99 Kommentare
- 20.04.2018, 14:13h
- ich habe nicht die ganze broschüre gelesen und auch nicht vor, das zu tun, weil ich theologischen kram nicht ernst nehmen kann (ausgerechnet paulus als kronzeuge geschlechtlicher toleranz? oh please...).
vermutlich sind vor allem die kurzinterviews hilfreich, manchen leser_innen einen thematischen zugang zu erlauben, der ihnen bisher schwerfiel.
aber wenn man schon den anspruch hat, geschlechtliche vielfalt in ihrer gesamtheit anzusprechen, dann sollte man doch darauf achten, nicht schon in der einführung solche klopper wie "Jeder [!] Mensch hat ein [!] Geschlecht" rauszuhauen, die nur zeigen, dass man die Grundidee, die man da propagieren möchte, selbst überhaupt nicht verinnerlicht hat. - |
- 20.04.2018, 14:33h
- Die Grundidee der Evangelischen Kirchen ist es, sich möglichst an den herrschenden Zeitgeist, sei er nun braun, grün oder rot, anzupassen und irgendein schwammiges Geschwurbel abzugeben, aus dem einen nachher kein Strick gedreht werden kann. Der lutherische Protestantismus ist und bleibt ein Glaube für Wendehälse. Sachliche Unstimmigkeiten sind da nebensächlich.
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- 20.04.2018, 14:46hKarlsruhe
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Aus Sicht der Kirche ist das sicher ein Fortschritt und bestimmt begrüßen auch "Queere Christen" diese Broschüre.
Das ist die einzige Anmerkung, die ich dabei positiv formulieren kann. Ansonsten denke ich wie du und führe mal Weiteres aus:
Solche Broschüren lenken m.E. vom Grundproblem der Kirchen - auch der evangelischen Kirchen - ab.
Um ihr Glaubensfundament zu wahren, sind sie gezwungen, darauf basierend ihre Argumentationslinien aufzubauen bzw. aktuell auszurichten. Und auch wenn es noch so gut gemeint ist (Gut gemeint ist bekanntlich die kleine Schwester von ... klar, oder?), muss man dabei das Bestehende - zumindest die Schrift - entsprechend interpretieren.
Da liegt der Hase im Pfeffer!
Die Bibel kann nicht als Vorlage zu quere-freundlichen Leitlinien dienen. Selbst wenn man hier und da entspannte Passagen etwa zum Thema Homosexualität ausmachen mag, gibt es deutlich mehr Gegenthesen, die eine klare Argumentation relativieren.
Und dann kommen Eiertänze und Stilblüten dabei heraus oder etwa die von dir zu Recht erwähnte unsägliche Darstellung des Paulus als "offenen" Apostel.
M. E. hat Paulus das Christentum, das nichts anderes ist als eine jüdische Sekte, auch Nicht-Juden geöffnet, um seine Heilsbotschaften anderen zu öffnen - good will um allen das Heil zu bringen. Den willkommenen Nebeneffekt, so noch mehr Menschen zu Christen zu machen als nur konversionswillige Juden, und die Christensekte zu stärken wird er begrüßt, vielleicht auch mutbeabsichtigt haben. Er hatte bekanntlich Erfolg. Ich bin mir sicher, sollte Paulus zur Kenntnis nehmen können, dass er als Leuchturm für homefreundliche Menschen dargestellt wird, würde er sich nach reichlicher Grabesrotation umgehend hinsetzen und einen scharfen "... das geht so auf keinen Fall-Brief" an diese Gemeinde formulieren, der garantiert Eingang ins Neue Testament finden würde. Immerhin handelt es sich bei Paulus um einen von zwei Apostelfürsten. (Ich meine natürlich den biblischen Paulus, nicht den Kommentatoren mit entsprechendem Necknamen/entsprechenden Necknamen ;-) ).
Kirche ist ein Konstrukt und keine Wahrheit. Und ihre Wahrheiten werden immerhin lauter als "Glaubenswahrheiten" bezeichnet - ein kleiner feiner Hinweis, dass sie mit wissenschaftlichen Wahrheiten nicht übereinstimmen müssen.
Sowas mag Menschen helfen können, sich in einem Moralsystem zu orientieren - verengt aber gleichzeitig sehr stark auf kirchliche Werte, die einer vorderasiatischen Volksgruppe entstammen die vor über 2000 Jahren dies und das für richtig erachtete.
Diese Wert sind längst durch die Menschenrechte überholt. Sie sind, anders als die Religionen, nicht ausschließend und jeder Mensch, gleichgültig welcher Weltanschauung oder Religionszugehörigkeit, kann mit ihnen ein selbstbestimmtes Leben führen.
