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Fußball-WM

WM: Mexiko-Fans mit homophoben Sprechchören

Das Gruppenspiel gegen Deutschland wurde am Sonntag von "Puto"-Schreien mexikanischer Fans belastet.


Mexikanische Fans kurz vor Anpfiff

  • Von Norbert Blech
    17. Juni 2018, 19:37h 24 4 Min.

Beim ersten Gruppenspiel Deutschlands bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland ist es am Sonntag zu homophoben Sprechchören mexikanischer Fans gekommen. Diese stimmten – trotz etlicher Sanktionen in den letzten Jahren – bei der Partie im Moskauer Luschniki-Stadion erneut "Puto"-Rufe an. Deutschland verlor das Spiel 1:0.

Im Stadion sollen sozialen Netzwerken zufolge die "Schwuchtel"-Rufe deutlicher zu hören gewesen sein als in der TV-Übertragung, wo sie aber u.a. in der 43. Minute zu erahnen waren. Die "New York Times" erwähnt einen weiteren Ruf in der 25. Minute.

Entsprechende Rufe zur Beleidigung gegnerischer Spieler sind in vielen Teilen Lateinamerikas populär – sie sind zumeist vor einem Torabstoß zu hören. Der Fußballverband Mexikos hatte die Fans vor der WM erneut ermahnt, auf die Rufe zu verzichten – manche Zeitungen hatten auch vorgeschlagen, ersatzweise einfach "Putin!" zu rufen.

Bereits bei der letzten WM 2014 in Brasilien hatte es bei mehreren Spielen "Puto"-Rufe gegeben, häufiger und lauter als an diesem Sonntag. Die Beleidigung, die auch "Stricher" bedeuten kann, wurde von der FIFA nicht sanktioniert, sondern im Fußball-Kontext als "nicht beleidigend" bewertet (queer.de berichtete). Zuletzt hatte der Weltfußballverband allerdings ein Umdenken gezeigt und entsprechende Rufe bei Länderspielen mehrfach mit Geldstrafen belegt. In der WM-Qualifikation wurde Chile wegen entsprechender Verstöße der Fans gar dazu gezwungen, zwei Spiele in kleineren Stadien auszutragen als vorgesehen (queer.de berichtete).

s.a. Update am Ende des Artikels: FIFA prüft "Puto"-Rufe

Umstrittene WM im Putin-Reich

Die WM im homofeindlichen Russland ist damit um eine weitere negative Episode reicher. Eine Botschaft pro LGBTI seitens der Fans oder der Mannschaften war in den Fernsehbildern vom Sonntag zunächst nicht auszumachen. Beim Eröffnungsspiel Russland gegen Saudi-Arabien hatte Alexander Agapow von der Russian LGBT Sport Federation eine Regenbogenflagge im Stadionpublikum geschwenkt.

Twitter / jamila_anna | Am Sonntagmorgen hatte es noch eine Kundgebung vor der russischen Botschaft in Berlin gegeben, zu der die Grünen eingeladen hatten
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EU-Abgeordnete hatten Regenbogenschnürsenkel an alle europäischen Mannschaften geschickt, die an der WM teilnehmen (queer.de berichtete). Der englische Fußballverband hat angekündigt, dass seinen Spielern ein Tragen freigestellt sei. Auch will er beim ersten Spiel des Landes am Montag eine größere Regenbogenflagge queerer Fußballfans offiziell unterstützen.

Eine Festnahme, ein PR-Termin mit Diktator und ein Übergriff

In den ersten Tagen der WM im Land des Gesetzes gegen Homo-"Propaganda" hatte es bereits einige Vorfälle gegeben. So wurde am Donnerstag wenige Stunden vor dem Eröffnungsspiel der britische LGBTI-Aktivist Peter Tatchell bei einem Protest auf dem Moskauer Roten Platz festgenommen, mit dem er auf die Schwulenverfolgung in Tschetschenien und die Untätigkeit der russischen Behörden aufmerksam machen wollte (queer.de berichtete).

Twitter / PeterTatchell
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In Grosny selbst gibt es keine WM-Spiele. Allerdings trainiert dort die ägyptische Nationalmannschaft – was Anfang der Woche zu PR-Fotos des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow mit dem Fußball-Weltstar Mohamed Salah führte (queer.de berichtete).

