Bundesfamilienministerin Franziska Giffey hat am Freitag Christine Lüders als Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) aus dem Amt verabschiedet. "Christine Lüders hat mit großem Engagement und viel Herzblut Antidiskriminierung und Gleichstellung in unserem Land vorangebracht", erklärte die SPD-Politikerin und sprach ihr für die geleisteten Dienste Dank und Anerkennung aus.
Die 65-jährige Lüders beendet Anfang Mai nach zwei Amtszeiten ihre Tätigkeit an der Spitze der Antidiskriminierungsstelle. Lüders war 2010 erstmalig als Leiterin der unabhängigen Behörde berufen worden, 2014 wurde sie erneut für eine vierjährige Amtszeit ernannt.
Holpriger Start der ADS
Die ADS wurde 2006 nach den Anforderungen des neu eingeführten Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eingerichtet. Der Start war äußerst holprig, was auch an der ersten Leiterin lag: Martina Köppen, einst Funktionärin der Deutschen Bischofskonferenz, hielt den Schutz von Schwulen und Lesben für entbehrlich (queer.de berichtete).
Christine Lüders hat die Antidiskriminierungsstelle mit ihren nur rund 20 Mitarbeitern dagegen in eine effektive und schlagkräftige Institution verwandelt, die diesen Namen verdient – und wehrte sich dabei offen gegen Ignoranz und Widerstände vor allem aus der Union. "Ich hatte nie ein Vier-Augen-Gespräch mit der Bundeskanzlerin", erklärte Lüders im vergangenen Mai gegenüber queer.de. Das Hissen einer Regenbogenfahne vor ihrer Behörde zum CSD wurde ihr mehrfach von CDU-Ministern untersagt – was Lüders allerdings nicht davon abhielt, trotzdem Flagge zu zeigen (queer.de berichtete).
Politik mit Gutachten
Die ADS-Leiterin trieb die deutsche Politik bei LGBTI-Rechten regelrecht vor sich her. Ohne ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten wäre es im vergangenen Jahr vermutlich nicht zur Rehabilitierung der Opfer des Paragrafen 175 gekommen. Bereits nach dem irischen Referendum zur Ehe für alle warb Lüders dafür, im Bundestag ohne Fraktionszwang über die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare im Eherecht abzustimmen (queer.de berichtete).
Schon vor vier Jahren warnte die ADS-Leiterin anlässlich der Demonstrationen von Bildungsplan-Gegnern vor einer "neuen Homophobie" in Deutschland (queer.de berichtete). Immer wieder warf sie der Bundesregierung vor, seit Jahren eine EU-weite Antidiskriminierungsrichtlinie zu blockieren (queer.de berichtete). Und bis zuletzt machte sie sich für deutliche Verbesserungen beim AGG stark (queer.de berichtete).
Der LSVD bedankt sich für ihre Arbeit
In einer Presseerklärung verabschiedete sich der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) von Lüders. "Wir bedanken uns sehr für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und ihr außergewöhnliches Engagement auf dem Weg zu einer gerechteren Gesellschaft, in der alle Menschen jederzeit, an jedem Ort, ohne Angst und Anfeindung verschieden sein können", heißt es darin. "Im Kampf gegen Diskriminierung war auf Christine Lüders immer Verlass. Ob mit Themenjahren, Studien, Gutachten oder Statements – beharrlich verteidigte sie auch die Rechte von Lesben, Schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen."
Bereits 2016 hatten wir Christine Lüders für ihre großen Verdienste den Homo-Orden verliehen. Wer ihr nachfolgen soll, hat die Bundesregierung bislang nicht bekanntgegeben – die Fußstapfen jedenfalls sind groß! (mize)
Nachträglich ergänzt um LSVD-Stellungnahme.
Was Frau Lüders geleistet hat, ist alles andere als selbstverständlich...