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Nach WHO-Ankündigung

Opposition fordert Abschaffung des Trans­sexuellengesetzes

Die Weltgesundheitsorganisation will Transsexualität nicht mehr als Krankheit einstufen. Diese Reform nehmen Linke und Grüne als Anlass, für einen deutschen Neubeginn beim Transsexuellenrecht zu trommeln.


Doris Achelwilm (Linke) und Sven Lehmann (Grüne) erwarten von der Bundesregierung, die Zwangsgutachten für transgeschlechtliche Menschen abzuschaffen

Im Bundestag wollen Linksfraktion und Grüne ihren Kampf für die Abschaffung des Transsexuellenrechts und der Einführung eines Gesetzes zur geschlechtlichen Selbstbestimmung verstärken. Anlass ist die Ankündigung der Weltgesundheitsorganisation vom Montag, nach der Überarbeitung des Krankheitenkatalogs ICD Transsexualität nicht mehr als geistige Krankheit zu kategorisieren (queer.de berichtete).

"Wir fordern die Bundesregierung auf, aus der Entscheidung der WHO Konsequenzen zu ziehen und die notwendige Reform des Personenstandsrechts für eine umfassende gesetzliche Regelung zu nutzen, die geschlechtliche Selbstbestimmung für alle Menschen ermöglicht", erklärte Doris Achelwilm, die queerpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, die die WHO-Entscheidung als "riesigen Erfolg" bezeichnete.

Das Transsexuellengesetz aus dem Jahr 1981 müsse abgeschafft und "ein unkompliziertes, selbstbestimmtes Verfahren für den Eintrag und die Änderung des rechtlichen Geschlechts" möglich werden, forderte die Abgeordnete aus Bremen. "Und zwar sowohl für inter*- als auch für trans*-Personen. Medizinisch nicht notwendige geschlechtsangleichende Operationen an Säuglingen und Kindern müssen verboten werden", so die Linkspolitikerin mit Blick auf den Streit um die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Reform des Intersexuellenrechts.

Das von Horst Seehofer (CSU) kontrollierte Bundesinnenministerium will das Urteil aber nur als Minimallösung umsetzen, so dass etwa das Transsexuellenrecht unangetastet bleibt und Operationen an Kindern weiter möglich sind (queer.de berichtete).

Gegen "psychologische Zwangsgutachten"

Sven Lehmann, der grüne Sprecher für Queerpolitik, schloss sich dem Lob für die WHO an und erklärte, die Neueinstufung von Transsexualität sei ein "Meilenstein für die Menschenrechte". Der 38-Jährige kritisierte, dass transgeschlechtliche Personen in Deutschland bislang dazu gezwungen würden, "sich als psychisch krank diagnostizieren zu lassen, um ihren Personenstand zu ändern". Dieser Vorgang müsse aber eine "freie und selbstbestimmte Entscheidung" sein. "Wir brauchen einfache Verfahren zur Änderung des Personenstandes und Vornamens ohne psychologische Zwangsgutachten. Ebenso brauchen wir ein Verbot von geschlechtszuweisenden Operationen und Hormonbehandlungen an Säuglingen ohne medizinische Indikation", so Lehmann weiter.

Auch er forderte Innenminister Seehofer auf, beim Intersexuellenrecht mehr zu tun: "Leider ist aus dem Hause Seehofer bisher nur ein Schmalspur-Gesetz bekannt, das die großen Fragen geschlechtlicher Selbstbestimmung ignoriert. Wir werden gemeinsam mit den Verbänden weiter Druck machen", versprach der Politiker aus Nordrhein-Westfalen. (dk)

#1 PiepmatzAnonym
  • 19.06.2018, 15:44h
  • Ich fand Lucie Veiths Einwand gegen Seehofers Gesetzentwurf sehr treffend: "Menschen mit männlichem und weiblichem Eintrag müssen auch nicht erst eine Chromosomenanalyse oder eine ärztliche Bescheinigung vorlegen."

    Das wäre doch tatsächlich mal ein interessantes Gedankenspiel: Allen Menschen erst einmal den Geschlechtseintrag entziehen und dann eine Neubeantragung fordern, aber nur mit ärztlichem Nachweis. Könnte ja jede_r einfach behaupten, männlich oder weiblich oder inter oder nicht-binär oder agender zu sein.

    Alle müssen dann von zwei Gutachter_innen bestätigen lassen, dass sie tatsächlich dem gewünschten Geschlecht angehören. Eine Chromosomenanalyse würde nicht reichen, denn die sagt ja bekanntlich nicht viel aus. Stattdessen also Psycho-Gutachten für alle.

    Frauen mit kurzen Haaren oder ohne Makeup müssten darlegen, weshalb sie sich denn wohl angeblich trotzdem als "weiblich" ansehen, und Männer müssten sich von fremden Gutacher_innen fragen lassen, wie häufig sie onanieren und an was sie dabei denken. Der Fachmensch muss ja schließlich beurteilen können, wie das Verhältnis zum eigenen Körper ist, bevor man jemandem glaubt, dass er_sie wirklich das "richtige" Geschlecht "haben will" und sich da nicht einfach nur was einbildet. Oder vielleicht sogar einer Psychose anheimgefallen ist, die ein falsches Wunschgeschlecht vorgaukelt.