Für internationale Aufregung hatte rund um die WM-Eröffnung eine Meldung gesorgt, ein zur WM gereistes Schwulenpaar aus Frankreich sei in St. Petersburg aus Homofeindlichkeit überfallen und einer der Männer dabei schwer verletzt worden. Die Quellenlage dazu ist unsicher; die französische Botschaft betonte gegenüber Reuters, von der gemeldeten Tat nichts zu wissen. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Vorfall, der sich bereits in den frühen Morgenstunden des letzten Samstags (9. Juni) ereignete: Ein Taxifahrer hatte offenbar versucht, Touristen auszunehmen. Er setzte einen Franzosen, der eine Schwulenbar besucht hatte, auf dem Weg zum Hotel aus, schlug ihn zusammen und raubte ihn aus – der Angegriffene erlitt u.a. ein Schädel-Hirn-Trauma und Frakturen im Gesicht. Ein weiterer Franzose wurde in der gleichen Nacht ausgeraubt. Die beiden mutmaßlichen Täter wurden später festgenommen. Unklar ist, wie es den Überfallenen inzwischen geht, inwieweit Homophobie eine Rolle spielte und ob es sich bei den Angegriffenen um ein Paar und um WM-Besucher handelte – in St. Petersburg finden keine Gruppenspiele Frankreichs statt.

Sicherer Fan-Hafen musste umziehen

Mehrere Verbände und Botschaften hatten queeren Fußballfans geraten, sich in der Öffentlichkeit vorsichtig zu zeigen und auf das Schwenken von Regenbogenfahnen zu verzichten, auch wenn WM-Organisatoren zugesichert haben, dass diese geduldet werden würden. Das Fan-Netzwerk FARE hat zudem einen WM-Guide, der sich auch an queere Fans richtet, und eine Überfall-Hotline für WM-Besucher eingerichtet; eine weitere Hotline bietet auch die St. Petersburger Organisation Coming-out.

Twitter / farenet | Eröffnung des Moskauer Pride House; in St. Petersburg hatte der Vermieter einen Rückzieher gemacht
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Mehrere queere Organisationen Russlands arbeiten in den nächsten Wochen mit FARE zusammen; das Bündnis hat in Moskau und St. Petersburg ein "Diversity House" eingerichtet. In Moskau schauten zwischenzeitlich auch Vertreter der FIFA vorbei. In St. Petersburg mussten am Donnerstag in letzter Sekunde vor der Eröffnung neue Räume gefunden werden, nachdem der Vermieter der ursprünglichen Location einen Rückzieher gemacht hatte. Das FARE-Netzwerk vermutete in einer Pressemitteilung eine "politische Attacke" der Behörden hinter der Absage – queere Organisationen in beiden Städten sind entsprechende Absagen in letzter Minute allerdings durchaus gewöhnt.


 Update  18.6., 10h: FIFA prüft "Puto"-Rufe

Laut mehreren Nachrichtenagenturen hat die Fifa am Sonntagabend angekündigt, Berichte über "Puto"-Rufe während des Spiels zu überprüfen. Man werde dazu Spielberichte und "potenzielle Beweise" sammeln sowie eine Stellungnahme des beim Spiel anwesenden Anti-Diskriminierungs-Beobachters einholen. Vor Prüfung aller Informationen gebe es keine weiteren Kommentare.

#1 felix-cgnAnonym
  • 17.06.2018, 20:18h
  • Danke, dass queer.de diese homophoben Sprechchöre aufgreift! Gibt es eigentlich von der FIFA angedachte Sanktionen für einzelne Verbände wie beim DFB?

    Aber bitte seid nicht auf dem anderen Auge in euren Berichten blind: dem Rassismus. Ist nur mir aufgefallen, dass es bei dem Spiel ein unheimlich lautes Raunen wie ein tiefes Buhen gab, immer wenn Boateng am Ball war?

    Das fand ich auch besonders in der ersten Halbzeit irritierend. Zuerst dachte ich, es sei gegen die deutsche Mannschaft an sich gerichtet, aber es fiel auf, dass es immer bei Boateng geschah. Nein, auch nicht bei Özil. Sehr komisch. Was steckt dahinter?

    Oder ist das Putins Destabilisierungs-Psycho-Strategie, die wir schon im Netz mit den vielen russlanddeutschen Trollen kennen? Die sind ja zumindest gerne homophob und AfD-nah, wenn es dazu dient, Deutschland zu spalten.
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#2 PeerAnonym
  • 17.06.2018, 21:29h
  • Es kann doch nicht sein, dass sowas ohne Konsequenzen bleibt.

    Die FIFA muss endlich Konsequenzen ziehen, wenn der Fußball nicht endgültig in Verruf geraten soll.
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#3 AlejandroPerezAnonym
  • 17.06.2018, 22:18h
  • Also hier in Spanien und Lateinamerika benutzt man im Alltag immer Puto, joder etc. im allgemeinen Vokabular. Von Ausländern wird das als harte Beleidigung aufgefasst. Puto wird gar nicht in diesem Zusammenhang "Stricher" verwendet sondern einfach als männliche Schlampe oder Idiot! Das hat nichts mit Homosexualität oder Diffamierung Homosexueller zu tun. Wahrscheinlich tut die Fifa nichts dagegen weil ihnen (durch die hohe Anzahl spanischsprechender Länder) dieser Umstand bekannt ist.
    Wenn man Schwule beleidigen will sagt man übrigens Marica, Maricón oder mariquita!
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