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"Abstrus konstruierte Vorwürfe"

Dieter Nuhr und Jürgen von der Lippe wollen nicht homophob sein

Die beiden Unterhalter wehren sich im "Spiegel" gegen die im neuen Buch von Nollendorfblogger Johannes Kram erhobene Anschuldigung, Witze auf Kosten von Schwulen zu reißen.


Wir könne er denn homophob sein, fragt der Kabarettist Dieter Nuhr, er habe sich doch für die Ehe für alle eingesetzt (Bild: WDR)
  • 3. März 2018, 05:47h 210 4 Min.

Die von Nollendorfblogger Johannes Kram angestoßene Debatte über Homophobie in der Comedyszene hat den "Spiegel" erreicht. In der neuen Ausgabe wehren sich sowohl der Kabarettist Dieter Nuhr als auch der Entertainer Jürgen von der Lippe gegen den Vorwurf, abwertende Witze auf Kosten von schwulen Männern gerissen zu haben.

"Homophobie bleibt Homophobie, auch wenn sie lustig ist", schreibt Kram in seinem neuen Buch "Ich hab ja nichts gegen Schwule, aber…" (Amazon-Affiliate-Link ), das in dieser Woche im Berliner Querverlag erschienen ist. Im Januar hat queer.de einige Thesen des Bloggers am Beispiel Bully Herbigs vorab veröffentlicht.

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Lacher über Analverkehr und Tunten


Das Buch von Johannes Kram ist seit Donnerstag im Handel erhältlicg

"Der Vorwurf der Homophobie ist, was meine Person angeht, absurd", erklärt Nuhr gegenüber dem Hamburger Nachrichtenmagazin. "Es erscheint mir irre, mit welchen abstrus konstruierten Vorwürfen man sich heutzutage auseinandersetzen muss. Empörung braucht heute offensichtlich auf allen politischen Seiten keinen realen Anlass mehr." Er habe sich "zahllose Male" in Sendungen für die Ehe für alle eingesetzt, merkt der Kabarettist an. Viele homo­sexuelle Freunde hätten sich dafür bei ihm bedankt.

Konkret geht es um eine Folge des ARD-"SatireGipfels" aus dem Jahr 2014, in der sich Dieter Nuhr über Homophobie in Russland lustig macht – und dabei selbst tief in die Klischeekiste greift. So spielt er etwa den russischen Präsidenten als tuntige "Prinzessin Phhuhhhtiehn", die sich in die "erigierte Brustwarze" kneift und wie andere Schwulenfeinde, die "selber Popoträume" hätten, darauf hofft, dass jemand in der Gemeinschaftsdusche die Seife fallen lässt.

Nuhr habe "sieben Gags gerissen, die darauf beruhen, dass schwuler Sex lustig ist, fünf über Analverkehr, drei Lacher hat er sich über die Lächerlichkeit von Tunten abgeholt, und einen darüber, dass auch Bisexuelle dauernd Sex haben", hat Johannes Kram bereits direkt nach der Ausstrahlung in seinem Blog kritisiert.

Direktlink | Dieter Nuhr 2014 im "SatireGipfel" über Homophobie in Russland
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Jürgen von der Lippe für "Normalbehandlung" von Homos

"Normalität schafft man nur durch Normalbehandlung", kontert Jürgen von der Lippe, dem Kram in seinem Buch einen Witz über die Vergewaltigung eines heterosexuellen Ehemanns durch einen schwulen Einbrecher ankreidet. Homo­sexuelle müssten wie Blinde, Behinderte oder Ausländer in Witzen vorkommen dürfen, findet der Fernsehmoderator laut "Spiegel" – "solange diese nicht gehässig sind oder die Person verächtlich machen".

Genau diese Grenze ist für Johannes Kram überschritten. "Natürlich darf man, soll man, muss man" über Homo­sexuelle lachen, schreibt er in seinem Buch. "Und natürlich kann Humor nicht gerecht sein, er muss inkorrekt sein, überzeichnen, Klischees strapazieren." Ob Lustiges homophob ist, sei aber "spätestens dann eindeutig, wenn damit eine Abwertung verbunden ist", so Kram. "Wenn es der dumme Homo ist, wenn er dumm ist, weil er Homo ist: Dann ist es Homophobie. Ist es so schwer, den Unterschied zwischen 'über etwas lachen können' und 'etwas lächerlich machen' zu verstehen?"