    Alle Menschen müssten sich vor Fremden buchstäblich und im übertragenen Sinne "nackig machen", ihre Körper, ihre Kleidung, ihre Frisuren, ihre Stimmhöhe, ihre Körperhaltung und sämtliche Angewohnheiten begutachten lassen und sich intimste Fragen stellen lassen. Nur wer den Geschlechterstereotypen der Gutachter_innen ausreichend genügt, bekommt ein Geschlecht zugewiesen. Die anderen müssen nochmal durch die Mühle, bis es irgendwann reicht. Man kann ja lernen, solchen Ansprüchen gerecht zu werden, das tun wir sowieso alle, täglich. Nur jetzt eben mit Zertifikat und offiziellem Zwang.

    Es wäre doch interessant, ob das an der Solidarität mit trans Menschen vielleicht was ändern könnte. Oder an unserem Vertrauen in die "Fachleute". Oder womöglich sogar an unseren Vorstellungen davon, was genau einen eigentlich zu Mann, Frau oder etwas anderem macht.
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#2 TimonAnonym
  • 19.06.2018, 15:53h
  • Sehr richtig.

    Und das neue Gesetz zur geschlechtlichen Selbstbestimmung sollte dann auch Zwangs-OPs an Intersexuellen verbieten.
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#3 Gerlinde24Ehemaliges Profil
  • 19.06.2018, 17:01h
  • Ich würde es nicht abschaffen, aber modernisieren wollen. An die aktuelle wissenschaftliche Erkenntnis anpassen.
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#4 Gerlinde24Ehemaliges Profil
#5 ursus
  • 19.06.2018, 17:19h
  • Antwort auf #4 von Gerlinde24
  • dazu gab es eine studie: das verbot solcher operationen hat nicht zu einem rückgang der eingriffe geführt, sondern nur zu einer verschiebung der diagnosen, um diese eingriffe weiterhin juristisch zu rechtfertigen.

    www.taz.de/!5361693/

    "Die Studie wurde vom Bundesfamilienministerium gefördert, das allerdings nicht die daraus notwendigen Schlüsse ziehen will."

    fakt ist: viele ärzt_innen wollen weiterhin unnötigerweise an hilflosen kleinkindern herumschnippeln. sie machen einfach weiter.

    und sie haben dazu immer noch die politische unterstützung einer gesellschaft, die normabweichungen schlimmer findet als körperliche verstümmelungen.
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#6 PatroklosEhemaliges Profil
#8 Mel_VixenAnonym
  • 20.06.2018, 00:56h
  • Wir sollten beim Wunsch der Überarbeitung des Transsexuellengesetzes die Paar wenigen dinge die Positiv daran sind nicht vergessen:

    Zum Beispiel das Offenbarungsverbot - ich glaube kaum das jemand will das es legal wird das Trans*personen ohne Strafe geoutet werden können.

    Ich denke dies sollte berücksichtig werden in einem neuen Personenstandsgesetz.
    Ebenso die Möglichkeit alte Zeugnisse/zertifikate/Einschätzungen ändern lassen zu können ohne auf die Willkür z.b. ehemaliger arbeitgeber angewiesen zu sein.
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#9 Gerlinde24Ehemaliges Profil
  • 20.06.2018, 05:00h
  • Antwort auf #6 von Patroklos
  • Was nicht bedeutet, dass man sich immer daran hält. Mir ist ein Fall aus Deutschland bekannt, wo ein Arzt auf Druck der "christlichen" Eltern ein intersexuelles Kind operierte, als es zwei Jahre alt war. In der Pubertät hat es sich umgebracht. Deswegen? Möglich.
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#10 DominikAnonym
  • 20.06.2018, 08:40h
  • Was die Grünen und die Linke machen, ist doch in Wahrheit nur Schaumschlägerei.

    "Zwangs-OPs" an intersexuellen Neugeborenen gibt es praktisch nicht. Chirurgen greifen ja nicht willkürlich zum Messer, sondern immer aufgrund einer medizinischen Indikation. Ausnahme: Schönheits-OPs, die finden auch ohne medizinische Indikation statt. Wo aber ist die wissenschaftliche Studie, die das Märchen von den "Zwangs-Ops" endlich mal belegt? Alles, was die Grünen und die Linke an Expertise haben, sind subjektive Betroffenen-Berichte, wo irgendwelche psychischen Probleme auf eine OP im Säuglingsalter zurückgeführt werden. Unwissenschaftlicher Klamauk!

    Nächster Punkt: Es ist zwar begrüßenswert, dass Transsexualität an sich nicht mehr als psychiatrische Erkrankung gelistet wird. Doch das kann ja wohl nicht gleichzeitig bedeuten, auf psychologische Gutachten und eine therapeutische Begleitung gänzlich zu verzichten. Ob Transsexualität vorliegt oder nicht, muss doch fachgerecht untersucht werden! Und das heißt eben auch, den Wunsch nach "geschlechtlicher Selbstbestimmung" von einer psychiatrischen Erkrankung (z.B. Schizophrenie) abzugrenzen. Die Abgrenzung liegt doch ausdrücklich im Interesse der Betroffenen!

    Mir scheint, die Dame und der Herr aus der Politik sind scharf auf ein Sommerloch-Thema. Wir sollten alles so beibehalten wie bisher. Ich bin mir sicher, wir haben ganz hervorragend ausgebildetes ärztliches und therapeutisches Personal hier in Deutschland, die machen das schon!
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