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"Maschinengewehr Gottes"
Billy Graham ist tot
Der bekannteste evangelikale Prediger der USA wurde 99 Jahre alt. Trotz Hetze gegen LGBTI beriet er viele Präsidenten.

Graham machte den Glauben zu einer Massenveranstaltung
- 21. Februar 2018, 18:52h 3 Min.
Einer der einflussreichsten christlich-fundamentalistischen Aktivisten der Welt ist tot: Der amerikanische Baptistenpastor Billy Graham verstarb in seinem Haus in North Carolina im Alter von 99 Jahren, gab seine Familie am Mittwoch bekannt.
Graham, der kurz vor Ende des Ersten Weltkriegs als Sohn eines Bauern geboren wurde, studierte Theologie und entdeckte früh ein Talent für Reden von der Kanzel. Er machte Fernsehpredigten ebenso populär wie Gottesdienste und Evangelisierungsveranstaltungen als Massenevents.
Die Härte seiner Predigten – er wurde oft als "Maschinengewehr Gottes" bezeichnet – und seine teils fundamentalistischen Ansichten, die er auch in 31 Büchern veröffentlichte, tat seiner Nähe zur Politik keinen Abbruch: Er unterhielt Kontakte zu sämtlichen amerikanischen Präsidenten von Harry Truman bis Barack Obama. George W. Bush schrieb es dem Einfluss Grahams zu, dass er seinen Alkoholismus überwunden und einen "Weg zu Gott gefunden" habe.
Seit dem Jahr 2000 trat Graham nicht mehr öffentlich auf, sein Sohn Franklin, eines von fünf Kindern aus der über 60 Jahre langen Ehe mit seiner Frau Bell, übernahm von da an die Geschäfte des Unternehmens "Billy Graham Evangelistic Association".
Keine Nächstenliebe gegenüber Schwulen oder Juden
Während viele Nachrufe gerade in deutschen Medien Grahams Einsatz gegen die Rassentrennung würdigten, gingen andere Haltungen unter. So äußerte er sich in 2002 veröffentlichten Gesprächen mit dem früheren Präsidenten Richard Nixon abfällig über Juden.
Grahams Firmen gelten als Vorläufer von christlich-fundamentalistischen Organisationen und Aktivisten, die auf der ganzen Welt u.a. LGBTI-Rechte oder Abtreibungen bekämpfen. Graham selbst nannte Homosexualität eine "unheilvolle Form der Perversion", die zu einem Verfall der Zivilisation führe. 1974 schrieb er einer lesbischen Frau, Homosexuelle mit ihrem "gottlosen Geist des Selbstgenusses" würden nicht ins Königreich Gottes eintreten. Die Frau solle der "heimtückischen Versuchung" widerstehen und Sünden bereuen.
1993 nannte Graham Aids ein "Urteil Gottes", 2012 unterstützte er einen Versuch in North Carolina, die gleichgeschlechtliche Ehe in der regionalen Verfassung zu verbieten. Der Prediger trat auch für die "Heilung" von Homosexualität ein – seine Organisation tut das noch heute.
Auch Grahams Sohn Franklin führt die Hetze und den Aktivismus gegen LGBTI weiter: So lobte er das russische Gesetz gegen Homo-"Propaganda" und nannte Homosexuelle vor zwei Jahren schlicht "Feinde" von Christen (queer.de berichtete).

Billy Grahams Sohn Franklin ist als christlich-fundamentalistischer Aktivist gefragter TV-Star
Einflussreich ist die Familie weiter: Bei der Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump sprach der junge Graham ein Gebet. Trump schrieb am Mittwoch auf Twitter: "Der GROSSE Billy Graham ist tot. Es gab keinen anderen wie ihn! Er wird von Christen und allen Religionen vermisst werden. Ein sehr besonderer Mann." (nb)
