Eine geile Idee: Bei den Konzerten der lesbischen Punkband Team Dresch schnallte sich die oberkörperfreie Frontsängerin Lynn Breedlove stets einen Dildo um und holte einen Heteromann auf die Bühne, der ihr einen blasen musste. Fuck you Heteronormativität, fuck you Gendernormen!
An diese wilde, revolutionäre und hochkreative Zeit der Queercore-Bewegung der Achtziger- und Neunzigerjahre erinnert Yony Leyser in seiner neuen Doku "Queercore: How to Punk a Revolution". Der in Berlin lebende Regisseur ("William S. Burroughs – A Man Within", "Desire Will Set You Free"), einst selbst queerer Punk, reiste für seinen Film nach Nordamerika, um seine Idole von einst zu interviewen. Darunter unter anderem Bruce LaBruce und G. B. Jones, die damals in Toronto das Queer Punk Zine "J.D.s" herausgaben, Kim Gordon und Kathleen Hana – sowie als absolutes Highlight John Waters.
Revolution statt Anpassung
Poster zum Film: "Queercore: How to Punk a Revolution" läuft ab 7. Dezember 2017 in deutschen Kinos
Mit vielen schönen Archiv-Fundstücken zeigt Leyser, wie aus kleinen, radikalen Underground-Künstlerzirkeln eine echte Bewegung wurde, die nachhaltigen Einfluss auf die Musikszene hatte und teilweise vom Mainstream aufgesogen wurde. Die Protagonisten von einst bedauern diese Entwicklung natürlich, denn sie wollten ja ganz bewusst Außenseiter sein. Vor 25 Jahren saßen sie zwischen allen Stühlen: Mit den angepassten, geklonten Pop-Schwulen konnten sie ebenso wenig anfangen wie mit den Macho-Punks, die keiner Schlägerei aus dem Weg gingen.
"Queercore: How to Punk a Revolution" ist nicht nur eine spannende queere Geschichtsstunde, sondern in Zeiten der Ehe für alle auch ein sehr aktueller Appell an die Community, ihre wilden und subversiven Seiten wieder zu entdecken. Mit etwas weniger Interviews und viel mehr Punkrock hätte Yony Leyser seine Zuschauer noch schneller auf die Barrikaden gebracht. (mize)
Infos zum Film
Queercore: How to Punk a Revolution. Dokumentarfilm. USA 2017. Regie: Yony Leyser. Mitwirkende: Bruce LaBruce, G.B. Jones, Genesis Breyer P-Orridge, John Waters, Justin Vivian Bond, Lynn Breedlove, Jody Bleyle, Silas Howard, Pansy Division, Penny Arcade, Kathleen Hanna, Kim Gordon, Deke Elash, Tom Jennings, Beth Ditto, Peaches. Laufzeit: 83 Minuten. Sprache: englische Originalfasssung mit deutschen Untertiteln. FSK 16. Verleih: Edition Salzgeber. Kinostart: 7. Dezember 2017. Am Mittwoch, den 13.12. um 22 Uhr wird der Film im Berliner Lichtblick-Kino in Anwesenheit von Yony Leyser gezeigt.
youtu.be/CnnGYaqjW-A