Ich bin nicht bereit, mein Wertesystem und meine Ethik auf ein religiöses Fundament zu stellen, dass dermaßen brüchig, unlogisch, verquast und somit unglaubwürdig ist. - |
- 20.04.2018, 15:25h
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"Die Grundidee der Evangelischen Kirchen ist es, sich möglichst an den herrschenden Zeitgeist, sei er nun braun, grün oder rot, anzupassen und irgendein schwammiges Geschwurbel abzugeben, aus dem einen nachher kein Strick gedreht werden kann."
das gilt für einen großen teil dieser kirche. da sind aber noch andere einflussreiche teile, die persönliche freiheiten und moderne gesellschaftsvorstellungen als "zeitgeist" verteufeln und mit allen mitteln bekämpfen. auch diese tummeln sich munter unter dem dach der ekd und werden auch nie wirklich in die schranken gewiesen.
ich möchte deinen kommentar also ergänzen um die mindestens ebenso wichtige grundidee, im zweifelsfall eher kompromisse bei der menschenwürde einzugehen als eine kirchenspaltung zu riskieren. - |
- 20.04.2018, 15:35h
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"Und dann kommen Eiertänze und Stilblüten dabei heraus"
... und man fragt sich als außenstehender wirklich oft, wie es sein kann, dass die das selber nicht merken.
mich hat noch niemand glaubhaft davon überzeugen können, dass "theologie" mehr sein sollte als die zweifelhafte kunst, eigene moralvorstellungen, seien sie nun reaktionär, konservativ oder relativ liberal, nachträglich mit dem siegel des "göttlich gewollten" zu adeln, weil man irgendwie den schritt nicht hinbekommt, zu einer wirklich selbst-verantworteten ethik zu gelangen.
und wenn man versucht, aus texten, die einer noch viel sexistischeren und mit sicherheit wesentlich queerfeindlicheren zeit als der unseren entstammen, eine befreiung der geschlechter herauszulesen (bzw. in sie hinein), dann merkt man den versuchen eben an, welche knoten man sich dabei ins hirn machen muss. ich fand das eine zeitlang unterhaltsam, aber inzwischen langweilt es mich nur noch. was für eine unnötige zeitverschwendung. - |
- 20.04.2018, 17:18h
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Genau, purer Opportunismus.
Die Katholiken bleiben wenigstens konsequent in der Sache. Da lob ich mir auch die Evangelikalen und den Islam.
Bloß keine Kompromisse. - |
- 20.04.2018, 17:25h
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Aber ich habe Verständnis für die kritische Haltung einiger gegenüber einem Verein, in dem man Gemeinsamkeiten lebt und in einem friedlichen Geist zusammen kommt.
Es wiederspricht halt komplett der egostischen Oberflächlichkeit der Scene. - |
- 20.04.2018, 17:43h
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Die von dir aufgezählten Glaubensgemeinschaften sind mir mitnichten sympathischer, aber es ist zumindest deutlicher erkennbar, wohin bei ihnen der Hase läuft.
Der EKD werfe ich ihre Wendehälserei insofern vor, als dass sie sich mit Stellungnahmen dieser Art zwar scheinbar auf die Seite von unsereinem stellen, es sich aber mit den Schwulenheilervereinen vornehmlich im Osten der Republik aber auch nicht verscherzen wollen. Wie gesagt, so dass man ihnen keinen Strick draus drehen kann.
Ich sage das vor allem deshalb, um zu zeigen, dass die EKD den größtmöglichen Fortschritt des christlichen Glaubens verkörpert. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser Glaube einen reaktionären Kern hat und damit, wie jede andere Religion, inhärent nicht mit den gesellschaftlichen Entwicklungen schritthalten kann. - |
- 20.04.2018, 19:49h
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gemeinsamkeit und friedlicher geist?
etwa indem weniger werte segnungen anbietet, anstatt gleichwertig zu trauen? nur um nach außen mit infantilem beseltem glaubensgrinsen ein ach so liebes trugbild von sich zu präsentieren? indem man homoheiler in seiner dachorganisation hemmungslos gewähren und konversion"therapien" ausformulieren lässt? indem man schwule und lesben als "biologisch sinnlos" in die nähe von unwertem leben rückt, wie noch im februar '18 in BW von den dortigen lutheranern formuliert?
also nochmal: gemeinsamkeit und friedlicher geist?
dass ich nicht lache. gemeinsam gegen den klaren verstand schon, und frieden nur, wenn man den religioten zustimmt und sie ja nicht hinterfragt oder offenlegt. da gibt es in der von dir verächtlich gemachten "szene" deutlich mehr menschlichkeit und solidarität als bei euch gottesanbetern.
dir haben sie schlichtweg das gehirn verdummbibelt. - |
Jetzt noch eine Stellungnahme zu den Staatsleistungen und ein Verzicht auf die Ausübung kirchlichen Arbeitsrechts sowie aller sonstigen Privilegien und man könnte sich fast mit denen einigen.
Ausgetreten werde ich aber trotzdem bleiben.