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Rentenrecht
EU-Richter stärken Rechte von Transsexuellen
Transsexuelle dürfen im Rentenrecht nicht wegen ihres Geschlechtes diskriminiert werden, so der EuGH. Geklagt hatte eine Transfrau aus Großbritannien, der ein früherer Renteneintritt verweigert worden war.

Cédric Puisney / wikipedia) Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg stellt sich auf die Seite einer britischen Transfrau (Bild:
- 26. Juni 2018, 15:12h 3 Min.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einer am Dienstag bekannt gegebenen Entscheidung geurteilt, dass Transsexuelle im Rentenrecht nicht schlechter behandelt werden dürfen als andere Menschen ihres Geschlechts (C-451/16, PDF). Die Luxemburger Richter beriefen sich dabei auf eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 1978, die die Gleichberechtigung von Mann und Frau festlegt.
Im vorliegenden Fall hatte eine transsexuelle Britin im Jahr 2008 bei Erreichen ihres 60. Lebensjahres in ihrem Heimatland die staatliche Rente beantragt. Zu diesem Zeitpunkt lag das Renteneintrittsalter bei Männern bei 65, bei Frauen aber nur bei 60 (das höhere Renteneintrittsalter für Männer ist von der EU-Antidiskriminierungsrichtlinie ausdrücklich ausgenommen).
Das zuständige Amt in Großbritannien lehnte aber die Rente für die Frau ab, weil sie noch mit ihrer Ehefrau verheiratet war, der sie vor ihrer Geschlechtsanpassung im Jahr 1995 das Ja-Wort gegeben hatte. Zum Zeitpunkt der Renten-Ablehnung war die gleichgeschlechtliche Ehe in Großbritannien noch verboten.
Die Behörden erklärten damals, dass sich die Transfrau erst scheiden lassen müsse, um rechtlich als Frau anerkannt zu werden und ihre Rente zu erhalten. Eine Scheidung lehnte die Transfrau aber laut den Gerichtsunterlagen aus religiösen Gründen ab und klagte gegen die Entscheidung der Behörden. Das britische Höchstgericht, der Supreme Court of the United Kingdom, leitete den Fall an den Europäischen Gerichtshof weiter, weil dieser EU-Recht betreffe.
Grundsatz der Nichtdiskriminierung missachtet
Die Europäischen Richter betonten in ihrer Entscheidung zwar, dass die rechtliche Anerkennung einer Geschlechtsanpassung und einer Eheschließung in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten falle. Die Staaten müssten dabei aber EU-Recht beachten, insbesondere den Grundsatz der Nichtdiskriminierung. Weil die Frau "während eines erheblichen Zeitraums in einer anderen Geschlechtszugehörigkeit als der bei der Geburt eingetragenen gelebt" und sich auch einer Geschlechtanpassung unterzogen habe, müsse sie wie alle anderen Frauen das Recht haben, nicht wegen ihres Geschlechtes diskriminiert zu werden.
Ferner erklärten die Richter, dass das Ziel der staatlichen Rente in Großbritannien sei, vor Altersarmut zu schützen – und zwar unabhängig vom Ehestand. "Das Ziel der Voraussetzung der Ungültigerklärung der Ehe (das darin besteht, gleichgeschlechtliche Ehen zu verhindern) hat mit dem System der Ruhestandsrente nichts zu tun", so die Richter.
Nach Unionsrecht gebe es keine Ausnahmeregelungen, die eine derartige Diskriminierung gegen die Transfrau zuließen. Die Verweigerung ihrer Rente sei daher unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes gewesen – und damit nach EU-Recht illegal.
Gericht spricht noch von "Geschlechtsumwandlung"
In seiner Pressemitteilung zur Entscheidung verwendete dass Gericht dabei auf Deutsch den Begriff "Geschlechtsumwandlung", der von vielen Transmenschen abgelehnt wird. Als Grund führen Aktivisten an, dass eine Trans-Frau, die ihre Geschlechtsorgane anpassen lasse, ihr Geschlecht nicht umwandle, sondern schon immer eine Frau gewesen sei. Daher wird der Begriff "Geschlechtsangleichung" bevorzugt. (dk)

Es muss endlich in allen EU-Staaten die EU-Menschenrechtscharta, die solche Diskriminierungen verbietet, umgesetzt werden.