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Richterschelte in Österreich
Katholische Kirche erzürnt über Ehe-Öffnung
Verärgert hat der Chef der katholischen Bischofskonferenz auf das Ende des Ehe-Verbots für Schwule und Lesben reagiert. Auch die zukünftige Regierungspartei FPÖ ist verschnupft.

Kardinal Schönborn warnt vor düsteren Konsequenzen, wenn auch Homosexuelle einen Eheschein erhalten können
- 5. Dezember 2017, 17:18h 3 Min.
Die am Dienstagvormittag vom Verfassungsgerichtshof verkündete Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben stößt bei Gegnern der Gleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Paare auf erheblichen Widerstand. Der langjährige Chef der österreichischen Bischofskonferenz, Kardinal Christoph Schönborn aus Wien, erklärte in einer ersten Reaktion gegenüber Kathpress: "Es ist beunruhigend, dass sogar die Verfassungsrichter den Blick verloren haben für die besondere Natur der Ehe als Verbindung von Mann und Frau."
Wenn die Richter "die Einzigartigkeit und damit die juristische Sonderstellung der Ehe" verneinten, verneinten sie auch "die Wirklichkeit". Der 72-Jährige erklärte weiter, dass Höchtgericht tue "der Gesellschaft keinen Dienst und schadet letzten Endes allen – auch denen, die er schützen möchte und die es auch zu schützen gilt."
Weiter verkündete der oberste Katholik der Alpenrepublik, er hoffe weiterhin, dass das Ehe-Verbot für Schwule und Lesben wieder etabliert werden könne, da es ansonsten Konsequenzen gebe: "Ich bin zuversichtlich, dass sich langfristig die Einsicht in die Schöpfungsordnung wieder durchsetzen wird, die der Mensch nicht missachten kann, ohne Schaden zu nehmen." Welchen "Schaden" Homosexuelle mit gleichen Ehe-Rechten konkret anrichten würden, sagte er aber nicht.
Zudem verbreitete Schönborn die Legende aus rechten Kreisen, dass der Europäische Menschengerichtshof entschieden habe, dass die Ehe eine exklusive Verbindung von Mann und Frau sei. Er bezieht sich damit offenbar auf ein Urteil aus dem Jahr 2016, in dem die Richter entschieden, dass es keinen Anspruch auf eine gleichgeschlechtliche Eheschließung gebe (queer.de berichtete).
Bereits im Vorfeld der Ehe-Öffnung hatte die Bischofskonferenz in einer Erklärung davor gewarnt, dass die Gleichbehandlung von Homosexuellen im Ehe-Recht gegen das Naturrecht und die Schöpfungsordnung verstoße (queer.de berichtete).
FPÖ zickt künftigen Koalitionspartner an
Auch die rechtspopulistische FPÖ reagierte sauer auf die Gleichstellung: "Ungleiches wird gleichbehandelt", empörte sich Generalsekretär Herbert Kickl in einer Pressemitteilung. Die politische Verantwortung liege bei der Regierung der Großen Koalition, die 2009 die eingetragene Partnerschaft beschlossen hatte (queer.de berichtete). Auch den zukünftigen Koalitionspartner ÖVP, mit der die FPÖ kurz vor einer Regierungsvereinbarung steht, griff Krickl an: Die ÖVP habe sich zwar als "Verteidiger der Ehe zwischen Mann und Frau" ausgegeben, in Wahrheit hätte die Partei aber ein "doppeltes Spiel gespielt".
Die ÖVP erklärte am Nachmittag in einer Stellungnahme, man wolle der Ehe-Öffnung keine Steine in den Weg legen: "Höchstgerichtliche Urteile sind stets zu akzeptieren und nehmen wir zur Kenntnis", so ein Parteisprecher.
Teils überschwänglich begrüßt wurde die Entscheidung dagegen von SPÖ, der liberalen Partei NEOS, der linken "Liste Pilz" und den Grünen. Gleichzeitig übten Politiker dieser vier Parteien Kritik an ÖVP und FPÖ, weil sie eine politische Entscheidung zum Thema verhindert hätten. (dk)

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