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Ehe für alle

Verschwörungstheorien in der "Neuen Juristischen Wochenschrift"

Ein Beitrag in Deutschlands führender juristischer Fachzeitschrift rückt das Verfahren zur Eheöffnung in die Nähe der NS-Justiz – und wirft Bundestag, Bundesrat und Bundeskanzlerin vor, das Verfassungsgericht "ausgetrickst" zu haben.


Die "Neue Juristische Wochenschrift" wird vor allem von Rechtsanwälten, Notaren, Richtern, Rechtspflegern, Rechtsreferendaren und Jura-Studenten gelesen (Bild: NJW)

  • Von Dr. Sven Kerkhoff
    4. April 2018, 11:16h 26 3 Min.

Während die Grünen im Bundestag von den Gegnern der Ehe für alle eine Entschuldigung fordern, nachdem es auch sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes weder Frösche vom Himmel geregnet hat noch weniger Ehen zwischen Heterosexuellen geschlossen wurden oder das Abendland untergegangen ist, können sich einige offenbar weiterhin nicht mit dem gesellschaftlichen Fortschritt abfinden.

In der Ausgabe 13/2018 von Deutschlands führender juristischer Fachzeitschrift, der "Neuen Juristischen Wochenschrift" (NJW), kommt dazu der emeritierte Juraprofessor Bernd Rüthers zu Wort. Er lässt es nicht bei der nach 20-jähriger politischer und fachlicher Debatte samt mehrerer Sachverständigenanhörungen im Bundestag merkwürdigen Behauptung bewenden, der Gesetzentwurf in dieser Grundsatzfrage sei im vergangenen Jahr "weitgehend diskussionslos" durchgewunken worden. Nein, Rüthers holt gleich das große Kaliber heraus. Da nach seiner Meinung eine Verfassungsänderung notwendig gewesen wäre, erinnere das Verfahren zur Eheöffnung durch einfaches Gesetz an die Parole von Carl Schmitt, der 1934 schrieb: "Wie denken die Rechtsbegriffe um. (…) Wir sind auf der Seite der kommenden Dinge!"

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Rüthers wittert die Aushöhlung des Rechtsstaats

Bei Carl Schmitt, der auch als "Kronjurist des Dritten Reiches" bezeichnet wird, handelt es sich um einen antidemokratischen Vordenker der furchtbaren Juristen. Rüthers rückt das Verfahren zur Eheöffnung also ganz bewusst in die Nähe des Denkens und Vorgehens der Nationalsozialisten. Eine wahrhaft perfide und intellektuell nur dürftig verbrämte Umkehrung der Täter-Opfer-Konstellation, mit der ganz AfD-like diesmal nicht der Idee von der jüdischen, sondern von der schwulen Welt- bzw. Polit-Verschwörung das Wort geredet wird.

Doch damit nicht genug: Rüthers versteigt sich darüber hinaus zu der Behauptung, ein "Zusammenspiel der Verfassungsorgane" führe dazu, dass in dieser Rechtsfrage die Kontrolle des Bundesverfassungsgerichts "ausgetrickst" werde. Worin der Trick liegen soll, beschreibt Rüthers nicht. Durch den Begriff legt er nahe, es gebe hier ein unsauberes, unredliches Zusammenwirken zwecks Aushöhlung des Rechtsstaats.

In Wirklichkeit ist allein festzustellen, dass derzeit keiner der Berechtigten (die Bundesregierung, eine der Landesregierungen oder ein Viertel der Mitglieder des Bundestages) den Antrag auf abstrakte Normenkontrolle stellt, was allerdings bei entsprechendem politischen Willen jederzeit noch fristunabhängig möglich wäre.

Bayerische Rechtsgutachten bleiben unerwähnt

Die Bayerische Staatsregierung hat viele tausend Euro in die Hand genommen, um sich durch zwei fundierte Rechtsgutachten von einem solchen Schritt abhalten lassen. Sich mit diesen Gutachten auseinanderzusetzen oder sie zu erwähnen, ist Rüthers nicht der Mühe wert. Er begnügt sich damit, die Stichworte und Argumentationsmuster der Populisten zu platzieren. Dass er dabei vergeblich eine – im Ergebnis höchst absehbare – Entscheidung ausgerechnet jenes Gerichts herbeisehnt, das sich laut seinen Thesen (vgl. Rüthers, "Die Revolution: Vom Rechtsstaat zum Richterstaat") unzulässig viele Kompetenzen bei der Rechtsauslegung anmaßt, sei nur am Rande erwähnt.

Auf kritische Nachfrage, warum die NJW ein solches Elaborat abdruckt, antwortete deren Schriftleiter Tobias Freudenberger lapidar, es handele um einen (ganzseitigen!) Leserbrief, an den man "weniger strenge Anforderungen" stelle.

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#1 felix-cgnAnonym
  • 04.04.2018, 15:07h
  • Es wird Zeit, dass der traditionell braune Sumpf bei deutschen Juristen (Jurist*innen) untersucht wird, auch nach seiner Homo- und Trans*feindlichkeit.

    Dass es dort nicht zum besten steht, pfeifen die Spatzen schon seit Jahren von den Dächern. Anders als bei den Mediziner*innen geht ein Problembewusstsein gegen Null. Wann wird es endlich die erste große Studie dazu geben?

    Danke, dass hier auf die NJW-Veröffentlichung hingewiesen wurde!
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#2 Tommy0607
  • 04.04.2018, 15:18hEtzbach
  • DER Herr Prof. ist wohl in eine Zeit stecken geblieben und möchte eine Zeit wohl zurück haben. Es gibt kein 3. Reich mehr wie im 2. JT: Und das ist auch gut so . Und wenn ER einen bes. Bürger "spielen wollen : Ab zum Mars. Kann gleich alle "Kollegen a bes. Bürger " mitnehmen . Wir leben im 3. JT. Und solangsam sollten Menschen merken , dass Homophobie sowie Rassismus nicht gut für die Welt ist!
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#3 Petrus48Anonym
  • 04.04.2018, 15:19h
  • Tja der Herr Rüthers ist Jahrgang 1930 und wird im Juli, wenn er es denn noch schafft, 88 Jahre alt.

    Was will man denn von so einem Typen noch erwarten, der kurz vor der Demenz steckt und dem im Altenheim langweilig ist.

    Solche alten Männer wollen halt noch einmal kurz bevor der "Fahrstuhl nach oben bzw. nach unten" geht, kräftig einen Stinkefurz als Erinnerung zurücklassen.

    Die Zeit wird auch über Herrn Rüthers hinweggehen bzw. die Zeit ist bereits über Ihn hinweggegangen, da mit Deutschland 25 Staaten mittlerweile die Ehe für alle ermöglicht haben, und weitere 15 Staaten mindestens Lebenspartnerschaftsinstitute am Standesamt erlaubt haben.

    Daher über solche alten Männer weit über 80 Jahre -kurz vor dem "Ableben" - kann ich nur noch milde lächeln.

    ----

    Die eigentliche Frage ist aber, wer bei der NJW hat es erlaubt, dass dieser Leserbrief dort abgedruckt wurde. Das wäre interessant gewesen, zu erfahren, wer bei der NJW die Verantwortung dafür trägt. In der Tat ein geistiges Armutszeugnis für die NJW, das sie einen solchen Leserbrief veröffentlicht haben, und das schadet der NJW eher sehr, als das es der NJW "zu Ruhm und Anerkennung" gereicht.
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