"Mama, ich muss dir was sagen. Es tut mir leid, aber ich bin hetero." Was wäre, wenn sich Heteros outen müssten? Warum ist Heterosexualität der Standard, der keiner Erklärung bedarf? Diese Fragen stellt sich Simon, ein schwuler Teenager. Er bringt nicht den Mut auf, sich zu outen und phantasiert sich die Bekenntnisse seiner Heterofreunde zusammen. Eine Schulkollegin so: "Mama, ich mag Jungs." Die Mutter bricht schluchzend zusammen. Ein komödiantischer Höhepunkt des charmanten Coming-out-Films.
"Love, Simon" ist die süße, manchmal kitschige, aber an vielen Stellen bewegende Story über Simon (Nick Robertson), der noch niemandem erzählt hat, dass er schwul ist. Nicht seiner liberalen Psychotherapeuten-Mama, nicht seinem ständig witzelnden Vater. Er verschweigt es auch seinen engsten Freunden und seiner besten Freundin seit Kindertagen. Er hat Angst, dass ihn die anderen ab dann völlig anders wahrnehmen. Simon weiß, dass kein Weg am Coming-out vorbeiführt, aber er will noch ein wenig länger der bleiben, der er bisher in den Augen der anderen war. Harte Sache, die Identitätsbildung in der Pubertät.
Einzig in der Anonymität eines Online-Forums vertraut er sich einem anderen Schwulen seiner High School an. Sie chatten viel miteinander. Wer ist der andere Junge? Simon will es herausfinden und träumt von einer Romanze. Wir dürfen mitträumen.
Eine schwule Story, produziert von einem Major-Studio
Poster zum Film: "Love, Simon" startet am 28. Juni 2018 in deutschen Kinos
Die Leichtigkeit der Geschichte ist auch die Quelle ihres Charmes. Klar, der Film ist nicht bahnbrechend wie das oscarnominierte "Call me by your name". Beachtlich aber, dass ein ein Major-Studio das Genre High School Romantic Comedy mit einer schwulen Hauptstory produziert. Und zwar mit allem, was dazu gehört, inklusive spannungsgeladenem Finale mit Kuss! Das Studio wurde dafür ökonomisch belohnt: "Love, Simon" spielte bisher das Dreifache seiner Produktionskosten ein.
Ein kleiner Wermutstropfen trübt jedoch den Kinospaß. Überflüssiges Nerd-Shaming poppt auf, wenn Simon in einer Sequenz befürchtet, dass der andere schwule Junge ein Sonderling aus der Neigungsgruppe Schach sein könnte. Simon, du solltest besser wissen, was es bedeutet, anders als die anderen zu sein!
Auf der Habenseite verbucht der Film aber den herben und sexy Charme des Hauptdarstellers Nick Robinson. Außerdem die Erkenntnis, dass ein Coming-out trotz Ehe für alle für jede Generation schwer ist, weil selbst die freisinnigsten Eltern heteronormative Erwartungen an ihre Kinder haben. Übrigens in diesem Fall einer Generation, die wie Simon ihre feuchten Träume Harry Potter beziehungsweise Daniel Radcliffe verdankt. Zauberhaft!
Schönes Detail am Rande: Durch die Erfahrungen während der Dreharbeiten outete sich der Nebendarsteller Keiynan Lonsdale als bisexuell (queer.de berichtete).
Infos zum Film
Love, Simon. Spielfilm. USA 2018. Regie: Greg Berlanti. Darsteller: Nick Robinson, Katherine Langford, Alexandra Shipp, Logan Miller, Keiynan Lonsdale, Jennifer Garner, Josh Duhamel. Laufzeit: 110 Minuten. Sprache: deutsche Synchronfassung. FSK 0. Verleih: Twentieth Century Fox of Germany. Deutscher Kinostart: 28. Juni 2018
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