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US-Urteil zur Hochzeitstorte
Supreme Court: Homosexuelle dürfen manchmal diskriminiert werden
Die Religionsfreiheit kann in den USA über dem Verbot der Diskriminierung Homosexueller stehen.

Unter bestimmten Umständen dürfen Konditoren Schwule und Lesben ablehnen (Bild: Amaury / flickr / by-nd 2.0)
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4. Juni 2018, 15:11h 3 Min.
Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten hat sich in einem am Montag verkündeten Urteil auf die Seite von homophoben Konditoren gestellt, die sich geweigert hatten, einem schwulen Paar eine Hochzeitstorte zu backen. Die Entscheidung des Supreme Courts fiel mit sieben gegen zwei Richterstimmen. Allerdings stellten die Richter klar, dass es sich um kein Grundsatzurteil handle.
Der konkrete Fall beschäftigt bereits seit sechs Jahren die Gerichte. David Mullins wollte im Jahr 2012 bei der Konditorei Masterpiece Cakeshop im US-Bundesstaat Colorado eine Hochzeitstorte für sich und seinen Verlobten Charlie Craig bestellen. Ladenbesitzer Jack Phillips weigerte sich aber mit Verweis auf die Homosexualität des Paares und auf seinen christlichen Glauben, das Gebäck herzustellen.
Daraufhin verklagte ihn das schwule Paar unter Verweis auf ein Gesetz des Bundesstaates, das Diskriminierung von Homosexuellen beim Zugang zu Dienstleistungen verbietet. Die Antidiskriminierungsbehörde von Colorado entschied 2013 und nach einem Einspruch 2014, dass der Konditor das schwule Paar gesetzeswidrig diskriminiert habe (queer.de berichtete).
Antidiskriminierungsbehörde war "feindselig" gegenüber Christen
Die Höchstrichter hoben diese Entscheidung nun auf. Der Grund: Die Antidiskriminierungsbehörde habe das im Bundesrecht verankerte Recht des Konditorei-Besitzers auf Religionsfreiheit missachtet. Die Behörde habe "Feindseligkeit" gegenüber der religiösen Überzeugung des Beklagten gezeigt, so die Mehrheitsmeinung.
Allerdings stellte Richter Anthony Kennedy in der Mehrheitsmeinung klar, dass die Abwägung zwischen Religionsfreiheit und dem Recht auf Nichtdiskriminierung in zukünftigen Fällen "noch weiter behandelt" werden müsse. In der Urteilsbegründung heißt es, dass regionale Gesetze "homosexuelle Personen beim Zugang zu Dienstleistungen schützen dürfen". Allerdings: "Das Gesetz muss so angewendet werden, dass es neutral gegenüber der Religion ist."
Die Religionsfreiheit ist in der US-Verfassung verankert, während das Diskriminierungsverbot nicht einmal im Bundesrecht Erwähnung findet. Lediglich die Hälfte der US-Bundesstaaten verbieten die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung in Regionalgesetzen.


Auf den Websites der großen US-Nachrichtenkanäle war das Urteil die Top-Story – in einem politischen Klima, in dem die US-Regierung Regelungen zur Religionsfreiheit ausweiten will
Der Fall werde laut der Mehrheitsmeinung dadurch komplizierter, dass das Antidiskriminierungsgesetz Konditoren erlaube, bestimmte Botschaften, die sie als beleidigend ansehen, abzulehnen. Die Antidiskriminierungsbehörde habe etwa einen anderen Konditor erlaubt, die Herstellung einer Torte mit einer homosexuellenfeindlichen Botschaft zu verweigern.
Die zwei Gegenstimmen kamen von den beiden von Demokraten ernannten Richterinnen Ruth Bader Ginsberg und Sonia Sotomayor. Sie erklärten, dass einige fragwürdige Äußerungen der Antidiskriminierungsbehörde, auf die sich die Richtermehrheit stützte, kein Grund seien, deren Urteil aufzuheben.
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Homo-Gegner feiern Erfolg
Die Bäckerei wurde vor Gericht von der umtriebigen und inzwischen auch in Europa aktiven Organisation "Alliance Defending Freedom" vertreten. Deren Anwältin Kristen Waggoner begrüßte die Entscheidung: "Die Feindseligkeit gegenüber gläubigen Menschen hat keinen Platz in unserer Gesellschaft, aber der Staat Colorado hat offen Jacks religiösen Glauben über die Ehe mokiert. Das Gericht hat das zurecht verurteilt." In sozialen Netzwerken feierten LGBTI-Gegner die Entscheidung.
Auf der anderen Seite betonte Anwältin Louise Melling, die für die Bürgerrechtsorganisation ACLU arbeitet und das schwule Paar vertreten hat, dass grundsätzlich weiterhin jeder gleich behandelt werden müsse. "Das Gericht hat seine Entscheidung nur wegen Vorbehalten, die in diesem Fall einzigartig sind, getroffen. Es hat aber bestätigt, dass Bundesstaaten LGBT vor Diskriminierung schützen dürfen."
/ glaad | Die LGBTI-Organisation GLAAD schrieb: "Es geht nicht um Torten. Es geht hier um Diskriminierung."Todays #SCOTUS decision invites discrimination against LGBTQ people. pic.twitter.com/pSc1g7eVCC
GLAAD (@glaad) June 4, 2018
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Chad Griffin, der Chef der LGBTI-Organisation Human Rights Campaign, gab sich nach der Entscheidung kämpferisch: "Unabhängig von dem heutigen Urteil bleibt der Fakt, dass LGBTQ-Diskriminierungen alarmierende Ausmaße hat. Wir werden mit all unserer Kraft dafür kämpfen, unsere Community in jeder Ecke Amerikas zu schützen."
/ ChadHGriffin#SCOTUS ruled narrowly that CO Commission acted improperly. Regardless of todays outcome, the fact remains that LGBTQ people face alarming levels of discrimination. We will fight with every fiber of our being to protect our community in every corner of America. #EqualityActNow
Chad Griffin (@ChadHGriffin) June 4, 2018
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Christen und andere "Gläubige" werden sich nicht damit zufrieden geben. Sie werden erst dann zufrieden mit sich und ihrem jeweiligen eingebildeten Freund im Himmel sein, wenn sie einen Freibrief zum Ausgrenzen und Misshandeln anderer erhalten.
Wenn jetzt nicht aufgepasst wird, wird christliches Pflegepersonal die Versorgung von schwulen und lesbischen Senior_innen verweigern und werden christliche Ärzte demnächst ablehnen dürfen, Schwule und Lesben zu behandeln.
Das ist keine Zukunftsmusik, sondern wird bereits jetzt immer wieder von Religioten, allen voran die aggressiven Christen, zunächst noch auf kleiner Flamme, versucht:
www.queer.de/detail.php?article_id=9247
Daher auch hier im Lande:
www.kirchenaustritt.de