Die CSU-Homophobie hat Simon Giegerich in die Arme der Sozialdemokraten getrieben (Bild: CSU)
Der 39-jährige Kommunalpolitiker Simon Giegerich, der in seiner unterfränkischen Heimatgemeinde Obernburg am Main als Stadtrat und Zweiter Bürgermeister aktiv ist, hat wegen politischen Differenzen die CSU verlassen und ist fortan SPD-Mitglied. Giegerich gab gegenüber dem "Main-Echo" an, ein Grund für seinen Wechsel sei die Haltung der CSU gegenüber homosexuellen Paaren gewesen – er selbst lebt in einer Lebenspartnerschaft.
"Meine politische Meinung hat sich geändert. Das ist ein Prozess, der über Jahre ging", so Giegerich. Ihn habe auch die CSU-Aussage "Wir müssen den rechten Rand abdecken" befremdet.
Sein Amt als zweiter Bürgermeister der 8.600 Einwohner zählenden Stadt will er bis 2020 behalten. "Ich bin für sechs Jahre gewählt", so Giegerich.
Die CSU bedauert den Parteiwechsel Giegerichs. "Er hat es begründet, und ich kann es nachvollziehen", sagte der Erste Bürgermeister Dietmar Fieger. Der CSU-Fraktionschef im Stadtrat, Christopher Jany, äußerte die Hoffnung, dass die beiden Bürgermeister auch nach dem Parteiwechsel loyal zusammenarbeiten können.
CSU profiliert sich als Gegnerin von LGBTI-Rechte
Die CSU galt über Jahre – und gilt weiterhin – als Hauptbremserin in der Bundes- und Landespolitik, wenn es um die Gleichbehandlung von Homo-Paaren ging. So war auch der Widerstand gegen die Ehe für alle bei der Abstimmung Ende Juni 2017 im Bundestag unter den Christsozialen am größten: Von 57 CSU-Parlamentariern stimmten mit Bernd Fabritius, Astrid Freudenstein, Hans Michelbach, Wolfgang Stefinger, Dagmar Wöhrl, Tobias Zech und Gudrun Zollner nur sieben Abgeordnete für die Gleichbehandlung.
Außerdem droht das von der CSU alleinregierte Bayern als einziges deutsches Bundesland weiterhin mit einer Klage gegen die Öffnung der Ehe: Im September gab die Seehofer-Regierung zwei Rechtsgutachten in Auftrag, um zu prüfen, ob sie zur Ehe für alle eine Normenkontrollklage in Karlsruhe stellen soll (queer.de berichtete).
Die CSU lehnt außerdem einen Aktionsplan gegen Homophobie ab, der bereits in fast allen anderen Bundesländern beschlossen worden ist. In Bayern gebe es dafür "keine Notwendigkeit", behauptete die Staatsregierung im Jahr 2015 (queer.de berichtete). (dk)
Update 17.30h: Gratulation von der SPD
Per Pressemitteilung gratulierte die queerpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Isabell Zacharias am Mittwochnachmittag Giegerich zu seinem Austritt aus der CSU. "Wir haben im Bund die Ehe für Homosexuelle durchgesetzt – gegen den heftigen Widerstand der CSU", erklärte die Sozialdemokratin."Das ist moderne Gesellschaftspolitik. Ich heiße Simon Giegerich herzlich willkommen bei uns."
Vor Jahren hätte ich diese Meldung und diese Entscheidung von dieem Bürgermeister sehr gut nachvollziehen können.
ABER gerade jetzt - wo im letzten Sommer - ÜBER ein VIERTEL der konsservativen Unionsbageordneten im Bundestag der Ehe für alle ZUGESTIMMT haben, und CDU-geführte Landesregierung aber auch selbst die bayrische CSU-Landesregierung nicht im Bundesrat "auf die Barrikaden" gegangen sind und nicht einmal die bayrische CSU-Landesregierung den Gang nach Karlsruhe beschritten hat, was die CSU damals mit Sachsen 2001 gemacht hat, da erschließt sich mir dieser Schritt nur "teilweise".
Ich für meinen Teil hatte nicht erwartet, das ÜBER ein Viertel der konservativen Union der Ehe für alle im Bundestag zustimmt, denn da erinnere ich mich noch an die Debatten, dass es "allenfalls 13 WILDE" in der Union seien, die die Ehe für alle mittragen würden.
Ich fand es gut, das Ursula von der Leyen, Peter Tauber, Peter Altmaier, Stefan Kaufmann, Bernd Fabritius Kristina Schröder, Ole Schröder, Stephan Albani, Maik Beermann, Maria Böhmer, Gitta Connemann, Alexandra Dinges-Dierig, Astrid Freudenstein, Thomas Gebhardt, Cemile Giosouf, Monika Grütters, Klaus-Dieter Gröhler,Herlind Gundelach, Fritz Güntzler, usw. zugestimmt haben.
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www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=4
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(Bundestag: namentliche Abstimmung)
Aber es mag wohl daran liegen, das die bayrische CSU noch einmal "anders" tickt als die CDU. Vielleicht fühlt man sich auch mittlerweile bei der CDU als schwuler Mann/Politiker besser akzeptiert als bei der bayrischen Schwesterpartei CSU in Bayern.
Daher werde ich wohl künftig als LGBT-Aktivist die CDU als LGBTI-freundlich einstufen ("denn dazu waren es einfach zu viele CDU-Abgeordnete und CDU-Landesregierungen die im letzten Sommer mitgemacht haben"), aber die bayrische CSU eher als LGBTI-unfreundlich. Vor 20 Jahren hätte ich dies bei beiden Parteien gemacht.
Und ich werde denjenigen Verdächtigen im grün-linken Spektrum massiv widersprechen, die die CDU ins LGBT-unfreundliche Lager schreiben, "dissen" und "mobben".