Der neue Grünenabgeordnete Sven Lehmann (re.) – hier neben Fraktionschef Anton Hofreiter – ergriff die Initiative für den Antrag
Die grüne Bundestagsfraktion hat am Freitag einen Antragsentwurf zur Reform des erst vor einem halben Jahr beschlossenen "Gesetzes zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen" (StrRehaHomG) vorgestellt. Konkret geht es in dem Entwurf um schwule Männer, die zwar wegen ihrer sexuellen Orientierung staatlichen Repressalien ausgesetzt waren, aber nicht rechtskräftig verurteilt wurden. Diese Gruppe erhält bis heute keine Entschädigung.
Anlass für den Entwurf war der Tod von Wolfgang Lauinger, der in der Nacht zum Mittwoch im Alter von 99 Jahren gestorben war (queer.de berichtete). Der Bundesverdienstkreuzträger war als "Halbjude" bereits von den Nazis verfolgt worden. In der Bundesrepublik saß er im Rahmen der Frankfurter Homosexuellenprozesse von 1950 bis 1951 nach einer Denunziation mehrere Monate in Untersuchungshaft. Weil der Belastungszeuge schließlich die Aussage verweigerte, wurde die Anklage fallengelassen – der damals junge Schwule kam wieder frei. Das Bundesamt für Justiz lehnte einen Antrag Lauingers auf Entschädigung trotz seiner Haftzeit im Oktober ab. Begründung: Das Gesetz sieht nur vor, Personen zu entschädigen, die rechtskräftig wegen Homosexualität verurteilt worden sind.
Grüne fordern unbürokratische Lösung
"Ich bin sehr traurig und wütend", erklärte der grüne Abgeordnete Sven Lehmann. "Der in dieser Woche verstorbene Wolfgang Lauinger hat unter homofeindlicher, staatlicher Gewalt zweier deutscher Systeme leiden müssen. Ihm blieb durch eine Gesetzeslücke eine Entschädigung bis zu seinem Tod verwehrt." Es gebe viele weitere Schicksale, die durch die Gesetzeslücke benachteiligt würden. "Aufgrund des Alters der Betroffenen ist Eile geboten", so Lehmann. "Ich hoffe sehr, dass die anderen Fraktionen sich einem gemeinsamen Antrag anschließen und es zu einer schnellen, breit getragenen und unbürokratischen Lösung für einen Härtefallfonds kommt." Er möchte für seinen Antrag mit allen "demokratischen Fraktionen" – also Union, SPD, FDP und Linke – zusammenarbeiten, um ihn möglichst noch im Januar beschließen zu können.
In dem Entwurf wird die Bundesregierung aufgefordert, umgehend einen Fonds einzurichten, "wonach auch Personen, die wegen eines Ermittlungs- oder Strafverfahrens Schaden an Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum, Vermögen in ihrem beruflichen oder wirtschaftlichen Fortkommen erlitten haben, eine angemessene Entschädigung erhalten können".
Der Entwurf berücksichtigt nicht eine weitere Einschränkung des Entschädigungsgesetzes, die auf Druck der Union durchgesetzt wurde. Demnach werden alle Verurteilten pauschal ausgenommen, deren Partner zum "Tat"-Zeitpunkt unter 16 Jahre alt waren. Das Alter der Verurteilten spielt dabei keine Rolle. Die Opposition hatte die Einschränkung als "neue Diskriminierung" scharf kritisiert (queer.de berichtete). (dk)
Übrigens sind die Grünen mehr als nur eine Ökopartei.