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"Schutz durch Therapie"

Deutsche Aids-Hilfe: Schutzwirkung von HIV-Therapie "erschreckend unbekannt"

Vor zehn Jahren gab die schweizerische Aids-Kommission bekannt, dass HIV-Positive in Behandlung das Virus nicht übertragen können. Die Botschaft ist aber bis heute nicht durchgedrungen.


Die Deutsche Aids-Hilfe würde gerne mehr über "Schutz durch Therapie" informieren, erhält aber Widerstand aus der Politik (Bild: Deutsche Aids-Hilfe)

  • 29. Januar 2018, 14:04h 15 3 Min.

Am 30. Januar 2008 beging die Eidgenössische Kommission für Aids-Fragen (EKAF) einen Tabubruch: Als erste Behörde weltweit warb sie für den "Schutz durch Therapie" – die Aussage bedeutet, dass HIV bei einem Positiven, der sich zuverlässig mit antiretroviralen Medikamenten behandeln lässt, beim Sex nicht übertragbar ist (queer.de berichtete). Mit dem klaren Bekenntnis zu Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung wollten die HIV-Spezialisten um den Infektiologen Pietro Vernazza HIV-Positiven wie HIV-Negativen Ängste nehmen und Menschen mit HIV ein "weitgehend 'normales' Sexualleben ermöglichen."

Doch auch zehn Jahre später ist dieses Konzept des "Swiss Statements" nicht in der Öffentlichkeit angekommen, beklagte die Deutsche Aids-Hilfe am Montag. Sie verwies auf eine repräsentative Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem letzten Jahr, wonach nur einer von zehn Bundesbürgern das Konzept "Schutz durch Therapie" überhaupt kennt.

"Diese Erkenntnisse sind erschreckend und offenbaren großen Handlungsbedarf", erklärte dazu DAH-Vorstandsmitglied Sylvia Urban. Das Wissen, dass HIV unter Therapie nicht übertragbar sei, könne die Zurückweisung von HIV-positiven Menschen im Alltag verhindern, ist sich Urban sicher. "Jeder sollte diese gute Nachricht kennen! Die HIV-Prävention in Deutschland muss diese entlastende Information offensiver in die Öffentlichkeit tragen als bisher."

Selbst FDP- und Grünenpolitiker kämpfen gegen "Schutz durch Therapie"

Allerdings gibt es auch politischen Widerstand gegen diese Art von Aufklärung, sogar von "liberalen" Politikern: So machten die FDP-Gesundheitsexperten Susanne Schneider und Ulrich Alda 2015 die Aussage eines Aids-Aktivisten zum "Schutz durch Therapie" zum Skandal, was von den Aids-Hilfen und in einem queer.de-Kommentar scharf kritisiert wurde.

Selbst bei den Grünen wird gegen die Aufklärung zum "Schutz durch Therapie" polemisiert: Die frühere NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens kritisierte ein paar Wochen nach ihren FDP-Politikerkollegen etwa die Aktion "Wir machen's ohne – Safer Sex durch HIV-Therapie", mit dem die Aids-Hilfen auf die Therapiemöglichkeit hingewiesen hatten (queer.de berichtete). Die Aktion, die Menschen über "Schutz durch Therapie" informieren sollte, wiege Personen in "falscher Sicherheit", behauptete die Grünenpolitikerin damals.

Es gebe heute "keinen Zweifel mehr an der Schutzwirkung der Therapie", bekräftigte am Montag hingegen erneut DAH-Vorstandsmitglied Urban. "Dieses Wissen trägt für viele Menschen zu einer erfüllten Sexualität ohne Angst bei."

Um das Jubiläum des "Swiss Statements" zu feiern und auf das mangelnde Wissen in der Bevölkerung hinzuweisen, organisieren HIV-positive und solidarische Aktivistinnen und Aktivisten am 3. Februar unter dem Titel "Flying Condoms" Aktionen in Berlin, Kassel, Magdeburg und München (Mehr Infos auf Facebook).

In Deutschland leben laut Robert-Koch-Institut rund 88.400 Menschen mit HIV, 75.700 wissen von ihrer Infektion. 64.900 nehmen Medikamente gegen das Virus. Die Therapiequote der wissentlich HIV-positiven Menschen liegt also bei 86 Prozent. Bei 93 Prozent der Therapierten ist HIV laut den aktuellen Zahlen nicht mehr nachweisbar. (dk)

Flying Condoms

In Deutschland am Samstag (3. Februar) geplante Aktionen:
Berlin: Brandenburger Tor/Pariser Platz (11 Uhr)
Kassel: Königsplatz (14 Uhr)
Magdeburg: Alter Markt (16 Uhr)
München: Karlsplatz/Stachus (14 Uhr)

Veranstalter sind pro plus berlin, PRO+ Hessen, Autonomes schwulesbitransqueer+, Referat Uni Kassel, PositHIV mitteldeutschland, Münchner Positive – Netzwerk für HIV-Positive und Freunde sowie Privatpersonen

#1 BEARAnonym
  • 29.01.2018, 14:23h
  • Bevor auch hier gleich wieder die Diskussion auf bekanntem Kindergarten-Niveau losgeht ("Schutz durch Therapie ist kein Safer Sex!" - "Ist es doch!" - "Ist es ni-hicht!" - "Ist es aber do-hoch!") losgeht, nochmal ein paar mehr Detail-Fakten und FAQs dazu:

    www.aidshilfe.de/schutz-therapie

    Wissen könnte ja helfen.
    Daran glaube ich immer noch irgendwie.
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#2 TimonAnonym
  • 29.01.2018, 14:45h
  • Ja, sogar in der Politik und selbst bei vielen Usern hier scheint das gänzlich unbekannt zu sein.

    Voraussetzung ist natürlich, dass man sich darauf verlassen kann, dass die Therapie streng eingehalten wird.
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#3 Homonklin44Profil
  • 29.01.2018, 18:12hTauroa Point
  • Zu dem Wissen oder nicht Wissen scheint immer auch eine Art Schlacht der Betrachtungsweisen zu bestehen, wenn das sogar in der politischen Ebene bezweifelt wird. Wofür haben die dann den wissenschaftlichen Dienst?

    Da wären dann entsprechende Links zu wissenschaftlichen Publikationen in den renomierten Fachzeitschriften vielleicht sachdienlich. Wenn so eine 100%ige Sicherheit herausgegeben wird, wurden die Nachweise der Fachwelt sicher nicht vorenthalten. Es muss wenigstens Artikel in der Nature darüber geben, denn so eine absolute Sicherheit in Therapie ist eine kleine Sensation.
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