Andreas Schieder, der Klubobmann (Fraktionschef) der Sozialdemokraten, drückt auf die Tube: Warum Homosexuelle ein Jahr länger diskriminieren als notwendig? (Bild: SPÖ Presse und Kommunikation / wikipedia)
Der geschäftsführende SPÖ-Fraktionschef Andreas Schieder hat angekündigt, dass seine Partei die vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) eingeforderte Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben schnell umsetzen möchte: "Die SPÖ hat bei der ersten Nationalratssitzung im November einen Antrag im Parlament eingebracht. Diesen könnten wir bald in einem Justizausschuss beraten und Ende Jänner [Januar] im Plenum beschließen", kündigte Schieder am Mittwoch an.
Der Verfassungsgerichtshof hatte die Gleichstellung veranlasst, weil Schwule und Lesben verfassungswidrig diskriminiert werden würden, wenn ihnen nur eine eingetragene Partnerschaft zur Verfügung steht. Er veranlasste daher die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben sowie die Öffnung der eingetragenen Partnerschaft für Heterosexuelle spätestens zum 1. Januar 2019. Der SPÖ-Antrag sieht vor, dass die eingetragene Partnerschaft wie auch in Deutschland ausläuft. Man sei aber dazu bereit, über diesen Thema zu verhandeln, so Schieder.
Auch aus der konservativen Volkspartei (ÖVP) des designierten Bundeskanzlers Sebastian Kurz gibt es wohlwollende Worte. So erklärte der ehemalige ÖVP-Bundespräsidentschaftskandidat Andreas Khol in der ORF-Sendung "Report", dass seine Partei für eine Öffnung der Ehe vor 2019 offen stehe. Die rechtspopulistische FPÖ hat sich allerdings noch nicht zu einer früheren Umsetzung des Urteils positioniert.
ÖVP und FPÖ, die derzeit über die Bildung einer Rechtsregierung verhandeln, erklärten übereinstimmend, dass die Öffnung der Ehe keinen Einfluss auf das Verhandlungsklima habe. Beide Parteien hatten die Gleichbehandlung von Homosexuellen im Ehe-Recht die letzten Jahre abgelehnt.
Allerdings beschuldigte die FPÖ ihren künftigen Partner, am Urteil Mitschuld zu tragen. FPÖ-Verhandlungsmitglied und Ex-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer erklärte am Mittwoch, dass die Entscheidung der ÖVP im Jahr 2009, in einer Großen Koalition die Einführung von eingetragenen Partnerschaften zu unterstützen, erst zur aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs geführt habe. "Das war keine kluge Entscheidung. Ich möchte Sebastian Kurz nicht den Schwarzen Peter zuschieben, aber die ÖVP hat eine Mitverantwortung." Forderungen aus seiner Partei, ein Ehe-Verbot für Schwule und Lesben in der Bundesverfassung zu verankern, erteilte er eine Absage: Die nötige Zweidrittelmehrheit sei laut Hofer "nicht in Sicht".
Katholische Kirche leckt die Wunden, evangelische Kirche freut sich
Auch in der katholischen Kirche scheint man sich inzwischen ein wenig mit dem Urteil abzufinden. Noch am Dienstag hatte Kardinal Christoph Schönborn, der Chef der Bischofskonferenz, über das Urteil gezürnt und vor einem "Schaden" für die Menschheit gewarnt (queer.de berichtete). Michael Landau, der Chef des katholischen Wohlfahrtverbandes Caritas, erklärte hingegen via Twitter: "Gerichte sprechen Recht. Ihr untadeliger Ruf und ihre Integrität sind in einer Demokratie von höchster Bedeutung." Der langjährige Priester gab einem Blogger Recht, dass es viele gute Gründe gebe, "gerade in fordernden Zeiten auf den #VfGH ein Bier zu trinken".
Die Kritik an der Gleichbehandlung Homosexueller überwiegt allerdings innerhalb der Kirche: So kritisierte Gerda Schaffelhofer, die Chefin der Laienbewegung Katholische Aktion, die "politische Handschrift" des Höchstgerichts. Alfred Trendl, der Präsident des katholischen Familienverbandes, bemängelte, dass die Offenheit für die Zeugung gemeinsamer Kinder als "Wesen der Ehe" negiert werde.
Freude herrscht hingegen bei den Protestanten in Österreich: "Dass auch für gleichgeschlechtlich liebende Menschen, die den Wunsch nach einer lebenslang verbindlichen Partnerschaft haben, der rechtliche Raum nun vollständig geöffnet wird, in dem Vertrauen, Verlässlichkeit und Verantwortung durch gesetzliche Regelungen geschützt und unterstützt werden, ist aus meiner Sicht zu begrüßen", erklärte Bischof Michael Bünker. Allerdings gehören seiner Kirche weniger als vier Prozent der Österreicher an. (dk)
Kommen wird es so oder so, dann kann man ja auch mal den Betroffenen signalisieren, dass sie gewertschätzt werden und keine Menschen 2. Klasse sind.
Das sollte jetzt sehr zügig umgesetzt werden. Außerdem sehen die Skeptiker dann, dass es kein Weltuntergang ist und keine negativen Folgen hat; so verhindert man, dass sich einige Skeptiker radikalisieren.