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Kennedy geht in Ruhestand

Macht Trump den Supreme Court auf Jahrzehnte LGBTI-feindlich?

Mit Richter Anthony Kennedy tritt eine moderate Stimme im Supreme Court ab. Der 81-Jährige hatte die entscheidende Stimme bei der Ehe-Öffnung 2015 abgegeben.


Der Rücktritt von Richter Anthony Kennedy erlaubt Präsident Trump, das Höchstgericht nach seiner Ideologie zu formen (Bild: C-Span)

Der amerikanische Supreme-Court-Richter Anthony Kennedy hat am Mittwoch seinen Rücktritt erklärt – und damit für Alarmstimmung unter Bürgerrechtlern und LGBTI-Aktivisten gesorgt, weil US-Präsident Donald Trump damit einen weiteren Richter für das neunköpfige Gremium ernennen darf. Die mächtigen Richter, die auf Lebenszeit ernannt werden, können die politische Entwicklung der USA über Jahrzehnte entscheidend mitbestimmen. Bereits letztes Jahr hatte der republikanische Staatschef mit Neil Gorsuch einen konservativen Richter ernannt, der wenig von Minderheitenrechten hält (queer.de berichtete).

Kennedy, der aus Altersgründen mit Wirkung Ende Juli zurücktritt, war 1986 von Präsident Ronald Reagan in den Obersten Gerichtshof berufen worden. In dem hochpolitischen Verfassungsgerichtshof galt der jetzt 81-Jährige bei Entscheidungen zu umstrittenen gesellschaftlichen Fragen – neben LGBTI-Rechten etwa dem Abtreibungsrecht oder der gezielte Förderung von historisch diskriminierten Gruppen wie Afro-Amerikanern ("Affirmative Action") – als Zünglein an der Waage. So war seine Stimme ausschlaggebend bei den 5:4-Entscheidungen zur Abschaffung des nationalen Ehe-Verbots für Schwule und Lesben (2013) und zur landesweiten Öffnung der Ehe (2015). In beiden Urteilen verfasste er auch die Mehrheitsmeinung.


Letztes Jahr konnte Donald Trump mit Neil Gorsuch (Mitte) bereits einen konservativen Richter in das neunköpfige Gremium berufen (Bild: President Trump / Twitter)

Entsetzen von LGBTI-Organisationen

"Kennedys Abtritt lässt einen wichtigen Sitz in den verantwortungslosen Händen von Donald Trump und Mike Pence", erklärte Sarah Warbelow, die Justizexpertin der Human Rights Campaign. Das sei nicht nur für queere Menschen gefährlich, sondern auch für "Frauen, farbige Menschen und die Nation als ganzes". Sie erinnerte daran, dass Trump vor der Gorsuch-Ernennung eine Liste mit möglichen Kandidaten vorgelegt hatte, die viele LGBTI-Feinde umfasste – etwa den 2004 von George W. Bush zum Bundesrichter ernannten Juristen William Pryor, der sich in der Vergangenheit dafür aussprach, schwulen und lesbischen Sex verfolgen und bestrafen zu lassen und der Homosexualität mit "Aktivitäten wie Prostitution, Ehebruch, Nekrophilie, Sodomie, Inzest und Pädophilie" verglich (queer.de berichtete).

Angesichts der kritischen Lage erneuerte die LGBTI-Organisation GLAAD ihre Forderung, jetzt den LGBTI-Diskriminierungsschutz in der Bundesverfassung zu verankern, damit homophobe Richter oder Politiker die Uhr nicht mehr zurückdrehen können – eine Forderung, die derzeit auch in Deutschland erhoben wird (queer.de berichtete).

/ glaad
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Die Verfassungsänderung zugunsten von LGBTI-Rechten gilt in der gegenwärtigen politischen Atmosphäre aber als utopisch. Der Kongress konnte sich bislang nicht einmal darauf verständigen, ein Bundesgesetz zum Schutz von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten vor Diskriminierung zu verabschieden. Für eine Verfassungsänderung liegen die Hürden noch höher: Sowohl in Senat als auch im Repräsentantenhaus wäre eine Zweidrittelmehrheit notwendig, außerdem müssen drei Viertel der Bundesstaaten zustimmen. Wegen dieser hohen Hürden und der politischen Polarisierung sind Verfassungsänderungen in den USA daher selten – die letzte gab es im Jahr 1992 zu den Diäten der Abgeordneten.

