu benutzen, um auf sich selber aufmerksam zu machen?" Der Regisseur finde "es ganz schrecklich, wenn Netflix hingeht und deswegen die Serie 'House Of Cards' abbricht." Für ihn sei das eine "Hexenjagd". (cw)