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"Die Leute waren angeekelt"
US-Jury verurteilte Mörder aus Homophobie zum Tode
Wäre Charles Rhines heterosexuell, würde ihm nur lebenslange Haft drohen. Da er schwul ist, soll er sterben, weil er nach Ansicht der Geschworenen im Männer-Gefängnis zu viel Spaß hat. Der Supreme Court hat sein Okay zu dem Urteil gegeben.

Ein Polizeifoto von Charles Rhines, der seit einem Vierteljahrhundert in der Todeszelle sitzt – der 60-Jährige ist einer von drei Menschen in South Dakota, die auf ihre Hinrichtung warten
- 25. Juni 2018, 18:05h 3 Min.
Der amerikanische Supreme Court hat es vergangene Woche abgelehnt, über die 1993 von einer Geschworenenjury verhängte Todesstrafe gegen den schwulen Inhaftierten Charles Rhines zu verhandeln. Damit stehen der Tötung des inzwischen 60-Jährigen per Giftspritze keine rechtlichen Bedenken mehr im Wege – 25 Jahre, nachdem er verurteilt worden war. Seine Anwälte hatten den Antrag gestellt, die Strafe in lebenslange Haft ohne Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung umzuwandeln.
Die Anwälte des Mörders hatten nicht argumentiert, dass Rhines unschuldig ist. Im Gegenteil: Es gilt als erwiesen, dass der Verurteilte 1992 einen Donut-Laden in Rapid City (US-Bundesstaat South Dakota) ausraubte und dabei einen 22-jährigen Angestellten, der um sein Leben bettelte, ein Messer in den Schädel gestoßen hatte.
Allerdings gaben inzwischen mehrere Geschworene zu, den Täter nur zu Tode verurteilt zu haben, weil er schwul war. Das geht aus Gerichtsunterlagen und eidesstattlichen Versicherungen von Jury-Mitgliedern hervor.
Die Geschworenen sollen demnach besessen gewesen sein von der Homosexualität des Mörders. Sie hätten während ihrer Beratungszeit 1993 unter anderem den Richter befragt, ob Rhines von anderen männlichen Insassen getrennt wird oder ob er hinter Gittern "junge Männer" mit seinen Taten "beeindrucken" könne. Ein Geschworener sagte damals sogar, dass ein Schwuler, wenn er ins Männergefängnis gebracht werde, an einem Ort sei, "wo er gerne hin will". Ein anderer behauptete, dass einem schwulen Mörder nicht erlaubt werden dürfe, "sein Leben mit Männern" zu verbringen. Ein weiteres Jury-Mitglied erklärte in einem kürzlich abgegeben Statement über die Homosexualität des Täters: "Die Leute waren angeekelt. Das ist hier eine ländliche Gegend."
Rassismus bei Geschworenen verboten, Homophobie nicht
Eigentlich hatten sich die Anwälte von Rhines Hoffnungen auf einen Erfolg gemacht, weil der Supreme Court im Fall Peña-Rodriguez v. Colorado letztes Jahr entschieden hatte, dass ein Urteil nicht rechtskräftig sei, wenn die Geschworenen aus Rassismus zu einer Entscheidung gekommen seien. Die Anwälte argumentierten, dass die selbe Logik auch für Homophobie gelten müsse, um ein faires Verfahren zu gewährleisten. Wie in abgelehnten Fällen üblich, gab der Supreme Court keinen Kommentar über die Beweggründe der Ablehnung ab.
Der amerikanische Supreme Court hatte in der Vergangenheit viel zur LGBTI-Gleichbehandlung beigetragen. 2003 erklärten die Höchstrichter das Verbot von homosexuellen Handlungen in 14 Bundesstaaten für verfassungswidrig (Lawrence v. Texas). 2015 öffnete eine Richtermehrheit die Ehe für Schwule und Lesben (queer.de berichtete).
Anfang dieses Monats folgte aber bereits ein Dämpfer für LGBTI-Rechte: Die Höchstrichter stellten sich auf die Seite von homophoben Konditoren, die sich geweigert hatten, einem schwulen Paar eine Hochzeitstorte zu backen (queer.de berichtete). Auch hier gibt es einen Unterschied zwischen Rassismus und Homophobie: Während es nach Bundesgesetz grundsätzlich verboten ist, Menschen wegen deren "Rasse" Dienstleistungen zu verweigern, kann die Religionsfreiheit als Vorwand für Homophobie akzeptiert werden. (dk)

Da verabschiedet sich das Mitgefühl.
Allerdings sind Geschworene mit einem solchen Charakterset auch nicht gerade sonderfähig, zu einem Urteil was Vernünftiges beizutragen. Die sexuelle Orientierung eines Straftäters sollte jedenfalls nicht in die Abwägung zur Schwere der Tat und den angebrachten Folgen Einzug halten. Das ist dann auch nicht viel anders, als wenn Mörder mit hellen Hautfarben eher begnadigt werden, oder solche, die eine christliche Abstammung haben.