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Homophobie in Russland
Fußball-WM: Sind homosexuelle Fans sicher?
Ein russischer Fußballfunktionär spielt Sorgen herunter, dass homosexuelle Fans bei der Weltmeisterschaft im kommenden Jahr mit einem Fuß im Gefängnis stehen könnten.

Zum ersten Mal seit Jahren findet die Fußball-WM in einem offen homophoben Land statt (Bild: FIFA)
- 1. Dezember 2017, 16:24h 3 Min.
Russland hat Vorwürfe zurückgewiesen, wonach homosexuelle Fußballfans bei der Herren-Weltmeisterschaft 2018 gefährdet seien. Der frühere Nationalspieler Alexei Smertin, der unter anderem beim Londoner Spitzenclub FC Chelsea unter Vertrag gestanden hatte und heute Abgeordneter eines russischen Regionalparlaments und WM-Botschafter ist, behauptete im "Guardian", dass selbst das Zeigen von Regenbogen-Artikeln erlaubt sei.
"Es wird definitiv kein Verbot für Regenbogensymbole in Russland geben", erklärte Smertin. "Es ist ganz klar, dass man hierher kommen kann und nicht dafür bestraft wird, seine Gefühle zu zeigen." Das Homo-"Propaganda"-Gesetz sei nur zum Schutz von Minderjährigen erlassen worden. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand in eine Schule geht und für diese Art bei unseren Kindern wirbt", so Smertin.
Allerdings wurde das Homo-"Propangada"-Gesetz in Russland in den vergangenen Jahren vor allem angewandt, um freie Meinungsäußerungen und Kundgebungen von LGBTI-Aktivisten zu unterdrücken. Zudem gibt es Vermutungen, dass eine Zunahme homophober Hassverbrechen auf die Wirkung des Gesetzes zurückzuführen ist (queer.de berichtete).
FARE warnt homosexuelle Fans
Anlass der Äußerung Smertins waren Pressemeldungen zur Fanorganisation "Football Against Racism in Europe" (FARE), die vor wenigen Tagen homosexuelle Fans vor Übergriffen durch Homo-Hasser in Russland gewarnt hatte. FARE kündigte an, einen entsprechenden Verhaltens-Leitfaden zu erstellen. "Der Leitfaden wird homosexuellen Menschen raten, überall dort vorsichtig zu sein, wo die LGBT-Community nicht willkommen ist. Die selbe Message geht auch an schwarze Fans oder andere Minderheiten – ihr könnt zur WM gehen, müsst aber besonders vorsichtig sein", erklärte FARE-Chef Piara Powar. So sei es in Russland etwa für Schwule gefährlich, händchenhaltend in der Öffentlichkeit zu gehen oder offen über ihre sexuelle Orientierung zu reden.
In einer ersten Reaktion begrüßte Powar die Äußerungen von Alexei Smertin: "Er gibt eine Rückversicherung. Das ist alles, was die Leute wollen", so Powar.
Die Fußball-WM wird vom 14. Juni bis 15. Juli 2018 in elf russischen Städten veranstaltet. Insgesamt werden 32 Teams gegeneinander antreten. Die deutschen Fußballnationalmannschaft strebt an, den 2014 in Brasilien errungenen WM-Titel zu verteidigen.
Der Weltfußballverband FIFA hat bereits 2015 einen Leitfaden herausgegeben, um Diskriminierung im Sport einzudämmen – und dabei auch Homophobie ausdrücklich erwähnt (queer.de berichtete).
Während dem letzten sportlichen Großereignis in Russland, den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi, hatte das Putin-Regime hunderte Menschenrechtler, darunter viele LGBTI-Aktivisten, bei Protesten festnehmen lassen (queer.de berichtete). So wurde auch direkt vor einem Stadion die italienische LGBTI-Aktivistin Vladmir Luxuria festgenommen, weil sie eine Regenbogenflagge mitführte. Zuvor hatte Russland dem IOC versichert, dass homosexuelle Gäste und Sportler sicher seien. (dk)
