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Tiflis

"Schwule Jacke": Georgischer Schriftsteller Opfer von Polizeigewalt

Der in seinem Heimatland angesehene Dichter Zviad Ratiani wurde von Beamten misshandelt und wegen seiner "homosexuellen" Kleidung aufgezogen.


Einige Werke von Zviad Ratiani sind auch auf Deutsch erschienen

Der georgische Schriftsteller und Übersetzer Zviad Ratiani wurde in der georgischen Hauptstadt Tiflis in der Nacht vom 23. auf den 24. Dezember von Polizeibeamten angegriffen und misshandelt. Darauf machte jetzt das österreichische Übersetzerkollektiv Versatorium aufmerksam.

Der 1971 geborene Dichter und Übersetzer u.a. von Werken von T. S. Eliot, Ezra Pound, Robert Frost, Rainer Maria Rilke und Paul Celan wurde nach Angaben des Kollektivs spätabends von acht wahrscheinlich in Zivil gekleideten und daher nicht sogleich erkennbaren Beamten zur Rede gestellt, als er bei einem Geldautomaten im Stadtzentrum von Tiflis stand. Dabei hätten die Polizisten wiederholt ironische Bemerkungen über seine orangefarbene Jacke gemacht, die sie als ein Zeichen für Homosexualität ansahen.

Als er den Unbekannten keine Auskunft geben wollte, wurden die Beamten tätlich, sie schlugen ihn und zerrten ihn schließlich an Händen und Füßen gefesselt in einen Streifenwagen, so Versatorium. Auf dem Boden des Fahrzeugs liegend und mit Füßen getreten, sei Ratiani zunächst zu einer örtlichen Polizeistation, dann nach einer mehrere Stunden dauernden Fahrt kreuz und quer durch die Stadt zum Polizeihauptquartier gebracht worden. Beamte sollen ihn mit den Worten "Wir werden Dich umbringen" bedroht haben. Vor den Toren des Polizeihauptquartiers habe der Wagen eine Stunde lang gestanden. Ratiani sei weiterhin geschlagen und schließlich für einen Tag in Haft genommen worden. In einem georgischen Fernsehbericht zeigte er zahlreiche Verletzungen am Kopf und am Oberkörper.

Widesprüchliche Aussagen des Innenministeriums

Die georgische Vize-Innenministerin Natia Mezvrishvili erklärte am 24. Dezember, dass es Video-Aufzeichnungen zu dem Vorfall gebe. Aus dem Material gehe hervor, daß die Beamten uniformiert gewesen seien. Sie hätten Ratiani während einer Polizeikontrolle befragen wollen. Das Filmmaterial zeige, daß der Schriftsteller Widerstand gegen die Staatsgewalt geleistet habe. Er habe die Beamten außerdem beleidigt.

Innenminister Giorgi Gakharia erklärte im Widerspruch zu seiner Stellvertreterin einen Tag später, dass die Beamten nicht berechtigt gewesen seien, gewaltsam gegen Ratiani vorzugehen, auch falls bewiesen werden könne, dass er sie verbal beleidigt habe. Er kündigte Untersuchungen an. Er wolle keine Einzelheiten kommentieren. Er könne nicht sagen, was genau vorgefallen sei.

In einem Fernseh-Interview am 25. Dezember erklärte Ratianis Anwältin Ana Nasrashvili, dass ihr Mandant sich wegen schwerer Verletzungen und einer Gehirnerschütterung in ein Krankenhaus begeben habe.

Eine Initiativgruppe georgischer Schriftsteller forderte bei einer Pressekonferenz in einer öffentlichen Bibliothek die Herausgabe des Videomaterials. Sie berichtete von zunehmender Gewalttätigkeit der georgischen Polizei, die in den meisten Fällen unaufgeklärt bleibe. Bloß wegen der Verwendung von Schimpfwörtern dürfe niemand verhaftet werden.

Trotz eines Antidiskriminierungsgesetzes und einer strafverschärfenden Gesetzgebung gegen Hassverbrechen gibt es in Georgien eine hohe Anzahl an homo- und transphoben Gewalttaten. Nur selten gehen die Behörden gegen entsprechende Taten und Worte vor – zumal die orthodoxe Kirche als einer der größten Anstifter gilt. (ots/cw)

#1 queergay
  • 29.12.2017, 15:51h
  • Auch hier wäre es sinnvoll, daß bei solchen Polizeigewalt-Aktionen genau hingeschaut wird. Warum geschieht das? Ist es nur bloße Lust einiger Polizei-Sados oder steckt noch viel mehr dahinter?
    Welche echten Motive liegen vor und auch möglicherweise welche Strategien?
    Gibt es Anweisungen von Polit-Herrschern? Welche Rolle spielen Kirchenmächtige hierbei?
    Welche Ziele werden möglicherweise langfristig verfolgt und möglicherweise verschleiert? Nur genauere Ursachen- und Motivforschung kann geeignete, sinnvolle Gegenmaßnahmen entstehen lassen. Sich lediglich entrüsten wäre viel zu wenig.
    Auch Psychogramme der politisch Verantwortlichen und der verehrten Religionsautoritäten können Aufschluß geben.
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#2 Moorschaaff
  • 29.12.2017, 17:26h
  • Georgien ist ein wunderschönes Land und wahnsinnig gastfreundlich.
    Solange man in der(en) Norm bleibt.

