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Moskau
WM: Erster LGBTI-Aktivist festgenommen
Der britische Menschenrechtler Peter Tatchell wurde nach einem Protest auf dem Roten Platz zu einer Polizeiwache gebracht.

Tatchell kurz bevor er zu einer Wache gebracht wurde
- 14. Juni 2018, 16:05h 3 Min.
Wenige Stunden vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft ist der britische LGBTI-Aktivist Peter Tatchell am Donnerstag in Moskau bei einem Protest festgenommen worden.
Der ursprünglich aus Australien stammende 66-Jährige, der schon in der Vergangenheit mehrfach beim Moskauer CSD von Polizisten festgenommen und teilweise von Gegendemonstranten verprügelt wurde, hatte als einzelner Demonstrant ein Schild hochgehalten, mit dem er auf die Schwulenverfolgung in Tschetschenien und die mangelnde Aufklärung durch russische Strafverfolgungsbehörden aufmerksam machen wollte: "Putin unternimmt nichts gegen die Folter von homosexuellen Menschen in Tschetschenien", heißt es auf dem Schild.
Tatchell, der in einem Gastbeitrag für den "Guardian" seine Beweggründe für seine Proteste in Russland während der WM ausführlich schilderte, wurde zu einer Polizeiwache in der Nähe gebracht. In der Regel werden nach solchen Festnahmen Personen nach wenigen Stunden auf der Wache und der Feststellung der Personalien wieder freigelassen. Update: Rund eine Stunde nach seiner Festnahme ist Tatchell nach Angaben seines Sprechers wieder auf freiem Fuß.
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Demonstrationen von Einzelpersonen bedürfen in Russland in der Regel keiner Genehmigung, solange ein gewisser Abstand zu ggf. weiteren demonstrierenden Personen besteht. Rund um die WM wurde dieses Recht allerdings eingeschränkt, auch sind in den nächsten Wochen Proteste in Kreml-Nähe untersagt.
Hotlines und Zentren für WM-Besucher
Russische LGBTI-Verbände hatten in diesem Jahr angekündigt, sich mit Protesten zurückzuhalten – anders als zu den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi, als es – kurz nach Verabschiedung des Gesetzes gegen Homo-"Propaganda" – bei mehreren Protesten immer wieder zu Festnahmen gekommen war (queer.de berichtete). Allerdings wollen die Gruppen mehrere Veranstaltungen zum Thema Sport abhalten und dafür teilweise das vom Netzwerk FARE eingerichtete "Diversity House" in Moskau und St. Petersburg nutzen.

Der von Tatchell kritisierte russische Präsident Wladimir Putin am späteren Nachmittag bei der Eröffnung der WM im Moskauer Luzhniki-Stadium. Bei der Feier war u.a. der britische Popstar Robbie Williams aufgetreten, ohne ein Zeichen zu setzen. Auf der Ehrentribüne saß u.a. der frühere deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD).
Das Fan-Netzwerk hat zudem einen WM-Guide, der sich auch an queere Fans richtet, und eine Überfall-Hotline für WM-Besucher eingerichtet. Auch die St. Petersburger Organisation "Coming out" hat eine internationale Hotline eingerichtet. Mehrere Verbände und Botschaften hatten queeren Fußballfans geraten, sich in der Öffentlichkeit vorsichtig zu zeigen und auf das Schwenken von Regenbogenfahnen zu verzichten, auch wenn WM-Organisatoren zugesichert haben, dass diese geduldet werden würden.
Twitter / farenet | Am späteren Nachmittag zeigten Fans während des Eröffnungsspiels mind. eine Regenbogenflagge im Stadion#RUSKSA #WorldCup2018 pic.twitter.com/jYoDffblOo
Fare (@farenet) June 14, 2018
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Kiss-In am Sonntag vor russischer Botschaft in Berlin
Auch in Deutschland setzen sich die Proteste gegen die Homophobie in Russland anlässlich der WM fort. Nach den Protesten vor mehreren russischen Vertretungen durch queere Fußballfans am letzten Wochenende hat für Sonntag die Grüne Jugend zur Teilnahme an einem Kiss-In und einer Regenbogenaktion vor der Russischen Botschaft in Berlin (Unter den Linden 63-65) aufgerufen. Die Aktion findet um 12 Uhr statt – fünf Stunden, bevor die deutsche Nationalmannschaft ihr erstes WM-Spiel in Russland bestreitet. (nb)

Aber es ist ja leichter kommentare zu schreiben :))