https://queer.de/?30270
Kritik aus der Szene
LSVD Niedersachsen: Landesregierung verharmlost Menschenrechtsverletzungen
Die Große Koalition in Niedersachsen will nordafrikanischen Staaten das Prädikat "sicher" verleihen, obwohl Homosexuelle dort staatlich verfolgt werden.

Obgleich Algerien, Marokko und Tunesien Homosexuelle wegen ihrer sexuellen Orientierung einsperren lassen, will Niedersachsen die Staaten für "sicher" erklären (Bild: Dave Nakayama / flickr)
- 12. Dezember 2017, 12:24h 2 Min.
Der Lesben- und Schwulenverband Niedersachsen-Bremen hat am Dienstag scharfe Kritik an der Flüchtlingspolitik der neuen rot-schwarzen Landesregierung unter Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) geübt. Der Anlass: SPD und CDU hatten im Koalitionsvertrag (PDF) vereinbart, dass Algerien, Tunesien und Marokko als "sichere Herkunftsstaaten" anerkannt werden sollten. Dabei lassen alle drei Länder staatlicherseits Homosexuelle verfolgen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung mit mehrjährigen Haftstrafen bedroht werden. Die Gesetze wurden in den letzten Jahren wiederholt angewandt.
Wörtlich heißt es in der Koalitionsvereinbarung: "Einer Einstufung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsstaaten werden wir im Bundesrat zustimmen, sofern die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen gegeben sind".
Mit dem Vorhaben der neuen Landesregierung würden "Menschenrechtsverletzungen in den Maghreb-Staaten verharmlost", erklärte LSVD-Landeschef Benjamin Rottmann. "In Algerien, Marokko und Tunesien sind Schwule, Lesben und transgeschlechtliche Menschen massiven Verfolgungen ausgesetzt. Menschen werden eingesperrt und misshandelt, nur weil sie gleichgeschlechtlich lieben", so Rottmann weiter.
"Größte menschenrechtliche Bedenken"
Dem Konzept der "sicheren Herkunftsstaaten" begegne man beim LSVD mit "größten menschenrechtlichen Bedenken", so der Verband. Durch die damit verbundenen Schnellverfahren ohne Zugang zu fachkundiger Beratung und ausreichendem Rechtsschutz würden gerade Lesben, Schwule und transgeschlechtliche Menschen von einer fairen Prüfung ihrer Asylgründe ausgeschlossen.
"Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht bereits 1996 erklärt hatte, dass Staaten nur zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden können, wenn dort landesweit für alle Personen- und Bevölkerungsgruppen Sicherheit vor politischer Verfolgung besteht. Die Maghreb-Region erfüllt diese Voraussetzung nicht", sagte Rottmann. Damit seien die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen, die drei Verfolger-Staaten per politischer Entscheidung als Nichtverfolgerstaaten einzustufen, nicht gegeben.
Landesregierung macht sich "zum Handlanger" von Verfolgerstaaten
Setzt die Landesregierung ihren Kurs fort, würde sie sich nach Ansicht des LSVD "zum Handlanger von Regierungen machen, die die Menschenrechte von Lesben, Schwulen und transgeschlechtlichen Menschen verleugnen und mit Füßen treten. Eine solche Politik schwäche den weltweiten Kampf zur Abschaffung der Kriminalisierung von Homosexualität empfindlich.
Über das Thema, ob Schwule und Lesben in Algerien, Marokko und Tunesien tatsächlich systematisch verfolgt werden, streitet die Bundesregierung mit Opposition und LGBTI-Aktivisten bereits seit längerem (queer.de berichtete).
Kein Problem mit der Anerkennung der Maghreb-Staaten als "sicher" haben im Gegensatz zum LSVD die Lesben und Schwulen in der Union: Im vergangenen Jahr argumentierte etwa LSU-Chef Alexander Vogt, dass Homosexuelle aus diesen "sicheren" Ländern trotzdem Asyl beantragen könnten, was von vielen Aktivisten allerdings angezweifelt wird. Vogt sagte weiter, dass auch viele Schwule und Lesben den "Zustrom von Flüchtlingen und Zuwanderern" begrenzen wollten (queer.de berichtete). (dk)















Aber dass das nichts als das typische SPD-Gelaber ist, beweist die SPD sogar dann, wenn sie selbst der größere Partner ist.