Amy und Daniel McArthur sehen sich nicht in der Lage, einen Kuchen mit einer Aufschrift für die Ehe für alle zu backen (Bild: Screenshot Sky News)
Die evangelikalen Betreiber einer Bäckerei und Konditorei im nordirischen Belfast klagen vor dem Obersten Gerichtshof Großbritanniens auf das Recht, aus religiösen Gründen keinen Kuchen für eine LGBTI-Organisation backen zu müssen. Inhaber Daniel McArthur und seine Ehefrau Amy haben am Dienstag vor dem "Supreme Court of the United Kingdom" Einspruch gegen eine Entscheidung eines nordirischen Berufungsgerichts eingelegt, das ihnen eine Strafe von 500 Pfund (570 Euro) wegen der Diskriminierung sexueller Minderheiten auferlegt hatte (queer.de berichtete). Das Höchstgericht tagt diese Woche im Landesteil Nordirland. Der Fall wird wahrscheinlich nicht vor Februar 2019 entschieden werden.
Der Fall geht auf einen Streit im Jahr 2014 zurück, als der LGBT-Aktivist Gareth Lee anlässlich des Tages gegen Homophobie einen Kuchen bei der "Ashers Baking Company" für 36,50 Pfund (42 Euro) bestellt hatte. Darauf sollten die "Sesamstraßen"-Figuren Ernie und Bert und die Aufschrift "Unterstützt die Ehe-Öffnung" samt dem Logo von Lees Gruppe "Queerspace" abgebildet sein.
Die Besitzer der Konditorei weigerten sich wegen ihres "christlichen Glaubens", den Kuchen zu backen. Die damalige Begründung: "Wir bedienen jeden, aber wir können keine Werbung für eine Sache machen, die der biblischen Lehre widerspricht". Vor wenigen Tagen erklärte Daniel McArthur zudem: "Meine Familie wurde attackiert, nur weil wir unser Bürgerrecht verteidigt haben, nach unseren christlichen Grundsätzen zu leben." Offenbar hofft er nun auf Hilfe von oben: "Wir durchleben das nicht alleine. Jesus Christus war mit uns bei jedem Schritt."
Vorinstanzen: Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung ist gesetzlich verboten
So sollte der Kuchen aussehen
Gareth Lee hatte vor vier Jahren erstmals gegen die Weigerung der Konditorei geklagt – und dabei auch die Unterstützung der staatlichen nordirischen Gleichbehandlungskommission erhalten. In den ersten beiden Instanzen gaben die Gerichte dem Kläger Recht – ein "gewinnorientiertes Unternehmen" dürfe laut einem Antidiskriminierungsgesetz aus dem Jahr 2006 nicht Kunden aufgrund der sexuellen Orientierung diskriminieren.
Das Berufungsgericht betonte zudem, dass sich das Unternehmen den Inhalt der Aufschrift auf dem Kuchen durch das Backen nicht aneigne. "Der Betrieb muss entweder eine Dienstleistung für alle oder für keinen anbieten, darf sich seine Kunden aber nicht basierend auf den im Antidiskriminierungsgesetz genannten Merkmalen aussuchen", so das Berufungsgericht.
LGBTI-Aktivist unterstützt evangelikalen Konditor
Überraschend hat sich nach dem letzten Urteil der bekannte britische LGBTI-Aktivist Peter Tatchell auf die Seite der "Ashers Baking Company" gestellt. Der 66-Jährige sagte, dass er zwar die Haltung der christlichen Gleichstellungsgegner ablehne, es aber ihr gutes Recht sei, keine politischen Äußerungen auf ihren Kuchen abdrucken zu lassen. Der Konditor habe den Kunden "nicht weil er schwul war, sondern wegen seiner gewünschten Botschaft" abgelehnt, schrieb Tatchell vergangenes Jahr im "Guardian". Sollte das Urteil bestand haben, könnten etwa jüdische Konditoren gezwungen werden, Kuchen zu backen mit Slogans, die den Holocaust leugnen.
Peter Tatchell irritierte mit seiner Haltung im Fall der "Ashers Baking Company" viele Weggefährten (Bild: Colin / wikipedia)
Fast alle LGBTI-Aktivsten unterstützen dagegen Lees Klage. Sie warnen davor, dass bei einer Niederlage homophobe Betriebe jegliche Dienstleistungen an offen Homosexuelle ablehnen könnten, deren vermeintlicher "Lebensstil" ihnen als Verstoß gegen den eigenen Glauben erscheint.
In Nordirland dauert der politische Streit um das Ehe-Verbot für Schwule und Lesben nach wie vor an, obgleich England, Schottland und Wales bereits 2014 die Ehe für alle eingeführt haben. Der Grund: Nordirland verfügt über eine weitgehende Selbstverwaltung. Zwar stimmte das Regionalparlament in Belfast bereits 2015 mit knapper Mehrheit für die Ehe-Öffnung – da die radikal-protestantische Parte DUP aber die Ehe für alle ablehnt, konnte sie nach dem komplizierten Recht der Problemprovinz bislang die Gleichbehandlung verhindern (queer.de berichtete). Ein Machtwort von Premierministerin Theresa May, die im Londoner Unterhaus 2013 für die Ehe-Öffnung in England und Wales gestimmt hatte, gilt als ausgeschlossen, da sich ihre Tory-Regierung von den Abgeordneten der DUP tolerieren lässt. (dk)