Ein Plattencover aus dem Jahr 1975: In dieser Zeit sang Jürgen Marcus viel über die Liebe, hielt aber seine sexuelle Orientierung geheim
Jürgen Marcus ist bereits Mitte Mai im Alter von 69 Jahren in seiner Wohnung in München gestorben. Das teilte sein Manager und Lebenspartner Nikolaus Fischer am Dienstagvormittag nach dpa-Angaben mit. "Es war sein ausdrücklicher Wunsch, in aller Stille beigesetzt zu werden", erklärte Fischer laut "Focus". "Um in dieser schweren Zeit in aller Stille und Würde trauern zu können, bitte ich von Nachfragen abzusehen und diese Entscheidung zu respektieren." Fischer und Marcus waren seit 1995 ein Paar und lebten gemeinsam in der bayerischen Landeshauptstadt. Weitere Angaben wurden zunächst nicht gemacht.
Bereits vergangenes Jahr war bekannt geworden, dass der als Jürgen Beumer geborene Schlagersänger bereits seit 2002 an COPD leide, einer chronischen Erkrankung der Lunge. Der Sänger habe sich deshalb aus der Öffentlichkeit zurückgezogen (queer.de berichtete).
Hitlieferant der Siebzigerjahre
Marcus, ein gelernter Maschinenschlosser aus dem nordrhein-westfälischen Herne, gehörte in den Siebzigerjahren zu den erfolgreichsten deutschen Schlagersängern und war Dauergast in der ZDF-Hitparade. Er war von Erfolgsproduzent Jack White entdeckt worden. Zu seinen größten Erfolgen zählen "Ein Festival der Liebe", "Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben" und "Ein Lied zieht hinaus in die Welt". 1976 nahm er mit dem französischsprachigen Lied "Chansons pour ceux qui s'aiment" für Luxemburg am Eurovision Song Contest teil und erreichte Platz 14.
Der Karriereknick kam mit den Achtzigerjahren: Seine Heile-Welt-Schlager waren in der Zeit, in der die Neue Deutsche Welle Erfolge feierte, nicht mehr gefragt. Marcus versuchte vergeblich, mit Chansons oder englischsprachigen Titeln an die alten Erfolge anzuknüpfen.
Coming-out in der Neunzigern
Erst in den Neunzigerjahre outete sich Marcus in der Öffentlichkeit. Der erste Bericht über seine sexuelle Orientierung erschien 1991 in der "Bild am Sonntag" unter dem Titel "Die Beichte des Jürgen Marcus" – der Artikel war alles andere als ein stolzes Coming-out, sondern es ging darin um Horrorgeschichten wie Alkoholmissbrauch, Erpressung und Aids-Angst.
Ein schwules Aushängeschild wollte der Sänger nie sein, auch weil er seine sexuelle Orientierung nur schwer mit seinem katholischen Glauben in Einklang bringen konnte. Das führte etwa dazu, dass er sich öffentlich gegen die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben im Ehe-Recht aussprach – und gleichgeschlechtliche Paare, die heiraten wollen, in der "Bild"-Zeitung als "lächerlich" bezeichnete. "Nikolaus und ich haben uns mit dem Herzen verpflichtet", so Marcus damals. "Ich finde es lächerlich, wenn Schwule heiraten. Man sollte Respekt haben vor der christlichen Institution der Ehe. Heiraten sollte nur, wer zusammen Kinder haben möchte – und haben kann!" (dk)
Artikel mehrfach aktualisiert und ergänzt
Wie es dann in den 1990ern war, durch konserative Dorffeste und Fernsehshows zu tingeln, oderbereits in den 1970ern - als Bravo-Teeniestar im damals großteils homophoben Deutschland eigentlich schwul gewesen zu sein? Vielleicht war diese Angst noch so tief drin, dass er sich gegen die Homo-Ehe aussprach.
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