Bischof Gebhard Fürst kritisiert, dass Homo-Paare keine "natürliche Offenheit für Kinder" haben (Bild: Harald Gehrig / wikipedia)
Der Vorschlag, Homo-Paare zu segnen, trifft in der Führungsriege der katholischen Kirche weiterhin auf heftigen Widerstand. So sprachen sich die beiden baden-württembergischen Bischöfe Stephan Burger aus Freiburg und Gebhard Fürst aus Rottenburg-Stuttgart gegenüber der Nachrichtenagentur dpa gegen die Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren aus. Das Erzbistum Freiburg bekräftigte, dass man die Gleichbehandlung von homosexuellen Paaren aus religiösen Gründen generell ablehne. "Die Segnung einer individuellen Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare im Rahmen einer gottesdienstlichen Feier könnte leicht den Anschein erwecken, genau eine solche Gleichstellung vorauszusetzen", so ein Sprecher.
"Die Spende des Sakramentes bleibt der Ehe mit ihrer natürlichen Offenheit für Kinder vorbehalten", sagte Gebhard Fürst, der Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart. "Segnungsgottesdiensten im Zusammenhang mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften kann ich auch deshalb nicht zustimmen, weil solche Feiern einen quasi-sakramentalen Eindruck erwecken würden."
Fürst lobt eingetragene Lebenspartnerschaft
Seelsorgerliche Begleitung für homosexuelle Paare sei dagegen selbstverständlich. "Eingetragene Partnerschaften tolerieren wir voll und ganz. Sie dürfen nicht diskriminiert werden", so Fürst weiter. Allerdings ignoriert die Aussage, dass eingetragene Partnerschaften seit Öffnung der Ehe im letzten Oktober in Deutschland überhaupt nicht mehr abgeschlossen werden können. Der Satz des Kirchenfürsten klingt auch angesichts des kirchlichen Arbeitsrechts, das ausdrücklich die Diskriminierung von Schwulen und Lesben erlaubt, wie Hohn. Erst Anfang des Monats wurde etwa bekannt, dass ein kirchlicher Kindergarten eine lesbische Erzieherin feuern will, weil sie angekündigt hatte, ihre Partner zu heiraten (queer.de berichtete).
Fürst, der bereits im Jahr 2000 von Papst Johannes Paul II. zum Bischof ernannt worden war, gilt als langjähriger Gegner von Schwulen und Lesben. 2005 sagte er etwa, Homosexualität sei keine "Spielart des Normalen" (queer.de berichtete). Welche Macht Fürst auch politisch hat, zeigte er 2006: Nachdem der damalige baden-württembergische Sozialminister Andreas Renner Schirmherr des Stuttgarter CSD geworden war, warf Fürst dem CDU-Politiker Beleidigungen vor – das führte schließlich zum Rücktritt des als weltoffen geltenden Ministers (queer.de berichtete).
Die Debatte um eine zumindest teilweise Anerkennung von Schwulen und Lesben innerhalb der katholischen Kirche war Anfang des Jahres vom Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode angestoßen worden, als dieser die Segnung von Homo-Paaren anregte (queer.de berichtete). Auch Kardinal Reinhard Marx, der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, erklärte später, er könne sich die Segnung von schwulen und lesbischen Paaren im Einzelfall vorstellen (queer.de berichtete).
Die Debatte war allerdings auch geprägt von offener Homophobie: So verglich der frühere Salzburger Weihbischof Andreas Laun die Segnung von Homo-Paaren mit der Segnung von Konzentrationslagern der Nazis (queer.de berichtete).
Moraltheologe fordert Reformen
Unterdessen forderte Moraltheologe Elmar Kos die Deutsche Bischofskonferenz auf, für Klarheit in Bezug auf die Segnung homosexueller Paare zu sorgen. Angesichts der am Montag beginnenden Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Ingolstadt erklärte der Professor der Universität Vechta im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montagsausgabe): "Ich würde mir wünschen, dass die Entscheidungsträger – die Bischöfe – das Thema Segnungsfeiern für homosexuelle Paare mutiger angehen würden."
Für das Christentum sei die Leiblichkeit des Menschen ein wesentlicher Faktor. "Diese Leiblichkeit verleugnen zu müssen widerspricht dem vollkommen", sagte Kos. Der Theologe forderte deshalb eine Weiterentwicklung: "Wenn man zugeben muss, dass die Neigungshomosexualität kein willentlicher Entschluss ist, muss man auch den nächsten Schritt gehen und erklären, dass die zugehörige Praxis in Ordnung ist."
Kos spach sich gegen eine Verzögerungstaktik aus: "In dieser Diskussion höre ich immer wieder, dass die Theologie Vorlagen zum weiteren Vorgehen erarbeiten müsse. Darüber wundere ich mich. Denn theologisch liegen die Konzepte auf dem Tisch. Es kommt jetzt darauf an, zu handeln und sich zu entscheiden." (dk)
Update 17.00 Uhr: Stefan Kaufmann attackiert Haltung der katholischen Kirche
Der offen schwule Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann (CDU) attackiert die katholische Kirche scharf für ihre Haltung gegenüber Schwulen und Lesben. "Die Position der katholischen Bischöfe in Baden-Württemberg muss angesichts der jüngsten Äußerungen des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, welcher eine Segnung homosexueller Paare nicht mehr ausschließt, sehr verwundern", so Kaufmann.
Dass eine Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare seitens der katholischen Kirche generell abgelehnt werde, ist sei "äußerst bedenklich". "Die katholische Kirche agiert auch in Baden-Württemberg nicht im rechtsleeren Raum", mahnte Kaufmann an. "Spätestens seit Oktober 2017 ist in Deutschland eine Gleichstellung homosexueller Partnerschaften durch die Öffnung der zivilrechtlichen Ehe seitens des Gesetzgebers vorgenommen worden. Ich erwarte von der katholischen Kirche in Deutschland, dies angemessen zu würdigen und Homosexuelle nicht länger durch eine Ungleichbehandlung zu diskriminieren." Kaufmann begrüßte "das von Kardinal Marx angekündigte Umdenken bezüglich einer Segnung homosexueller Paare" und ermutigte alle Verantwortlichen in der katholischen Kirche, diesen Weg zu unterstützen.
Stefan Kaufmann war 2015 nach seiner Verpartnerung der Segen der katholischen Kirche verwehrt worden – von Bischof Gebhard Fürst persönlich (queer.de berichtete). Am Ende erhielt das Paar doch noch einen Segen – von der von Rom unabhängigen Alt-katholischen Kirche (queer.de berichtete).