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40 Jahre "Trump-Werte" im Supreme Court?

Auch Trans-Organisationen schlagen Alarm: "Man kann sich kaum vorstellen, wie viel für Transmenschen – oder alle Menschen, die an elementare Fairness in diesem Land glauben – auf dem Spiel steht", sagte Mara Keisling, die Chefin des National Center for Transgender Equality. Man wolle nicht 40 Jahre lang "Trumps Werte" im Supreme Court verankert sehen.

/ TransEquality

Senat muss Trump-Nominierung bestätigen

Trumps Vorschlag für die Kennedy-Nachfolge muss nach der Ernennung noch vom US-Senat bestätigt werden. In dieser Parlamentskammer halten die Republikaner eine knappe Mehrheit – sie verfügen über 51 Senatoren, während die demokratische Fraktion 49 Mitglieder hat. LGBTI-Aktivisten fordern nun, dass der Senat nicht vor den Wahlen im November über die Trump-Nominierung abstimmt, bei der ein Drittel des Senats neu gewählt wird.

Der Grund für die Forderung: Die Republikaner hatten 2016 einen von Präsident Barack Obama nach dem Tod von Richter Antonin Scalia nominierten Kandidaten nicht zur Abstimmung gestellt, sondern die Präsidentschaftswahl abgewartet, bei der Trump triumphierte. Auch vor der jetzt anstehenden Ernennung sollten die Wähler ein Wörtchen mitreden dürften, so LGBTI-Aktivisten.

Selbst vor den Rücktritt Kennedys schauten queere Aktivisten mit Sorgen auf das Höchstgericht, weil es zuletzt von seiner LGBTI-freundlichen Linie abzuweichen schien: Anfang Juni sorgte eine Entscheidung für Schockwellen, als die Richter einem homophoben Konditor Recht gaben, der aus religiösen Gründen ein Homo-Paar nicht bedienen wollte (queer.de berichtete). Mit einem neuen Trump-Richter gilt es als ausgemacht, dass es in Zukunft mehr derartige Urteile geben wird.

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#1 Homonklin44
  • 28.06.2018, 11:41hTauroa Point
  • wenn Rechtssprechung im Grunde von der politischen Haltung der Richtermehrheit abhängig tickt, ist das im LGBTIQ* negierenden Fall natürlich immer ein Problem.

    Man hätte auch zu gern gedacht, die Rechtsphilosophie sei von solchen Einflüssen unabhängig, und wolle menschlichen Belangen dienen. Eine gewisse Instanz, die so etwas wie eine Vernunft orientierte Behandlung von interessen gewährleistet, gibt es offenbar nicht.
    Zu viele konservative und religiote Ansichten, und die Grundfesten der Freiheit bröseln am Fundament.
    40 Jahre TheDonald's Zeichen 2come - er würde einen Canyon in die Rechtsgeschichte reißen. So, wie er bereits einen Canyon in die Idee USA gerissen haben dürfte.
    Good grief!
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#2 schwarzerkaterEhemaliges Profil
  • 28.06.2018, 11:56h
  • so ist nun mal das amerikanische rechtssystem. dass sich gerade deutsche darüber echauffieren, bei unserer doch recht kurzen demokratischen geschichte, im vergleich zur amerikanischen, entbehrt jeglicher grundlage. diese moralische deutungshoheit, die bestimmte politische kreise in deutschland haben, ist weder angebracht noch sympathisch.
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#3 GerritAnonym
  • 28.06.2018, 14:11h
  • Ich frage mich wirklich, wie es überhaupt mit dem demokratisch-rechtsstaatlichen Grundprinzip der Gewaltenteilung Legislative-Exekutive-Judikative und damit einer unabhängigen Justiz vereinbar ist, dass ein Staatspräsident Richter des obersten Gerichts bestimmt und diese nach ihrer politischen Gesinnung auswählt.
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