Xavier Naidoo in einem NDR-Interview, als er als deutscher Vertreter für den ESC ausgewählt wurde (Bild: NDR)
Der 46-jährige Sänger Xavier Naidoo darf nicht mehr öffentlich als Antisemit bezeichnet werden. Das hat das Landgericht im oberpfälzischen Regensburg in einem am Dienstag bekannt gegebenen Urteil entschieden.
Anlass war die Aussage einer Referentin der Amadeu-Antonio-Stiftung, die sich gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus engagiert. Die Frau hatte im Juli 2017 bei einer Veranstaltung in einem Straubiger Theater Naidoo einen "Antisemiten" genannt und ergänzt: "Das ist strukturell nachweisbar." Die Anwältin der Frau argumentierte, dass diese Einschätzung von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.
Dieser Argumentation folgte Richterin Barbara Pöschl nicht. Sie sagte in der Urteilsverkündung, die Referentin habe den Vorwurf nicht ausreichend belegen können. Daher sei der Persönlichkeitsschutz höher zu bewerten als die Meinungsfreiheit.
Naidoo: Ich habe jüdische Freunde
Zum Prozessauftakt war Naidoo persönlich vor Gericht erschienen und hatte zurückgewiesen, Judenhasser zu sein. Er habe selbst jüdische Freunde, außerdem sei sein Konzertveranstalter jüdischen Glaubens, sagte der 46-Jährige. Zudem trage sein Sohn einen hebräischen Namen.
Gegen den Sänger gab es in der Vergangenheit immer wieder Vorwürfe, dass seine Lieder antisemitische, verschwörungstheoretische und homophobe Botschaften transportierten. Auch seine Nähe zu den rechtsextremen Reichsbürgern wurde wiederholt kritisiert.
Bereits 2014 hatte sich Naidoo mit der Amadeu-Antonio-Stiftung juristisch auseinandergesetzt, weil die Organisation auf ihrer Website den Sänger als antisemitisch bezeichnet hatte. Die Stiftung und der Interpret einigten sich schließlich in einem Vergleich darauf, dass die Bürgerrechtler weiter behaupten dürfen, ein Lied Naidoos könne antisemitisch interpretiert werden; sie dürften aber zugleich den Sänger nicht generell als Antisemiten bezeichnen.
"Warum liebst du keine Möse?"
Auch bei LGBTI-Aktivisten sorgte Naidoo für heftige Sorgenfalten: 2012 hatte es etwa Kritik am Song "Wo sind sie jetzt" gegeben, in dem es unter anderem hieß: "Ihr tötet Kinder und Föten und ich zerquetsch euch die Klöten. Ihr habt einfach keine Größe und eure kleinen Schwänze nicht im Griff. Warum liebst du keine Möse, weil jeder Mensch doch aus einer ist?" (queer.de berichtete).
Naidoo, der den Titel gemeinsam mit Kool Savas aufgenommen hat, behauptete damals, dass die zu Gewalt aufrufenden Texte ("Ich schneid' euch jetzt mal die Arme und die Beine ab, und dann ficke ich euch in den Arsch") nicht gegen schwule Männer gerichtet seien, sondern gegen Männer, die Kinder misshandelten (queer.de berichtete).
Die Affäre um diesen und andere Songs führte Ende 2015 dazu, dass der bereits vom NDR als deutscher Sänger für den Eurovision Song Contest nominierte Interpret am Ende doch nicht sein Land beim europäischen Musikfestival vertreten durfte (queer.de berichtete).
Seitdem gibt es immer wieder Protestaktionen gegen Auftritte des Sängers, etwa vergangenes Jahr in Rosenheim (queer.de berichtete). (dk)
Traurig, dass homophobe Äusserung i.d.R. immer unter Meinungsfreiheit oder Künstlerfreiheit laufen dürfen. Da darf man alles.
Während bei Homophobie, Antijudiasmus oder frauenverächtlichen Sprüchen die "Täter" einfachso davon kommen. Ja sogar noch geschützt werden.
Ich hoffe das Urteil wird angefochten - falls nötig bis nach Strasbourg. Es darf doch nicht sein, dass in einem Vortrag, der immer ein Meinungsbeitrag ist, solche Meinungsäusserungen nicht mehr erlaubt sein sollen.
Oder liege ich so falsch mit meinem Gerechtigkeitsempfinden?
PS: Das mit den jüdischen Freunden, kennen wir doch auch von den homophoben Hetzern. "Ich habe viele homosexuelle Freunde". Die Richterin ist auf einen billigen Trick hereingefallen.