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"Konservatives Manifest"

CDU-Flügel will mehr AfD wagen

Die "Werte-Union" will weniger Islam und "Genderforschung", dafür ein "Leitbild 'Vater, Mutter, Kinder'". Jens Spahn und Annegret Kramp-Karrenbauer suchen die Nähe.


Diese Unions-Mitglieder wollen "Gottes Schöpfung" bewahren und ihrer Partei ein konservativeres Profil verleihen – u.a. durch die Bekämpfung von LGBTI-Rechten (Bild: WerteUnion / facebook)

  • Von Norbert Blech
    9. April 2018, 03:33h 104 4 Min.

Konservative Gruppen und Mitglieder von CDU und CSU, die sich in den letzten Monaten in der "Werte-Union" bzw. dem "Freiheitlich-Konservativen Aufbruch" zusammengeschlossen haben, wollen mit einem am Samstag beschlossenen Manifest ihrer Partei einen konservativeren Stempel aufdrücken.

"Wir wollen, dass sich die Union wieder auf ihre Grundwerte besinnt und unsere auf dem Christentum fußenden Überzeugungen im politischen Alltag umsetzt", heißt es in dem beim Jahrestreffen in Schwetzingen verabschiedeten Papier (PDF). "Hierzu zählen vor allem Fragen des Lebensrechts, der Familie und der Würde des Menschen. Unser Bestreben gilt dabei auch der Bewahrung von Gottes Schöpfung."

Wenige Monate nach Einführung der Ehe für alle betont das Manifest daher u.a., "Ehe und Familie" seien "für uns die wichtigsten Grundlagen unserer Gesellschaft" und "das Leitbild 'Vater, Mutter, Kinder'" ein "elementarer Grundpfeiler". Auch spricht sich die "Werte-Union" gegen eine "staatliche Förderung der ideologisch motivierten sogenannten Genderforschung" aus.


Die Union sorgt wieder für Schlagzeilen, die Regenbogenfamilien abwertet

Auch ansonsten sucht das Papier eine Nähe zur AfD, will die doppelte Staatsbürgerschaft abschaffen oder die Wiedereinführung der Wehrpflicht prüfen. Die konservativen Unions-Mitglieder bezeichnen die "Masseneinwanderung seit 2015" als "rechtswidrig"; diese sei "rückgängig" zu machen. Die "Aufnahme von Asylbewerbern und Flüchtlingen" über eine Obergrenze hinaus sei "unvertretbar".

Ferner betont das Papier, der Islam sei "nicht nur Religion sondern zugleich politische Ideologie mit Allmachtsanspruch". Muslime müssten "auf die Mehrheitsgesellschaft zugehen und sich assimilieren", anstatt sich nur auf das Grundgesetz zu verpflichten. Die Unionsmitglieder beklagen "politischen Extremismus von rechts und links", heben aber insbesondere "islamischen Extremismus und Scharia" hervor.

Von der "Demo für alle" zum CDU-Parteitag?

Der Vorsitzende der "Werte-Union", Alexander Mitsch, hatte zur Ehe-Öffnung im letzten Sommer in einem von Klaus Kelle – erzkonservativer Publizist und Ehemann der homofeindlichen Aktivistin Birgit Kelle – betriebenen Portal geschrieben, dass die "staatliche Privilegierung der Ehe gegenüber anderen Lebensgemeinschaften" ihre Berechtigung durch ihre "Funktion zum Fortbestand der Gesellschaft" erhalte: "Dieser Fortbestand über Generationen kann nur in einer Verbindung von Mann und Frau gesichert werden." Später schrieb er für die "Werte-Union" an Bundespräsident Walter Steinmeier, dieser solle das Gesetz zur Ehe für alle wie das zur Netzwerkdurchsuchung aufgrund "mannigfaltig vorgetragenen Bedenken bezüglich seiner Verfassungsmäßigkeit" vor Unterzeichnung genau überprüfen lassen.

Bei seiner Gründung als Dachverband mehrerer konservativer Unionskreise vor rund einem Jahr hatte der damalige "Freiheitlich-konservative Aufbruch in der Union" (FKA) u.a. auch ein "Ende der Frühsexualisierung an Schulen" gefordert.

Dass die Agitation von "Demo für alle", AfD und Co. gegen eine angemessene Schulaufklärung über LGBTI in den Forderungen auftauchte, ist kein Zufall: Der stellvertretende Vorsitzende Thomas Jahn, Chef des bayrischen Landesverbands der "Werte-Union", ist ein einfriger Unterstützer der homofeindlichen Demo-Bewegung und trat mehrfach als Redner bei ihren Kundgebungen auf. Man dürfe nicht zulassen, dass die Regierung "Kinder ideologisch für irgendwelche verrückten Gender-Experimente missbraucht", sagte er etwa 2015 in Stuttgart. Sein "Konservativer Aufruf" lud auch Birgit Kelle, die immer noch CDU-Mitglied ist, zur Präsentation ihres Buches "Gender-Gaga" nach München ein.

