Der Bundesverband der Lesben und Schwulen in der Union hat am Dienstag in einer Pressemitteilung der saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer zu Wahl zur neuen Generalsekretärin der CDU Deutschlands gratuliert: "Wir blicken gespannt auf eine Generalsekretärin, deren Anspruch es ist, das Profil der Partei zu schärfen und zu stärken", erklärte der Bundesvorsitzende Alexander Vogt. "Ihre Bürgernähe schätzen wir."
Die 55-Jährige war am Montag beim CDU-Sonderparteitag mit 98,9 Prozent der Stimmen in ihr neues Amt gewählt worden – und das obwohl oder auch weil Medien in den Tagen zuvor ausgiebig Kramp-Karrenbauers Ablehnung der Ehe für alle betont hatten. Eine Warnung aus dem Jahr 2015, die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen könne "weitreichende Folgen" haben, da Forderungen nach einer Viel- oder Geschwisterehe nicht auszuschließen seien, hatte sie bis heute nicht zurückgenommen, sondern in der letzten Woche gar in Interviews bekräftigt.
"Wir sind beim Thema der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare stark unterschiedlicher Meinung", schrieb Vogt in der LSU-Erklärung. "Dazu haben wir in der Vergangenheit dezidiert Stellung genommen und tun dies gerne wieder." Die Verwendung von Begriffen wie Polygamie und Verwandtenehe sei "in diesem Zusammenhang für uns nicht akzeptabel". Man sei aber "nichtsdestotrotz" davon "überzeugt, dass es mit ihr als Generalsekretärin und überzeugter Demokratin keine Rolle rückwärts in puncto Ehe geben wird."
Hoffnung auf offenes Ohr
Alexander Vogt, Vorsitzender der Bundes-LSU
LSU-Sprecher Vogt betonte weiter, statt eines reinen Verweises auf die Rechtslage wünsche man sich von der "CDU eine zeitgemäße Familienpolitik, die den heutigen Lebensverhältnissen in Deutschland endlich Rechnung trägt und u.a. auch die rechtliche Absicherung von Kindern in Regenbogenfamilien in den Fokus rückt".
Man werde zeitnah das Gespräch mit Kramp-Karrenbauer suchen und dabei "unsere aktuell drängenden Themen aufs Tapet bringen", so Vogt. Dazu gehörten auch die Erweiterung des Gleichheitsartikels des Grundgesetzes oder eine Überarbeitung des Transsexuellen- und des Personenstandsgesetzes. Kramp-Karrenbauer war für die Union Gesandte in den Koalitionsverhandlungen für den Bereich Familie – der entstandene Koalitionsvertrag greift nur wenige Forderungen von LSU, SPDqueer oder LSVD auf (queer.de berichtete).
Annegret Kramp-Karrenbauer habe "die LSU trotz unterschiedlicher Ansichten zu Einzelthemen stets gefördert und die kontroverse Diskussion nie gescheut". Dabei habe sie "klar signalisiert", dass die LSU zur Partei gehöre, so Vogt: "Nicht ohne Grund ist die LSU im saarländischen Landesvorstand vertreten und hat auch am Programm der vergangenen Landtagswahl mitarbeiten und klare Akzente setzen können."
Die LSU Saar hatte sich bereits letzte Woche hinter die Politikerin gestellt (queer.de berichtete). Während der Landtag im Saarland u.a. einstimmig gegen das Blutspendeverbot für schwule Männer und für einen Vertreter des LSVD im SR-Rundfunkrat stimmte, enthielt das angesprochene CDU-Wahlprogramm im letzten März allerdings wenig zu LGBTI-Rechten, betonte den "besonderen Schutz" von (heterosexueller) Ehe und Familie und lobte zugleich, dass auch in Lebenspartnerschaften oder Regenbogenfamilien "konservative Werte gelebt und weitergegeben werden" (queer.de berichtete).
Weiter keine Einsicht oder Entschuldigung
Wahlplakat für AKK aus dem Jahr 1994, vier Jahre später zog sie für wenige Monate in den Bundestag nach. Nun landet sie endgültig in der Bundespolitik, hat aber keinen Parlamentssitz (Bild: CDU / wikipedia)
In Interviews in der letzten Woche hatte "AKK" ihre Ablehnung der Ehe für alle erneut bekräftigt: Sie habe ihre Meinung, zugleich gebe es nun eine andere Rechtslage, betonte sie mehrfach sinngemäß. Gegenüber den "Tagesthemen" verteidigte sie den Polygamievergleich: "Wenn ich sehe, dass es vor kurzem in einer überregionalen Tageszeitung einen großen Artikel etwa der liberalen Jugendorganisation gab, die genau das gefordert hat und gesagt hat, man kann nicht einsehen, warum eine Partnerschaft und eine Ehe auf zwei Menschen begrenzt ist, dann hab ich mit diesen Diskussionen nicht ganz falsch gelegen."
Nach der heftigen Erstkritik an ihren Äußerungen 2015 hatte sie sich in Interviews über die "Diskussionskultur" beklagt und betont, dass es ihr bei der Ehe-Frage auch um das "Kindeswohl" beim Adoptionsrecht gehe (queer.de berichtete). Auch eine spätere öffentliche Diskussion mit dem LSVD brachte keine Annäherung (queer.de berichtete). Als die Ehe für alle im letzten Sommer schließlich beschlossen wurde, warnte Kramp-Karrenbauer, man müsse darauf achten, "dass das Fundament unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts dadurch nicht schleichend erodiert" (queer.de berichtete).
Gratulation an designierte Minister
In der Pressemitteilung vom Dienstag gratulierte der LSU-Bundesverband noch allen designierten Kabinettsmitgliedern. Vogt zeigte "sich erfreut darüber, dass mit Peter Altmaier, Jens Spahn, Ursula von der Leyen, Monika Grütters und Hendrik Hoppenstedt gleich fünf Personen, die 2017 im Deutschen Bundestag für die Öffnung der Zivilehe für Homosexuelle mit Ja gestimmt haben, dem neuen Kabinett angehören sollen."
Auch mit ihnen werde man Gespräche führen und "Gemeinsamkeiten ausloten", zumal einige Ressorts "wichtige Themenfelder für die LGBTI-Community" seien. (cw)
Selbst die Aussage, die Eheöffnung würde zu Inzest und Polygamie führen (die sie noch vor kurzem in den Tagesthemen wiederholt hat, die sie aber weder theoretisch noch empirisch begründen kann) stört die LSU nicht.
Wie groß muss wohl der Selbsthass der Lesben und Schwulen in der Union sein, um kein Problem mit solchen Diffamierungen zu haben und deren Urheber sogar noch in Schutz zu nehmen...