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Kommentar
Es geht um LGBTI-Sichtbarkeit, nicht um Sex!
Die Kampagne von CDU, AfD und Springer-Medien gegen die neue Kita-Handreichung des Berliner Senats schadet den Kindern – und zeigt, wie tief Homo- und Transphobie in der Gesellschaft verankert sind.

Die Berichterstattung des im Axel Springer Verlag erscheinenden Berliner Boulevardblatts "B.Z." ist ein Fall für den Presserat. Vollständig lautet die Titel-Schlagzeile: "Berliner Senat verteilt Sex-Broschüre für Kita-Kinder"
17. Februar 2018, 19:30h 2 Min. Von
In keiner anderen deutschen Stadt sind LGBTI so sichtbar wie in Berlin. Jedes Kind, das einmal U-Bahn fährt, begegnet lesbischen und schwulen Pärchen, die Händchen halten, trifft im "Netto" auf Menschen, die nicht eindeutig als Mann oder Frau zu identifizieren sind, sieht Poster mit Dragqueens an der Litfaßsäule oder einen Bericht über die CSD-Parade in der "Abendschau". Selbst die Verkehrsbetriebe werben an Bushaltestellen mit zwei Lederkerlen für ihr Tagesticket.
Diese im Alltag der Hauptstadt so wunderbar normale Vielfalt soll nun ausgerechnet in den Kitas ausgeblendet werden, fordern AfD, CDU und Springer-Medien im Chor – angeblich zum Schutz der Kinder. Verlogener geht's nicht. Denn erst durch das Negieren der Vielfalt der Lebens- und Liebesformen und das Ausblenden aller Menschen jenseits der heterosexuellen Cis-Norm entstehen doch die Tabus und Vorurteile, unter denen insbesondere junge LGBTI bis heute zu leiden haben.
Queere Kids brauchen Schutz vor CDU und AfD
Schützen muss man Kinder nicht vor Lesben, Schwulen oder trans Menschen, sondern vor der tiefsitzenden Homo- und Transfeindlichkeit, die die Gegner der Kita-Handreichung in Wahrheit antreibt. Kann denn jemand ernsthaft etwas dagegen haben, wenn Murat im Kindergarten Prinzessin spielt und Erzieher nun erstmals professionelle Ratschläge bekommen, wie sie mit dieser Situation und den Reaktionen der anderen Kinder umgehen können?
Wer – wie Mandatsträger der AfD – die erziehungswissenschaftliche Materialiensammlung als Förderung von Pädophilie oder "Kindesmissbrauch" verunglimpft, gehört auf die Anklagebank. Wie sonst soll man Volksverhetzung denn bitte schön definieren? Der Artikel von Gunnar Schupelius über die "Sex-Broschüre für Kita-Kinder" im Boulevardblatt "B.Z." ist wiederum ein Fall für den Presserat. Denn wirklich niemand will Fünfjährigen im Rollenspiel den Analverkehr erklären!
Erschreckend ist, dass sich mit der Berliner CDU auch eine demokratische Partei an der Kampagne gegen LGBTI-Sichtbarkeit beteiligt und damit aktiv Vorurteile schürt. Mit ihrem Antrag im Abgeordnetenhaus, die Handreichung zu stoppen, zeigen die Christdemokraten, dass sie zurecht auf den Oppositionsbänken sitzen und das vielfältige Berlin bis heute nicht verstanden haben.

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