Nach dem Vorfall veröffentlichte der Mann mehrere Bilder, die beweisen sollten, dass er von der Polizei misshandelt worden war (Bild: Facebook)
Der Prozess gegen einen jungen Schwulen, der beim Kölner CSD 2016 Widerstand gegen zwei männliche Polizisten geleistet haben soll, ist am Freitag mit einem Freispruch geendet. Die Amtsrichterin erklärte vielmehr nach Angaben des "Kölner Stadtanzeigers", dass die Beamten bei der Festnahme von Sven W. "übertrieben gehandelt" hätten. Dass die Polizisten auf den jungen Mann eingeprügelt hätten, sei nicht in Ordnung gewesen – mindestens einer der Beamten habe nach Ansicht der Richterin "außerhalb der Verhältnismäßigkeit" gehandelt. Der Anwalt des Mannes drückte sich in seinem Plädoyer deutlicher aus: Er sprach von "brutalster Polizeigewalt".
Der Vorfall sorgte 2016 für Diskussionen in den sozialen Netzwerken: Der CSD-Besucher hatte damals in einem langem Facebook-Eintrag davon berichtet, dass er am späten Nachmittag im McDonald's am Dom "homophoben Misshandlungen" ausgesetzt gewesen sei (queer.de berichtete). Er sei von Polizisten in dem Schnellrestaurant "ohne Gegenwehr" auf den Boden gedrückt, mit einem Kabelbinder gefesselt und schließlich in den Polizeiwagen "geprügelt" worden. Er habe mehrere Verletzungen erlitten, die nicht behandelt worden seien. In dem Text, der noch immer online ist, sprach er sogar von "Folter" in der Polizeizelle. Erst nach Mitternacht sei er "halbnackt nach draußen geschmissen" worden.
(Ausschnitt aus dem Facebook-Eintrag von Sven W.)
Vor Gericht gaben die Beamten zu, den 55 Kilo schweren Mann mit einem "Blendschlag" (einer Ohrfeige) niedergestreckt zu haben, weil dieser "ausgeschlagen" habe. Sie waren gerufen worden, weil der Angeklagte zwei Frauen im vollbesetzten Restaurant helfen wollte, in die Herrentoilette zu gehen, was einem anderen Besucher nicht gepasst hatte und zu einem Handgemenge führte.
Unbestritten vor Gericht war, dass dem Mann mit einem Kabelbinder die Hände und auch die Füße gefesselt worden waren. Im Auto hatte der Angeklagte die Polizisten angeschrien, beschimpft, bedroht und bespuckt, woraufhin ihm eine Maske übergezogen worden war. Dann hatte er sieben Stunden in der Zelle verbringen müssen, weil die beiden Beamten angeblich den Bereitschaftsrichter nicht erreicht hatten (der aber laut der Richterin bis 21 Uhr immer zu erreichen sei).
Widersprüchliche Aussagen
Die beiden verantwortlichen Polizisten sagten vor Gericht aus, dass der Beschuldigte "äußerst aggressiv und provokant" aufgetreten sei und sie sich deshalb wehren mussten. Andere Anwesende sahen die Situation anders: Eine Polizistin, die inzwischen aus dem Polizeidienst ausgeschieden ist, gab als Zeugin zu, dass ihre Kollegen "aggressiv" gewesen seien und nicht der Angeklagte. Zwei weitere Zeugen sagten aus, dass der Angeklagte sich beim Heraustragen nicht gewehrt habe, sondern vielmehr bewusstlos gewesen sei. Ein anderer Zeuge, der stellvertretende CSD-Demonstrationsleiter, sprach dagegen vor Gericht von einem "völlig angemessenem Verhalten" der Beamten.
Laut "Stadtanzeiger" verstand der Freigesprochene nicht, warum die Staatsanwaltschaft ihn angeklagt hatte. Dagegen hatten die Ankläger trotz der öffentlichen Debatte nach dem Vorfall nicht einmal einen Anlass gesehen, ein Ermittlungsverfahren gegen die beiden Polizisten einzuleiten. (cw)