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Kinostart
Vom Dandy zum Edel-Clochard
"The Happy Prince" ist ein ganz besonderer Film über Oscar Wilde: Das Biopic von und mit Rupert Everett zeigt die bedrückende Lebensphase des schwulen Schriftstellers nach seiner Haft im französischen Exil.

Als Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller schildert Rupert Everett die letzten Jahre des großen irischen Poeten Oscar Wilde (Bild: Concorde Filmverleih GmbH)
21. Mai 2018, 06:16h 3 Min. Von
Oscar Wilde (Rupert Everett) in Paris. Er treibt sich herum in düsteren Spelunken, trifft zwielichtige Gestalten, trinkt, kokst, bettelt nach Geld, das er sogleich einem jungen Stricher in die Hand drückt, um sich mit ihm zu vergnügen. Der berühmte Dichter singt fröhliche Lieder, die Menge jubelt ihm zu. Hier eilt ihm sein Ruf nicht voraus.
Dann, Rückblende: Oscar Wilde im Gerichtssaal, verurteilt zu zwei Jahren Zuchthaus. Von der britischen Gesellschaft geächtet, verlässt er seine Heimat. Er ist erschöpft, krank, seine Haut ist fahl. Es ist ein anderes Bild des Mannes, für den das Wort Dandy gemacht zu sein schien, das Regisseur Rupert Everett in seinem Film vermittelt. Vom Dandy ist in Paris nichts mehr übrig, auch die Alkoholeskapaden können nicht darüber hinwegtäuschen, dass er nicht mehr derselbe ist.
Es entsteht ein Spannungsfeld, das Everett perfekt vermittelt: Oscar Wilde behielt im Exil seinen Witz und frönte dem Luxus – und doch drängt sich Mitleid auf mit dem alten Mann, der nur noch seinen alten Ruhm hat, von dem er zehrt.
"Ich bin doch schon tot"

Poster zum Film: "The Happy Prince" startet am 24. Mai im Kino
Die Demütigung, die Oscar Wilde in London erleben musste, kann er in Frankreich hinter sich lassen, und doch holt sie ihn ein: Eine Gruppe britischer Jungs erkennt ihn, beleidigt und verfolgt ihn. "Was wollt ihr noch von mir, ich bin doch schon tot", schreit er ihnen zu, das Licht in seinem Gesicht. Eine der stärksten Szenen. Und überhaupt ist es das Licht, das den Film besonders auszeichnet. Ob das schummerige Kerzenlicht bei ihm zu Hause oder die warme Sonne in Neapel, das Licht transportiert die Atmosphäre jeder Szene auf hervorragende Weise.
Rupert Everetts Regiedebüt "The Happy Prince", in dem er selbst die Hauptrolle spielt und für das er auch das Drehbuch geschrieben hat, wird so zu einem bedrückenden Drama. Wilde, der seine Homosexualität nie verborgen hat, wurde durch die Haft gebrochen. In Frankreich hat er nur noch ein einziges Gedicht geschrieben. Den Schriftsteller Oscar Wilde gab es nicht mehr, er lebte unter Pseudonym, war notorisch pleite und vereinsamte. Sein Geliebter Robbie Ross (Edwin Thomas) begleitete ihn bis an sein Ende, obwohl Wilde ihn früher für Lord Bosie Douglas (Colin Morgan) verlassen hat.
Wilde mag heute als exzentrische Stilikone gelten, dessen lakonische Zitate weltweit Postkarten und Tassen schmücken. Ausgeblendet wird dabei das Unrecht, das ihm widerfahren ist – und das erst 2017 mit dem nach Alan Turing benannten Gesetz rückgängig gemacht wurde. Vielleicht kann "The Happy Prince" als Porträt seiner letzten Jahre einiges zurechtrücken.
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The Happy Prince. Drama/Biografie. Deutschland/Belgien/Italien 2017. Regie: Rupert Everett. Darsteller: Rupert Everett, Colin Firth, Colin Morgan, Edwin Thomas, Emily Watson, Tom Wilkinson. Laufzeit: 105 Minuten. Sprache: deutsche Synchronfassung. Verleih: Concorde. Kinostart: 24. Mai 2018

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