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Kritik am Innenminister
Sven Lehmann: Thomas de Maizière fehlt "jedes Gespür für Minderheitenschutz"
"Ignorant und formalistisch" – so bezeichnet der Grünenpolitiker Sven Lehmann die Antwort von Innenminister Thomas de Maizière zur Lage von homosexuellen Flüchtlingen in Deutschland.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière will im Bundestag nichts zur Lage von homosexuellen Flüchtlingen sagen (Bild: Parlamentsfernsehen)
- 14. Dezember 2017, 11:55h 3 Min.
Der im Herbst neu in den Bundestag eingezogene Abgeordnete Sven Lehmann (Grüne) hat am Mittwoch im Bundestag den geschäftsführenden Bundesinnenminister Thomas de Maizière eine Frage zur Flüchtlingspolitik und zur Situation homosexueller Geflohener gestellt – und zeigte sich später über dessen Antwort schockiert.
Lehmann bezog sich in seiner Frage auf die seit Jahren debattierte Anerkennung von Algerien, Marokko und Tunesien als "sichere Herkunftsstaaten", obwohl diese Länder Homosexuelle verfolgen lassen. Der 38-Jährige erinnerte daran, dass ein Gesetz der Großen Koalition sei "vom Bundesrat abgelehnt" worden sei (queer.de berichtete). Er verwies darauf, dass der marokkanische Menschenrechtsminister Homosexuelle vor wenigen Wochen als "Müll" bezeichnet hatte (queer.de berichtete).
"Ich möchte Sie angesichts der Menschenrechtslage in diesen Ländern fragen, ob Sie allen Ernstes daran festhalten, diese Länder als sichere Herkunftsländer zu deklarieren?", fragte Lehmann. Er wolle auch wissen, was de Maizière Homosexuellen raten würde, die beim Bundesamt für Migration ihre Homosexualität nachweisen müssten, "wobei sie aus Ländern fliehen, wo das teilweise unter Todesstrafe steht".
De Maizière: "Vermutlich" bald neuer Anlauf für Anerkennung der Maghreb-Staaten
De Maizière ging nicht direkt auf die Aussagen ein, sondern korrigierte zunächst ausführlich ein kleines Detail aus Lehmanns Frage: Der Bundesrat habe das Gesetz über die "sicheren Herkunftsstaaten" nicht abgelehnt, sondern ihm lediglich "nicht zugestimmt". Daraufhin sagte der Innenminister, das man seine "persönliche Meinung" ja kenne. Aber: "Die geschäftsführende Bundesregierung hat sich noch keine abschließende Meinung darüber gebildet, ob ein neuer Gesetzentwurf eingebracht werden soll." Da die gleichen Parteien wohl die nächste Bundesregierung bilden werden, werde man "vermutlich" erneut einen Gesetzentwurf einbringen.
Die Frage Lehmanns, wie Menschen, die wegen ihrer Homosexualität aus ihrem Heimatland nach Deutschland fliehen mussten, ihre sexuelle Orientierung nachweisen sollen, beantwortete de Maizière nicht.
Nach der Befragung zeigte sich Lehmann auf Facebook empört. "Die Antwort ist ignorant und formalistisch – ohne jedes Gespür für Minderheitenschutz", attestierte der aus Köln stammende Politiker.
Die Länder in Nordafrika sind nicht sicher für #LGBTI, Frauen, kritische Journalist*innen. Der Menschenrechtsminister…
Posted by Sven Lehmann on Mittwoch, 13. Dezember 2017
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Die Verleihung der Einstufung "sicherer Herkunfsstaat" an Länder, die Homosexuelle verfolgen lassen, wird von Linken, Grünen, Teilen der SPD und LGBTI-Aktivisten scharf kritisiert. Dieser formale Akt, der Abschiebungen in die betroffenen Länder massiv erleichtert, wäre laut dem Lesben- und Schwulenverband in Deutschland eine "menschenrechtliche Bankrotterklärung" und eine faktische Anerkennung der Verfolgung Homosexueller durch die Bundesregierung (queer.de berichtete).
Für das Prädikat "sicher" für die Maghreb-Staaten sprechen sich jedoch die Lesben- und Schwulen in der Union (LSU) und der schwule CDU-Abgeordnete Jens Spahn aus. Spahn erklärte im Oktober, Algerien, Marokko und Tunesien seien sicher, weil "Europäer dort Urlaub machen" (queer.de berichtete). (dk)















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