Direktlink | Thomas Jahn bei einer "Demo für alle" in Stuttgart
Datenschutz-Einstellungen | Info / Hilfe

Bei der Verabschiedung des Manifests als Mitglieder und Redner anwesend waren u.a. auch die erzkonservative Düsseldorfer CDU-Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel und der frühere hessische CDU-Fraktionschef Christean Wagner, der jahrelang gegen die Gleichstellung homosexueller Paare gekämpft hatte. Der baden-württembergische CDU-Generalsekretär Manuel Hagel hatte an der Veranstaltung als Gastredner teilgenommen.

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Umworben von Spahn und AKK

Obwohl der "Werte-Union"-Vorsitzende Alexander Mitsch im Vorfeld des Treffens vom Samstag mit Rücktrittsforderungen an Angela Merkel für Schlagzeilen gesorgt hatte, die Mitgliedszahl bislang recht überschaubar scheint und die im Manifest festgehaltenen Forderungen teilweise ausgrenzend sind, geht die Parteiführung nicht auf Distanz.

Die neue CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, die das Amt trotz fortgesetzter Ablehnung der Ehe für alle bekam (queer.de berichtete), hat den konservativen Flügel ihrer Partei etwa zur Mitarbeit am neuen Grundsatzprogramm eingeladen. "Die CDU hat drei Wurzeln – die christlich-soziale, die liberale und die konservative. Alle drei sind uns gleichermaßen wichtig", sagte sie den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. "Bei unserem beginnenden Grundsatzprogramm-Prozess wird es viele Möglichkeiten für unsere Mitglieder geben, sich in die Debatten einzubringen."

Der ebenfalls für eine "konservativere" Union kämpfende Gesundheitsminister Jens Spahn schrieb für die Veranstaltung gar ein Grußwort: Die Union brauche Kreise wie die "Werte-Union" und die Besinnung auf einen klugen liberalen Konservatismus, betonte der schwule Politiker laut "Tagesschau" in dem Schreiben. "Wenn wir reden und handeln in einer Haltung, die breite, sich bürgerlich fühlende Schichten zuletzt oft schmerzlich vermisst haben, dann können wir die AfD überflüssig machen."

#1 TimonAnonym
  • 09.04.2018, 08:22h
  • Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Union und AfD koalieren. Und dann können wir uns warm anziehen.

    Und da es immer leichter ist, die Macht zu halten statt sie zu erlangen, ist auch die SPD williger Helfer dieser Entwicklung. Denn nicht nur, dass Grokos generell extreme Kräfte stark machen und dass die SPD mit ihrem Wortbruch das Klischee fördert, auf die "Alt-Parteien" sei kein Verlass. Sondern sie gibt der Union auch die Möglichkeit, sich bequem aus der Regierung heraus nach rechts zu erneuern.
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#2 WindheimerAnonym
  • 09.04.2018, 08:56h
  • Antwort auf #1 von Timon
  • Umso wichtiger ist es, das die SPD doch noch in der Regierung geblieben ist und den Konservativen und Rechten nicht das Feld überlassen hat...auch wenn die immer wieder mit den Flüchtlingen ihre Politik noch durchsetzen wollen...
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#3 AndreasKAProfil
  • 09.04.2018, 09:11hKarlsruhe
  • ... soso ... der Herr Spahn spannt sich nun selbst auch vor diesen Karren ...

    Ich finde es prima, dass sich nun die besonders wertekonservativen Anhänger der C-Parteien so konstelllieren. Nicht weil ich das inhaltlich begrüße, sondern weil so unübersehbar wird, wie sich Teile der C-Parteien nun offen an die anderen rechten Strömungen andocken.

    Dem letzten Verträumten von uns wird nun einiges klar vor Augen geführt:
    1.) Spahn ist nicht als Schwuler an sich für unsere Rechte und Bedürfnisse ein Gewinn - im Gegenteil. Er gerät zum "Quotenschwulen" und positioniert sich als Galionsfigur für heteronormaitve und reaktionäre Werte.
    2.) Der Rollback in unserer Gesellschaft ist eine reale Gefahr. Er ist kein Hirngespinst der hysterischen Homo-Lobby.
    3.) Daraus folgt, dass wir uns nichts mehr schönreden oder schönreden lassen. (Nicht einmal hier in den Kommentaren!)
    4.) Wir haben es in der Hand auf CSDs und weit darüber hinaus immer wieder Position zu beziehen und Erreichtes zu verteidigen und noch zu Erreichendes einzufordern. Das sollten wir tun, und zwar offensiv.
    5.) Argumente, Argumente, Argumente - ein gesellschaftlicher Streit kann nicht geführt werden, ohne zu argumentieren. Das mühsame Geschäft des Entlarvens von Meinungen die auf tönernen Füßen stehen ist nun an uns ... an wem sonst ... wenn es um "queere Rechte" geht.

    Also - Kopf klar, Brust raus und Rücken gerade.
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