Johannes Kram: "Niemand ist perfekt"


Johannes Kram lebt als Autor, Textdichter, Blogger und Marketingstratege in Berlin. Seit 2008 betreibt er das Nollendorfblog, 2013 initierte er den "Waldschlösschen-Appell" gegen Homophobie in den Medien (Bild: Markus Lücke)

In einem neuen Blogbeitrag vom Freitag gibt sich Johannes Kram versöhnlich. Es gehe ihm nicht darum, "Urteile über andere auszusprechen, sondern ins Gespräch zu kommen", heißt es dort. "Niemand ist perfekt, niemand ist fehlerfrei und soll es auch nicht sein." Er wolle mit seinem Buch dazu beitragen, "dass wir die gängigen Reflexe überwinden, dass ein Hinweis auf Homophobie möglich ist, ohne dass er als Generalangriff auf die Person oder ihre Kunst betrachtet wird."

Doch nicht nur bei Dieter Nuhr, auch bei Sebastian Krumbiegel von den Prinzen scheint Kram genau das Gegenteil erreicht zu haben. Er habe ernsthaft überlegt, den vom Nollendorfblogger kritisierten Song "Hasso" ("Mein Hund ist schwul, die dumme Sau/ er macht nicht kläff, er macht nur wau/ er ist als Pudel ein Ästhet/ dem öfter mal die Nudel steht/ was meistens nur im Rudel geht") aus dem Repertoire zu nehmen, verrät Krumbiegel dem "Spiegel" – doch letzten Mittwoch hat er das Lied bei einem Konzert in Dortmund bewusst wieder gesungen. "Wir wollen uns in unserer Kunst nicht einschränken lassen."

Über mangelnden Zuspruch zu seinen Thesen kann sich Johannes Kram allerdings auch nicht beklagen. Gegenüber queer.de meint er stolz über sein Buch: "Bereits vor Verkaufsstart war die komplette ursprüngliche Erstauflage verkauft." (mize)

Infos zum Buch

Johannes Kram: Ich hab ja nichts gegen Schwule, aber… Die schrecklich nette Homophobie in der Mitte der Gesellschaft. Taschenbuch. 160 Seiten. Querverlag. Berlin 2018. 14,90 €. ISBN 978-3-89656-260-9. Am 11. April findet im Berliner Tipi am Kanzleramrt eine Buchpremiere mit zahlreichen Prominenten statt.
Wöchentliche Umfrage

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#1 BEARAnonym
  • 03.03.2018, 07:22h
  • Wenn diese Herren nicht homophob sein wollen, dann sollten sie es halt einfach nicht sein.
  • Direktlink »
#2 LachhaftAnonym
  • 03.03.2018, 07:35h
  • "Er habe sich "zahllose Male" in Sendungen für die Ehe für alle eingesetzt, merkt der Kabarettist an."
    Kann mir jemand sagen, welche Sendungen das waren, ist mir bisher nie aufgefallen, dass Herr Nuhr ein Aktivist für die Rechte von LGBT gewesen ist!

    "Normalität schafft man nur durch Normalbehandlung [...] Homosexuelle müssten wie Blinde, Behinderte oder Ausländer in Witzen vorkommen dürfen,"
    Wie wärs mal mit Witzen über heterosexuelle weiße Männer, mal so als Normalbehandlung? Ach ja, da gibts ja keine! Trump Witze zählen nicht, Trump ist Realsatire und kein Witz!
  • Direktlink »
#3 Andy2Anonym
  • 03.03.2018, 08:01h
  • Ich denke, es ist ganz wichtig zu unterscheiden zwischen homophob zu sein und einen homophoben Witz zu äußern.

    Natürlich sind viele Witze von Comedians (nicht nur in Deutschland, sondern weltweit) in irgendeiner Form diskriminierend, weil häufig Minderheiten dafür herhalten müssen. Man denkt doch nur einmal an die ganzen US-Filme, bei denen Schwule jahrzehnte lang überhaupt nicht vorkamen - und wenn, dann waren sie gerade mal die Pointe eines Witzes oder sie haben "den lustigen Schwulen" verkörpert, der wirklich alle Klischees erfüllt.

    Dies trägt dazu bei, dass Stereotype tradiert werden. Wer dies nicht versteht, hat das ganze Konzept von Diskriminierung noch nicht verstanden. Dies heißt nicht, dass die ganzen Filmemacher, Comedians, etc. selbst homophob sind, aber das wird, soweit ich es verstanden habe, in den Buch auch nicht behauptet.
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