    Das Land, das seine Intellektuellen und Dichter wegen angeblicher Homosexualität mißhandelt oder ins Ausland treibt, seine Presse kontrolliert und Religiöse vor einem CSD schützt, ist Gastland der Frankfurter Buchmesse 2018 und möchte Mitglied der EU werden.
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#3 hugo1970Ehemaliges Profil
  • 29.12.2017, 17:33h
  • Ja, liebe UNO, warum gibt es Dich?
    Bei jedem Hassdelikt muß der jenige Staat, auf dessen Territorium sowas geschieht, eine Strafe zahlen, mindestens 1 Million , pro Diskriminierungsdelikt.
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#4 hugo1970Ehemaliges Profil
  • 29.12.2017, 17:36h
  • ".... zumal die orthodoxe Kirche als einer der größten Anstifter gilt."

    Ja, liebe Islamophobe, ist jetzt der christliche Glaube queer freundlicher?
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#5 landerneauAnonym
  • 29.12.2017, 21:58h
  • Wir hoffen, Zviad Ratiani ist auf dem Weg der Besserung. Jedesmal wenn wir so etwas lesen muessen, wissen wir - obwohl in Frankreich lebend - dass unser Kampf gegen Homophobie noch lange nicht wenden wird.
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#6 Homonklin44Profil
  • 30.12.2017, 00:15hTauroa Point
  • Auf der Frankfurter Buchmesse wäre dann evtl. eine gute Gelegenheit, auf so einem Umgang mit Menschen aufmerksam zu machen, indem man einfältige Homophobie und damit verbundene Gewalt anhand von Kleidung, veganem Lebensstil oder etwa Regenbogen-Zeichen im Fußballstadion als "Aushängeschild" für Georgien präsentiert. Zeigen, was da los ist, beschreiben, unangenehme Fragen stellen. Orange gekleidet.

    Schlimm genug, wenn die Welt kaum eine Notiz von solchen Vorkommnissen nimmt, und diese Art, Leute willkürlich schikanieren und verletzen zu können, im Zusammenhang mit einem EU-Beitrittsinteresse geduldet wird.

    Und diese orthodoxe Kirche sieht zu.
    ...........................
    Survivor

    Ich wurde von einem Teufel getauft,
    der hat mir früh meine Seele geraubt,
    und nahm mit seinem Schwanz meine Unschuld

    Er, getarnt unterm Kirchengewand
    der meine Hände am Stuhlrücken band
    verbreitet heut heuchlerisch Reden

    Das was von meinem Glauben noch blieb
    das holt der nächtliche Alp, dieser Dieb
    das Leben wurde zur hohen Bürde

    Mitwisser schweigen forthin und wehren
    sie dienen doch jenes Teufels Begehren
    unter dem Zeichen des heiligen Kreuzes

    Lügen und Vertuschen, das können die
    der Wahrheit ins Auge sehen sie doch nie
    unter all den Gebeten werde ich weiter getreten

    (Pit Van CalvinII, 2014)
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#7 RobinAnonym
  • 30.12.2017, 11:58h
  • Aha, die Jacke sah also zu "schwul" aus.

    Das zeigt nur wieder mal, wie wahnsinnig und realitätsentrückt die Homohasser sind.

    Schlimm nur, wenn solche Leute dann auch noch in Machtpositionen kommen...
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#8 BuntUndSchoenesEhemaliges Profil
  • 31.12.2017, 21:10h
  • Eine orangefarbene Jacke wird zu einer menschlichen Eigenschaft. Aha, so weit ist es also schon. Dann dürfen sich alle Faschingsfreunde, Künstler, und diejenigen, die gerne farbenfrohe Kleidung tragen, warm anziehen. Und selbst die Nationalflaggen, die die Farbe Orange dabei haben, die müssen dann mit einer anderen Farbe ausgetauscht werden?
    Karotten und Orangen als Lebensmittel sind dann selbstverständlich auch tabu. Terrakotta an den Wänden geht dann auch nicht mehr, denn das hat ja auch so nen orangefarbenen Schimmer (*augenroll*)

    Gute Besserung an den Schriftsteller. Ich hoffe, dass seine Kopfverletzungen keine negativen Auswirkungen haben, von wegen wiederkehrende Kopfschmerzen zum Beispiel.
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#9 Reto77
  • 01.01.2018, 15:40h
  • Antwort auf #4 von hugo1970
  • Ich finde dein Posting unglücklich. Uns Schwulen geht es nicht um eine Diskussion, ob das Christentum oder der Islam die bessere Religion sei. Wir wollen einfach eine diskriminierungsfreie Gesellschaft, die uns akzeptiert.
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